Prolog

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Unsere Welt ist durchtränkt von einer unbestimmten Angst, sie ist präsent, wo auch immer wir uns befinden, folgt uns wie ein Schatten, und zieht wie ein ungemütlicher Windhauch durch jede noch so kleine Spalte. Es ist unmöglich, diese tiefe Furcht abzuschütteln, denn man kann vor vielen Dingen davonlaufen, nicht jedoch vor dem Boden unter unseren eigenen Füßen.

Vigoleria ist ein karges, bedrückendes Land, es zerbricht und stirbt einen langsamen Tod. Unsere Felder sind leer, der Himmel grau und die Landschaft zerfällt langsam aber sicher zu Staub. Verzicht ist alltäglich, wir leben von der Hand im Mund, weil die unfruchtbaren Böden uns längst nicht mehr ernähren können.

Warum also ziehen wir nicht weiter? Erschließen nicht neues, fruchtbares Land, um unser Volk zu retten?

Die Antwort ist einfach und bedrückend zugleich: Wir können es nicht! Wir sind Gefangene unserer zerbrochenen Welt, die von der Leere umgeben ist, es gibt keinen Horizont, kein entferntes Reich, in das wir uns noch flüchten könnten.

Der einzige Weg, der uns noch bliebe, wäre jener nach unten. Die alten Ruinen unter Vigolerias Oberfläche reichen tief hinab, so tief, dass wir nicht wissen, wo sie enden. Sie sind von Kreaturen bevölkert, deren Grausamkeit wir kaum ermessen können und ein schrecklicher Fluch liegt auf dem Gemäuer, der jeden trifft, der es durchqueren will. Die Katakomben Vigolerias gleichen einem gigantischen Turm und wir sitzen auf seinem unwirtlichen Dach fest.

Was sich ganz unten befindet, dort wo die Untenwelt endet, können wir nur mutmaßen, denn niemandem ist es je gelungen, sie zu bezwingen und diejenigen die es versuchten, kehrten nie wieder zurück.

Jenes Reich, das unter unseren Füßen schlummert, ist unser Schicksal, doch wir leugnen seine Existenz, um der bitteren Wahrheit nicht ins Auge blicken zu müssen:

Eines Tages, wenn das Wasser endgültig versiegt und auch das letzte Feld keine Früchte mehr trägt, wenn Vigoleria endgültig zerfällt, werden wir uns dieser bösartigen, kaltherzigen und angsteinflößenden Welt der Tiefe stellen müssen. Wenn unser Volk überleben soll, müssen wir die Dunkelwelt bezwingen.

Ich habe mich dazu entschlossen, der Gefahr ins Auge blicken. Ich werde nicht warten, bis unser Schicksal uns ereilt und tatenlos dabei zusehen, wie unser Volk zugrunde geht. Heute beginnt meine Reise in eine andere Welt, denn der größte Abenteurer der Tiefe, den man den Herrn der Katakomben nennt, ist bereit, mir seine Geheimnisse anzuvertrauen.

Mein Weg wird tief hinabführen, tiefer als je ein Monsterjäger oder Ritter hinabgestiegen ist und dieses Dokument hier wird der einzige Beweis dafür sein, dass ich gelebt habe. Doch mit ein wenig Glück werde ich so vielleicht eines Tages einen Weg finden, um mein Volk zu retten.

gez. Leutnant M. Fiersmore

Herr der KatakombenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt