Mein Wecker riss mich aus dem Schlaf. Müde frühstückte ich mit meiner Familie, während die Sonne langsam aufging und den Himmel rot verfärbte. Ich ging ins Badezimmer und machte mich für die Schule fertig. Andrik wartete schon neben der Haustür auf mich, als ich mit meinem Rucksack die Treppe hinunterging. Ich strich Kayla, die gerade aufgewacht war, liebevoll durch die Haare und verließ dann das Haus. In der Pause traf ich wie immer auf die wilden Kerle. Heute gesellte sich auch Enna zu uns. Sie stand neben Taylor und lächelte sie schüchtern an, während meine beste Freundin einen Arm um sie legte. Ich verbrachte die Pause damit, Maxi zu beobachten und das Kribbeln in mir weiter zu erforschen. Sobald er zu mir sah, lenkte ich meinen Blick schnell in eine andere Richtung und lächelte in mich hinein. Das tat ich auch noch, als ich Zuhause an meinem Schreibtisch saß und meine Hausaufgaben erledigte. Meine Gedanken schweiften immer weiter ab und ich musste immer wieder an „Tippkick“ denken, weshalb ich nicht wirklich vorankam und nur in mein leeres Heft starrte. Deswegen war ich auch ziemlich froh, als Raban an der Tür klingelte. Er hatte sein Fahrrad mitgenommen und gefragt, ob ich Lust hätte, mit ihm etwas zu unternehmen. Daraufhin hatte ich begeistert genickt und mich ebenfalls auf mein Fahrrad geschwungen. Nun fuhren wir lachend durch Grünwald, während die Häuser an uns vorbeizogen. Fröhlich unterhielten wir uns über die Schule, bereits vergangene Erlebnisse und selbstverständlich Fußball. Wir lieferten uns gegenseitig Wettrennen, die hauptsächlich er gewann.
Ich trat in die Pedale, während die piekfeine alte Allee an Raban und mir vorbeizog. Kurz warf ich einen Blick auf das Haus von Maxi. Mir stockte der Atem und ich hielt abrupt an. Im Garten der piekfeinen alten Allee Nummer 1 saßen Maxi und ein Mädchen auf der Terrasse. Sie unterhielten sich mit dem Rücken zu mir, sodass ich sie ohne Probleme beobachten konnte. Mein Herz sank automatisch tiefer, als ich hörte, wie die beiden laut loslachten und bester Laune waren. Ich ertappte mich dabei, dass ich mir wünschte, selbst dieses Mädchen zu sein. Raban stoppte neben mir: „Na, bist du eifersüchtig?“ „Was? Nein, natürlich nicht. Was glaubst du denn?“, stotterte ich verlegen und merkte, wie ich knallrot anlief. Der Junge mit der Coca-Cola-Glas-Brille schüttelte lachend den Kopf: „Komm, lass uns weiterfahren.“ Für einen Moment zögerte ich, doch schließlich folgte ich Raban seufzend. Immer wieder drängten sich die Bilder von Maxi und dem unbekannten Mädchen in mein Kopf und zogen meine Stimmung weiter in die Tiefe. Was, wenn er sie lieber mochte, als mich? Was, wenn er mit ihr glücklicher war? Raban und ich setzten uns auf eine Wiese, vor den Wäldern Grünwalds. Der rothaarige Junge versuchte immer wieder neue Gesprächsthemen zu finden und eine Konversation zu starten, doch ich gab nur kurze Antworten auf seine Fragen und schwieg, da ich lieber alleine sein wollte. Ich blickte nachdenklich in die Ferne. Raban ließ sich ins Gras fallen und starrte in den Himmel: „Das Mädchen in der piekfeinen alten Allee Nummer 1 war übrigens Maxis Cousine.“ Ich fühlte mich plötzlich viel leichter und legte mich lächelnd neben Raban: „Wirklich? Ich habe sie hier noch nie gesehen.“ „Sie wohnt in Köln. Deswegen sehen sich die beiden nicht so oft. Ihre Eltern haben auch keinen guten Kontakt, aber du kennst ja Herrn Maximilian.“, antwortete der Junge. Ich grinste und nickte, während alle Zweifel von mir abfielen. Ich war mir ziemlich sicher, dass Herr Maximilian eigentlich ein guter Vater war. Auch, wenn er die Liebe zu seinem Sohn manchmal nicht wirklich zeigte, sorgte er sich doch um Maxis Wohl. „Kennst du eigentlich schon das neuste Paar in Grünwald?“, lachte Raban, „Herr Maximilian und die Hexe von Bogenhausen!“ „Oh Gott!“, rief ich erschrocken aus. Ich konnte mir die Beziehung der beiden zwar gut vorstellen, aber sie mussten zusammen wirklich die Hölle sein. Schließlich waren sie beide für ihre Strenge bekannt und wir alle versuchten den Kontakt mit ihnen zu vermeiden. Statt an Herrn Maximilian, dachte ich viel lieber an seinen Sohn. Wie konnten die beiden nur verwandt sein? Herr Maximilian war streng und manchmal ziemlich gemein. Doch „Tippkick“ war eine der nettesten Personen, die ich kannte. Außerdem besaß er ein unglaublich schönes Lächeln. Sein berühmtes, lautloses, grinsendes Lächeln.
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~Meine Beine, meine Seele~
Fanfic„Denkst du das ist Seelenverwandtschaft? Wenn Schweigen mehr ausdrückt als Worte es jemals könnten und wenn man weiß, dass man niemals allein ist. Wenn die Liebe und Fürsorge einer einzigen Person einen vor dem Ertrinken schützt und wenn ein Blick v...