Reiner
Es brach mir mein Herz Stella so zu sehen, so innerlich zerfressen. Ich hielt sie fest in meine Arme, ich wollte ihr zeigen das ich für sie da bin. Nicht nur in diesem Moment sondern für immer. Dann rückte sie leicht von mir ab um mir in die Augen schauen zu können, ihre Augen war glasig und rot. Stella kam mir dann wieder näher und legte ihre Lippen auf meine. Sofort schloss sie ihre Augen während ich noch paar Sekunden brauchte um die Situation realisieren zu können, aber dann schloss auch ich meine Augen und genoss diesen Moment. Wieder schmiegte sie sich an mich und ich glaubte ihr Herz schlagen hören zu können. Ich liebte diese Frau. Viele würden vermutlich sagen das es keine Liebe ist weil Liebe nicht so schnell entstehen könne, aber ich war mir dennoch sicher. Während wir da standen und uns küssten spürte ich durch ein Windhauch das jemand an uns vorbei ging.
Irgendwann löste sich Stella von mir und lächelte mich an, es war ein ehrliches Lächeln. „Diese Idee ist zwar vielleicht etwas fehl am Platz, aber hast du Lust mit zu mir zu kommen und ich koche was für uns? Denn ich muss auf jeden Fall jetzt weg von diesem Ort.“ Auch ich hatte meine Grenze erreicht um hier bleiben zu können und ich freute mich über Stellas Vorschlag. „Sehr gerne. Das hört sich gut an.“ Stellas Atmung ging wieder regelmäßig und ihr Körper hat aufgehört zu zittern. Wir erreichten unsere Autos und sie schrieb mir über Whats App ihre Adresse. Bevor wir uns trennten zog ich sie noch einmal zu mir, ich konnte nicht anders, unsere Lippen fanden wieder einander. Eigentlich wollte ich gar nicht damit aufhören, aber dennoch stiegen wir nach paar Sekunden jeweils in unsere Autos.
Im Auto ließ ich die Situation wieder Revue passieren dabei zog sich mein Herz zusammen. Stellas Zusammenbruch war ein einziger Hilferuf und ich konnte einfach nicht verstehen wie man seine Tochter so leiden lassen konnte. Wie konnte man nur auf den Gedanken kommen sie sei Schuld an dem Tod der anderen Tochter? Sind Stellas Eltern wirklich so engstirnig? Muss ein Kind denn wirklich erst Hilfe rufend vor den Eltern stehen damit die Eltern reagieren? Aber ich konnte es genau so wenig verstehen wie Stella denken konnte das es paradox war, dass auch sie seelische Probleme hatte. Warum Paradox? Therapeuten sind doch auch nur Menschen und keine emotionslose Maschinen. Selbst Levi trug die Trauer über Erwin in sich und er war wahrscheinlich kein emotionaler Mensch. Als Hanji mich damals sah als ich zurückgekehrt bin, alleine, hatte sie Unmengen an Tränen vergossen. Schmerz, egal in welcher Form, wird niemals leicht sein.
Nach einigen Minuten erreichte ich den kleinen Markt in Saarlouis und stellte mein Auto auf den Parkplatz ab. Ich blickte noch einmal auf die Nachricht von Stella und ging dann in die Straße wo sie wohnte. Sie wartete geduldig vor der Tür und lächelte mich an als sie mich sah. „Dann mal Willkommen in mein Reich.“ Ich folgte ihr hoch zu ihrer Wohnung. Sie war groß und in braun und Rottöne gehalten. „Gefällt mir auf den ersten Blick richtig gut.“ Stella zeigte mir jeden Raum und nahm mir schlussendlich im Wohnzimmer die Jacke ab und legte sie auf die Couch. „Deine Wohnung ist echt groß. Sie passt zu dir.“ „Danke Reiner. Willst du was trinken? Ein Bier, Wasser oder irgendwas anderes?“ „Ein Bier hört sich nicht schlecht an.“ Während sich Stella ihrem Kühlschrank zuwandte blickte ich weiter durch das Wohnzimmer. Es waren viele Bücherregale im Raum, eine massive Anlage, ein Regal mit vielen Filmen und ein übergroßer Fernseher. „Ich will gar nicht wissen wie viel wert dein Wohnzimmer ist.“ Lachend gab sie mir das geöffnete Bier. „Genug, aber dafür arbeite ich auch hart.“ Wir stießen mit unseren Flaschen an und es war so als wäre dieser Zusammenbuch nie passiert. Da fragte ich mich doch schon sehr ob es an mir lag, dass sie wieder lächelte. Schlussendlich war es egal denn Hauptsache ihr ging es wieder ein Stückweit besser.
„Auf was hast du Lust zu essen? Ich kann alles mögliche machen. Habe immer Unmengen an Sachen da.“ „Lasagne wäre nicht schlecht oder irgendwas anderes überbackenes.“ Mit dem Bier in der Hand öffnete sie sämtliche Vorratsschränke um die Sachen für Lasagne machen zu können. „Guter Einfall Reiner. Habe ich schon ewig nicht mehr gemacht.“ Egal welche Bewegung sie machte, ich beobachtete alles. Während ich die Bilder auf der Fensterbank ansah kam mir eine Frage in den Kopf. „Hast du in letzter Zeit mal Hanji wieder gesehen?“ „Ja sie war vor einigen Tagen hier gewesen. Ihr geht es gut, aber hat momentan viel um die Ohren. Ziemlich stressig auf der Arbeit.“ „Eigentlich schade das wir uns so selten sehen obwohl Hanji und ich uns so gut verstehen.“ „Du hast ein Handy und ihre Nummer. Schreib ihr. Wir können ja wieder was zu dritt machen.“ Man hörte direkt raus, dass sich Stella sehr darüber freuen würde.
Während dem kochen machte Stella irgendwann Musik an und meinte sie müsste fast immer Musik hören während sie kocht. „Musik ist einer der Sachen die mir am meisten helfen mit irgendwas klar zu kommen. Es ist eine eigene Welt in der man eintauchen kann. Deswegen liebe ich auch Konzerte. Du bist nur da um die Musik zu hören, zusammen mit anderen Menschen. Da gibt es kein ich sondern nur ein wir.“ Sie drehte sich zu mir und ich sah das Strahlen in ihren Augen. „Da hast du recht. Ich werde wohl nie die Leute verstehen die nicht jeden Tag Musik hören.“ Musik verband die Leute, egal wer sie sind. Nach einigen Minuten war die Lasagne schließlich im Backofen und Stella gesellte sich zu mir, aber ich merkte das sie sich zurückhielt und so nahm ich ihr die Entscheidung ab. Ohne Vorwarnung nährte ich mich ihr und jeder weitere Kuss war intensiver als der vorherige. Ich wollte diese Frau nie wieder loslassen.
Nach fast vierzig Minuten war das Essen fertig und in Windeseile machte Stella alles fertig für das Essen, ich wollte zwar helfen aber sie ließ mich nicht. „Das Essen ist angerichtet.“ Stolz zeigte sie zum Esstisch und bestimmt war die Lasagne mehr als göttlich. Wie ich es mir dachte war ihr das Gericht ein Gedicht. „Es war unfassbar lecker.“ Dies waren meine ersten Worte als ich mit dem Essen fertig war, kurz darauf stand sie auf und ging zu mir. „Danke.“ Dieses kurze Wort flüsterte sie mir ins Ohr während sie mit einem bestimmten Blick zu mir herab schaute.
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Die Flucht vor den Schatten
FanfictionReiner Braun kehrt nach langer Zeit aus dem nahen Osten in seine Heimat, Deutschland, zurück. Aber er ist stark verändert, seine Erlebnisse begleiten ihn täglich egal ob in der Nacht oder am Tag. Er war schon bei vielen Therapeuten gewesen und seine...