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"Na dann, wollen wir los?" begrüßte mich die Frau am Auto.
Ich nickte und ich setzte mich auf den Beifahrersitz.

"Alles gut bei dir? Du siehst irgendwie.. anders aus" ganz aus meinen Gedanken gerissen starrte ich die Frau an, die sich nun auch wieder hinters Steuer gesetzt hat. "Also anders im Sinne von nervös. Das Kleid steht dir gut, du solltest sowas öfters tragen" Immer noch total unschlüssig, was ich auf ihre Frage antworten sollte, lächelte ich sie an und schaute aus dem Fenster. "Ja es ist alles gut. Nur nervös wegen der Wahl, du weißt ja wie das ist." "Ja, allerdings. Aber mach dir keine all zu großen Gedanken darüber. Wir haben heute Abend alle zusammen einen schönen Abend und Montag geht es mit der Arbeit weiter." sie schaute noch einmal in meine Richtung bevor die den Motor startete und Richtung Innenstadt fuhr. 
Ich habe so langsam das Gefühl, dass ich etwas vergessen habe... Handy, Portemonnaie, Maske... eigentlich habe ich alles. Es muss etwas anderes sein, nur mir fällt nicht ein was. 

Während der Fahrt redeten wir wenig bis kaum; sie konzentrierte sich aufs Fahren durch die Stadt und ich war weiterhin damit beschäftigt das Fenster deutlich zu inspizieren. Wir hatten Musik im Hintergrund an - Adele. Die Frau hat einen guten Geschmack. 

Nach 20 Minuten, welche sich anfühlten wie 3 Stunden, kamen wir endlich an dem Restaurant an, wo die anderen schon auf uns warten. Aber wir waren pünktlich, trotzdem standen alle davor. "Gut, endlich sind auch die letzten da", Robert warf uns einen amüsierten Blick zu, "Planänderung. Wir gehen in eine Bar, da kann man den Abend besser verbringen. Wir können dahin laufen, ist ganz in der Nähe." Da keiner dagegen zu seien scheint, machten wir uns zusammen auf den Weg. Ich war froh, meine nicht allzu hohen Schuhe anzuziehen, denn mit 12cm Absatz da hin laufen? Nein danke. 

Wieso wir jetzt doch wo anders hingehen, weiß ich auch nach 5 Minuten nicht, weshalb ich etwas schneller lief um neben Claudia zu laufen. "Weißt du viellei-" "Wir waren schon einige Minuten vorher da und haben gesehen, wie einige aus der CDU reingegangen sind. Danach hatten wir keine Lust mehr. Außerdem ist ein bisschen mehr Alkohol nicht das größte Problem, oder?" 
Wir liefen den Rest noch zusammen und ich merkte, wie sehr ich meine Kolleg*innen eigentlich mag. Sie sind manchmal wie ein zweites Zuhause.  

Wir brauchten nicht lange zu der Bar und trotzdem war ich recht froh, als ich mich endlich setzen konnte. 
"Ich gebe den ersten aus" kam es von jemanden hinter mir. Ich weiß nicht wer, aber solange ich endlich etwas bekomme, ist es mir egal. Ich sollte mich mal genauer damit befassen, mit wem ich eigentlich arbeite. 

Ich bestellte mir einen einfachen Himbeercocktail und trank diesen auch schon recht schnell aus, sodass ich mir kurze Zeit später noch einen holte. Als ich zurück kam, schienen die anderen auf etwas zu warten. "Alles gut?" frage ich in die Runde während ich mich wieder auf meinen Platz setze. 
"Wir warten auf den Kellner. Wie spielen eine Runde Wahrheit oder Shot. Machst du mit?" antwortet mir Annalena. "Wir sind zwar keine 16 mehr... aber wieso nicht. Früher war es immer lustig." "Super, dann sind alle dabei." sie setzte sich etwas aufrechter hin, so als ob das Spiel etwas wichtiges in ihrem Leben entscheiden würde.

Keine zwei Minuten später bekamen wir ca. 20 kleine Shotgläser und eine leere Weinflasche. "Annalena, dir gebührt die Ehre, zuerst zu drehen" scherzte Robert und gab ihr die Flasche. 
"Ja ja. Na dann...." 

Wir spielten eine ganze Zeit, bestellten nochmal nach, aber trotzdem tranken einige gar nichts. Ich hatte viel spaß... so viel wie seit langem nicht mehr. Um genau zu sein seit-
Zum Ende hin bekam ich nichts mehr mit. Das einzige, woran ich mich noch erinnere ist, dass mir jemand half, aufzustehen und mir zur Tür half. Danach ist alles schwarz.


Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Bett.
Wie ich hier hin kam? Keine Ahnung.
Wo ich bin? Ebenfalls keine Ahnung.
Mein Kopf tut weh und ich weiß nicht, welcher Tag heute ist. Aber die Kraft, auszustehen und nachzuschauen hatte ich auch nicht. Ich zog die Decke wieder höher und fiel schon wieder in einen traumlosen Schlaf, ohne zu wissen, in welcher Wohnung ich bin. Das einzige was ich weiß: es ist nicht meine. 

𝑎𝑛𝑑 𝑦𝑜𝑢 𝑠𝑎𝑣𝑒𝑑 𝑚𝑒 -annalena baerbockWo Geschichten leben. Entdecke jetzt