3. Über alte Wunden

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Ich wurde von lauten Stimmen aufgeweckt. Für einen kurzen Moment wusste ich nicht, wo ich war, und als ich den viel zu starken Geruch nach Desinfektionsmittel und Eisen bemerkte, krampfte sich mein Magen zusammen. Ich rappelte mich so schnell ich konnte auf, verzweifelt ignorierend wie mein rechter Fuss trotz der Tatsache, dass er noch in der selbstgebauten Gehhilfe steckte, nutzlos über den Untergrund rutschte, verwirrt, weshalb ich auf dem Boden geschlafen hatte, meine Bewegungen immer noch etwas unbeholfen vom Schlaf. Ich plante schon, meinen Rucksack zu schnappen, mir dann den Laptop zu greifen und aus der Türe zu rennen, als ich erkannte, wo ich war.

Peter's Appartment. In Sicherheit.

Ich atmete tief durch und stützte die Hände auf meine Knie, bekam aber trotzdem einen Hustenanfall. Die Stimmen, die mich aufgeweckt hatten, verstummten und ich bemerkte am Rande, dass Gwen aus der Küchentüre schaute. "Oh, du bist..." Sie unterbrach sich, als meine Hustenattacke sich länger und länger zog. "Kayla?"

Ich winkte nur ab und krümmte mich zusammen, während mein Husten immer schlimmer wurde. Ich versuchte verzweifelt, mich zu beruhigen, aber ich bekam keine Luft und die tiefe Narbe unter meinem Schlüsselbein tat so weh, das Narbengewebe schrecklich unbeweglich und es fühlte sich an, als würde jemand meinen Brustkorb zusammenquetschen, meine Rippen kurz davor zu bersten. Ich zwang mich, einfach nicht mehr zu atmen, still zu bleiben, nicht weiterhin verzweifelt nach Atem zu ringen, sondern die Lippen aufeinanderzupressen und darauf zu warten, dass der Hustenreiz abklang. Es ging eine ganze Weile, aber es funktionierte und ich atmete beruhigt aus.

"Was zum Henker war das?" Peter hörte sich ehrlich besorgt an. Alle Wut, die zuvor noch in seiner Stimme zu hören gewesen war, schien verpufft. "Kayla..."

"In den letzten Jahren schlimmer geworden", keuchte ich. "Wenn ich mich zu sehr aufrege oder zu viel bewege, dann behindert mich das Narbengewebe beim Atmen und ich bekomme keine Luft mehr. Hustenattacke." Ich zwang mich trotz seines Tonfalls ruhig zu bleiben. "Wieso genau war ich auf dem Fussboden?"

Gwen und Peter warfen sich einen besorgten Blick zu. "Wieso bist du nicht aufgewacht, Kayla?"

Und plötzlich verstand ich es. Mir wich das Blut aus den Wangen und ich starrte Peter an, der doch kein Shirt anhatte, sondern den ganzen Oberkörper mit mehr oder weniger weissen Bandagen verbunden. "Du wurdest verletzt", stellte ich fest.

"Er ist etwa um 2:00 Uhr zurückgekommen, aber du warst nicht wach zu bekommen! Kayla, was ist..." Gwen unterbrach sich, als sie meinen schuldbewussten Blick bemerkte.

"Das...", ich stotterte und brach ab. "Ich hätte es euch sagen müssen."

"Uns was sagen müssen?" Gwen stützte Peter, als er einen Schritt nach vorne machte und beinahe zusammenbrach. Als er mich ansah, die Augen weit aufgerissen, wusste ich, dass er es begriffen hatte.

"Du schläfst nicht mehr", wisperte er. "Oh Gott, Kayla. Wie lange schon?"

"Was meinst du damit, sie schläft nicht mehr? Wir konnten sie doch kaum aufwecken, was..." Dann schien auch Gwen es verstehen.

Ich biss mir auf die Lippe und öffnete langsam meinen Rucksack, holte die kleine Medikamentendose mit dem Schlafmittel heraus. "Seit der Sache vor einem halben Jahr nehme ich sie."

Gwen wirkte verwirrt, aber das Mitleid auf Peters Gesicht machte mir klar, dass er genau wusste, was ich da tat. "Du... Kayla, das ist ungesund! Du zwingst deinen Körper zum Schlafen und mittlerweile bist du sicher süchtig danach, du musst..."

"Gerade du bist die beste Person, Schlafgewohnheiten zu bewerten", knurrte ich. "Du lässt dich lieber verprügeln, anstatt richtig zu schlafen. Ausserdem ist es besser so."

Stark Chronicles: Final RoundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt