Ein lautes Pfeifen ließ ihren ganzen Körper zusammenzucken. Langsam, ganz langsam wand sie ihr Gesicht von ihm ab und blickte auf die Schienen, die sich vor ihr meterlang in die Ferne erstreckten. Viel zu nah wirkte die Dampflok, die gemächlich auf sie zu tuckerte. Schnell blickte sie ihn wieder an, wollte keine Sekunde verpassen in der sie ihn angucken konnte. „Das Wochenende war schön." Viel zu knapp wirkten die Worte, viel zu unbedeutend. Doch trotzdem sagte sie nicht mehr als das, zwang sich zu einem förmlichen Lächeln.
Bei ihren Worten waren seine Hände schwitzig geworden, krampften sich reflexartig zu Fäusten. Ja, das war es gewesen. Viel mehr als das. Noch nie hatte er sich so mit einer Person gefühlt, jede Sekunde fühlte sich perfekt an. Seitdem er sie getroffen hatte fühlte er sich erstmals wieder lebendig. „Ja. War nicht übel." erwiderte er mit einem schrägen Lächeln.
Sie lächelte ebenfalls, was sich aber wieder in Luft auflöste als sie den leichten Windhauch der Lok spürte. Ihre steife Hand schloss sich um den Griff ihres Koffers. „Na dann. Auf Wiedersehen, würde ich mal sagen." Würde es ein Wiedersehen geben? Das wusste sie nicht, es wäre wohl sehr unwahrscheinlich sich zwei Mal zufällig über den Weg zu laufen. „Hm..Ja. Auf Wiedersehen." hörte sie ihn murmeln. War es ihm denn wirklich so egal? Sie trat vor, um ihn in eine ungelenke Umarmung zu schließen. Am liebsten würde sie ihn nie wieder loslassen, sein Gesicht abküssen und ihm den ganzen Tag in die Augen starren. Sie wollte in seinem Bett, in seinen Klamotten liegen und ständig seinen Duft in der Nase haben. Doch sie trat wieder zurück. Er blickte konzentriert auf ihre Lippen. Wollte sie wirklich nicht mehr sagen? Stattdessen hob sie ihre Hand, um zu einem zaghaften Winken anzusetzen. Dann drehte sie sich um und zog ihren Koffer hinter sich in ein Abteil des Zuges. Wie angewurzelt blieb er stehen, mit dem Blick da, wo sie kurz zuvor noch gestanden hatte. „Bitte geh nicht." hauchte er tonlos, doch da hatte sich die Lok schon in Bewegung gesetzt.