Chaos Im Endspurt

90 6 2
                                    

"Ihr wollt mich echt leiden lassen, oder?", fragte ich nach einiger Fahrt in Stille. Die kalten Augen der Gründer lagen nun auf mir.

"Was lässt dich in der Ansicht?", fragte Carla.

"Nun ja, wenn man bedenkt, dass ihr beide in der Vampirfamilie am Ende des Musicals eine bedeutende Rolle spielt. Es liegt nur auf der Hand, dass ihr euren Einfluss da natürlich repräsentieren wollt; nicht nur über die Dämonenwelt, sondern auch über mich."

Shin grinste. "Sie hat es herausgefunden, Nii-san."

Ich nickte leicht, um meine erfolgreich getätigte Überlegung zu feiern.

"Es war offensichtlich. Alleine der Fakt, dass ihr Kino verabscheut ist kein Geheimnis und dass das Musical bis zur Änderung sehr Kino fokussiert war... Es lag einfach auf der Hand."

Carla hatte akzeptierend genickt und wandte seine Aufmerksamkeit wieder zu dem Buch, welches er in den Händen hielt.

"Diese doofe Vereinbarung..." schimpfte der jüngere der Brüder leise vor sich hin.

"Was für eine Vereinbarung?" fragte ich neugierig. Carla sah seinen Bruder mit einem finsteren Blick an. Er schien deutlich alles andere als begeistert von der Erwähnung jener Vereinbarung zu sein.

"Kino ist mit jedem eine Vereinbarung eingegangen, die bis zum Ende der letzten Aufführung gilt. Sie besteht aus nur einem Punkt: Keiner darf dich in der Zeit anfassen." erklärte Shin deutlich genervt. Er lehnte sich zurück, seufzte und überschlug seine Beine.

"Es soll dein Befinden während des Musicals schützen. Kino nimmt das Musical sehr ernst und dein Ausfallen wäre drastisch für alle. Außerdem ist dir diese Sache auch sehr wichtig." erklärte Carla ruhig.

Warum sollte ihm das überhaupt wichtig sein? Natürlich war ich für das Musical unentbehrlich, auch da die Tsukinamis ja ihre Macht über mich demonstrieren wollen und das würde nicht funktionieren, wenn ich nicht die Hauptrolle spielen würde. Aber warum interessierte er sich für das, was mir wichtig ist?

"Nun...ja. Das ist wahr. Es ist tatsächlich ein Traum von mir gewesen, der jetzt in Erfüllung geht, aber warum sollte es euch interessieren, was mir wichtig ist?"

Shin musste wieder anfangen zu grinsen und auch Carla ließ ein belustigtes Schnauben von sich, antwortete aber nicht auf meine Frage.

Bevor ich noch, durch die Vereinbarung geschützt, weiter nachbohren konnte blieb der Wagen vor meiner Haustür stehen.

Nach einem kurzen Gespräch mit meiner Mutter fiel ich mehr oder weniger ins Bett.

Zeitsprung: noch 2 Tage bis zur Premiere

Der Stress stieg. Der Druck war hoch. Die Stimmung ... litt etwas darunter. Der allgemeine Umgangston war deutlich gestresster und mehr zu einem Befehlston geworden.

Dabei waren wir im idealen Zeitplan und wir hatten noch genügend Zeit bis morgen die Generalprobe stattfinden würde und dann... und dann würden wir jeden Tag 2 Wochen lange unsere Arbeit dem Publikum präsentieren.

Anschließend wäre das alles wieder vorbei...

Ich saß in einem der bequemen Sitze der Tribüne und beobachtete den Bühnenbildtest. Die Techniker für das Licht liefen von A nach B und hinter der Bühne war noch mehr los. Kostüme wurden von A nach B gebracht und letzte Requisiten wurden vorsortiert und an den Zugängen zur Bühne platziert. Nur wir Schauspieler hatten heute mal weniger zu tun. Und konnten dem Trubel der eingespielten und spezialisierten Teams beobachten.

Lila hatte beschlossen noch Details an einer der Bühnenbilder zu ändern, die sie von weitem einfach für unschön empfunden hatte. So saß sie auf einem Hocker mit einem Eimer Farbe neben sich vor dem großen Bild und machte dort ihre Arbeit.

"Es ist schön, dass das Projekt bei so vielen im Endeffekt doch so viel Engagement entlocken konnte." kommentierte Kino den Trubel der um uns herum herrschte. Der dunkelhaarige setzte sich auf den Platz neben mir und ließ die Atmosphäre wirken.

Wie in Trance nickte ich einfach nur. Trotz dem ganzen Stress fühlte sich alles an wie ein Traum.

"Ich freue mich schon auf die Aufführungen!" meinte ich. Kino sah mich an und lächelte. " Ich freue mich auch."

Diese lange Pause hatte ich mir verdient. Doch die anderen waren rund um und auf der Bühne am schuften. Ein Mädchen hatte sich zu Lila gesellt und schien ihr zu helfen. Diese Teamarbeit machte mich irgendwie glücklich.

Doch ein lautes "Ahhhh! " unterbrach die die Arbeit aller. Es kam von der Bühne.

Ein umgekippter Farbeimer ließ auf das schlimmste Hoffen.

Ich lief ohne zur zögern zur Bühne und konnte nun erst das Ausmaß des Unfalls erkennen. Mindestens die Hälfte des schönen Waldes wurde nun mit roter Farbe überdeckt. Lila starrte nur ungläubig zwischen dem Mädchen und dem Bild hin und her, bevor sie aufstand.

"Du-Weißt Du eigentlich wie lange ich daran gesessen habe?! Dir ist doch klar, dass ich das bis zur Premiere nicht mehr retten kann, oder!?"

"E-es tut mir leid...." stammelte das Mädchen. Lila ließ ihren Arm kreisen als ob sie ihr eine heftigen Schlag ins Gesicht verpassen wollte. Natürlich wollte ich protestieren, aber eine andere Stimme ist schneller.

"Was ist hier los?" Lila erstarrte sofort in ihrer Bewegung. Carla und Kino kamen auf die Bühne.

Carla musterte die Situation und sein Blick blieb auf dem Mädchen welches sehr eingeschüchtert schien und auf den Boden starrte.

"Es war ein Versehen! Ich schwöre!" meinte sie den Tränen nahe.

"Von einer Entschuldigung und gutem Willen machst du das nicht wieder rückgängig!" grummelte Lila.

"Was ist denn genau passiert?" fragte ich ruhig nach.

"Ich war am malen und dann kam sie und fragte ob sie mir helfen könnte. Ich meinte sie könnte mir kurz den Farbeimer bringen. Aber ich konnte ja nicht ahnen dass sie so tollpatschig ist und über das kleine Kabel der Techniker fällt!" erklärte die kleinere.

"Carla-San, als Verantwortlicher über die Bühnenbilder überlasse ich das dir." Kino machte sich aus dem Staub. Ich sah ihm etwas verwirrt hinterher. Er war doch der oberste Projektleiter im Bezug auf das Musical. Andererseits wäre er dauerhaft beschäftigt, wenn er auch um jede Kleinigkeit kümmern würde.

Carla schien das nicht zu gefallen, jedoch räusperte er sich und richtete seine Haltung.
"Wie viel Zeit brauchst du um das Bild zu retten?"

"Mindestens eine Woche. Wenn nicht VG mehr! Und nein, ihr Hilfe kann und will ich nicht gebrauchen! Nicht das noch mehr passiert."

"Ich erteile dir hiermit ein absoluten Verweis. Du wirst von der Organisation ausgeschlossen." grummelte Carla und seine goldenen Augen funkelten das Mädchen an. Sie nahm ihre Strafe wortlos an und verschwand im Backstage Bereich, bevor sie mit ihrer Tasche das Theater verließ. Sie schien tatsächlich zu weinen.

" Denskt du nicht, dass du etwas zu hart Warst, Carla?" fragte ich. Die Arme hätte das absolut nicht verdient.

"Solche Personen können wir nicht in der Organisation gebrauchen." erwiderte er, bevor er sich Lila zu wandte.

"Du wusstest von den möglichen Gefahren. Zusätzlich habe ich dir die Verantwortung übergeben. Du wirst ebenso für diesen Fehler gerade stehen müssen."

"Gerade stehen?! Entschuldigung, aber ich war in meiner Arbeit vertieft gewesen und dachte diese kleine Gefallen würde meine Arbeit voranbringen. Ist es nicht Strafe genug, dass ich das ganze Bild in weniger als 2 Tagen retten muss?!" donnerte Lila ganz zum Missfallen des Gründers.

"Wir sollten das Gespräch woanders fortführen, wir stören die Techniker. Marina, Räume solange hier auf."

Ich nickte nur und dies schien der Moment zu sein wo Lila ihre Worte oder eher gegen wen ihre Worte gerichtet waren.

Sie taumelte leicht hinter dem weißhaarigen hinterher, ob es aus Schock, Wut oder gar einer Mischung aus beidem lag, konnte ich nur vermuten.

Ich konnte nichts anderes tun als die Bühne wieder herzurichten, was durch die unter dem Bild ausgelegte Folie kein Problem darstellte, und für Lila auf das beste zu hoffen.

Schulalarm! Die Vampire kommen!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt