Ein gemeinsamer Spaziergang

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Hier kommt meine erste Kurzgeschichte. Viel Spaß!

Wir sind im Landheim. Gerade kamen wir von einem kleinen Ausflug zur Weißeritz wieder und stehen noch im Flur des Mayenhofes versammelt. „Ihr habt jetzt etwas Freizeit. Wenn ihr rausgeht oder so, tragt euch unbedingt in die Liste ein. Die hängt unten beim Essensraum. Und geht nicht allein weg, mindestens zu zweit. Alles klar?", verkündet Herr Schmidt, unser Klassenlehrer. Auf seine Frage antworten alle mit einem Nicken. Sobald er seine kleine Ansprache beendet hat, verkrümeln sich alle in ihre Zimmer. Meine Gruppe besteht aus Elena, Nicole, Anni und mir. In unserem Zimmer angekommen, setzen Anna und ich uns auf unsere Betten und fangen an zu lesen. „Wir gehen Tischtennis spielen, okay?", fragt Elena, die mit Nicole direkt wieder zur Tür gegangen ist, nachdem die beiden ihre Tischtenniskellen aus den Koffern geholt haben. Anni und ich nicken. Sie liest Fanfictions auf ihrem Tablet, ich lese in meinem Buch, wie immer.

Ich bin so sehr in die Geschichte des Buches vertieft, dass ich erstmal überhaupt nicht mitbekomme, wie jemand das Zimmer betritt. Erst, als die Person an meinem Arm rüttelt, schaue ich auf. Es ist Frederik. „Was machst du denn hier?", frage ich etwas verwirrt. „Man darf doch wohl noch seiner werten Nachbarin einen Besuch abstatten, oder nicht?" Er sieht mich herausfordernd an. Ich schaue annehmend zurück. „Ich kenne dich. Du würdest nie einfach so in ein anderes Zimmer kommen, ohne etwas zu wollen." Jetzt habe ich ihn, denn sein Blick knickt etwas ein. „Hast recht. Ich wollte dich auf einen gemeinsamen Spaziergang einladen." Meine Skepsis ist noch nicht ganz besiegt, weshalb ich nachhake: „Wer kommt noch mit?" Er schmunzelt. „Niemand." „Nur wir zwei?" Er nickt. „Nur wir zwei." Ich seufze, lege mein Buch weg und stehe von meinem Bett auf. „Anni? Ist"-, doch da sitzt niemand. „Anni ist aufm Klo. Hast du das nicht mitgekriegt?" Ich schüttele den Kopf. „Egal. Gehen wir los?" Überrascht von meiner plötzlichen Aufbruchsstimmung sagt Frederik: „Klar doch. Nimmst du deine Jacke mit?" Ich nicke und streife sie mir über. Als sein Blick durchs Zimmer gleitet, fragt er: „Und deinen Stressabbauer? Falls es dir wieder schlechter geht?" Diesmal schüttele ich wieder den Kopf. „Ich werde ihn nicht brauchen." Auf seinen fragenden Blick hin antworte ich mit einem Augenzwinkern, welches er wiederum mit einem Grinsen auffasst.

„Wo geht ihr denn hin?", fragt Daniel, als wir ihn unten antreffen. Er ist Frederiks bester Freund. „Spazieren", antworte ich. Daniel nickt wissend, worüber ich mich zunächst wundere. Doch dann fällt mir ein, dass Frederik ihm sicher von seinem Plan, der woraus auch immer besteht, erzählt hat, und nicke ebenfalls. „Viel Spaß dann!", verabschiedet er sich und verschwindet in Richtung Tischtennisraum. „Wie läuft es so mit Elena? Redet sie wieder mit euch?", fragt Frederik, kaum dass wir das Gebäude verlassen haben. „Ja, es wird besser. Gestern Abend haben wir sehr lange über ihre Probleme geredet, das fand ich gut. Weißt du, ich habe endlich wieder das Gefühl, dass sie mit uns befreundet sein will." Er nickt verständnisvoll. „Und bei dir so?", frage ich zurück, denn mir fällt wieder ein, wie meine Mutter mir geraten hat, auf ehrliches Interesse mit ebendiesem zu reagieren. „Ja, mit Daniel verstehe ich mich immer noch total gut. Du doch auch, oder?" Ich nicke. „Ja, wir kennen uns ja auch schon ziemlich lange. Ich hab auch das Gefühl, dass unsre Freundschaft grad so stark wie noch nie ist." Frederik hakt sich bei mir ein, wir laufen entspannt weiter und er sagt: „Nice."

Eine Weile lang laufen wir einfach schweigend nebeneinanderher. Doch irgendwann bleibt Frederik stehen, woraufhin ich ebenfalls stehen bleibe. Er dreht sich zu mir, ich drehe mich zu ihm und blicke in seine hellblauen, funkelnden Augen. „Jacky?" Ich zögere kurz, antworte dann: „Frederik?" Er schaut zu Boden, richtet seinen Blick dann wieder auf mich. „Ich mag dich, wirklich. Und ich finde es ziemlich nice, dass wir so viel miteinander zu tun haben. Ich wünschte fast, wir würden noch mehr gemeinsam unternehmen." Auf meinem Gesicht breitet sich ein Lächeln aus. „Das fände ich auch schön." Ich spüre, wie etwas meine Hände berührt. Es sind seine Hände. Ich erhebe meine bis zu seinen Schultern und lege sie dort ab. Er tritt ein Stück näher zu mir, ich komme etwas näher zu ihm. Er legt seine Arme um meinen Körper und stellt seine Füße noch etwas näher zu meinen. Ich bemerke, wie sein Blick immer wieder zwischen meinen Augen und meinen Lippen hin und her switcht. Unweigerlich richte ich meine Augen auf seine Lippen und danach wieder auf seine Augen. Er legt seine Stirn nach vorne, ich tue es ihm gleich und unsere Stirnen geben der jeweils anderen Halt. Unentwegt schauen wir uns dabei in die Augen. In seinem Blick kann ich lesen, dass er genau das gleiche denkt wie ich. Doch diesmal mache ich den Anfang, in dem ich mein Kinn nach vorne bewege. Er tut es mir gleich und für einen magischen Moment stoßen unsere Lippen aneinander. Gleich danach passiert es wieder, doch jetzt hält es länger an. In meinem Bauch fliegen tausende Schmetterlinge aufgeregt umher, doch es wird nicht weniger, als er seine Lippen wieder von meinen trennt. Dafür sehe ich jetzt seine eisblauen Augen wieder in voller Pracht und höre, wie er sagt: „Ich liebe dich." Die Schmetterlinge fliegen nun noch brausender und ich kann nicht anders, als zu erwidern: „Ich dich auch." Er greift nach meiner Hand und wir führen unseren Spaziergang fort, zurück zum Mayenhof.

Dort treffen wir auf Daniel, der uns wohl schon erwartet hat. Unsere Hände sind immer noch verbunden, weshalb er fragt: „Nawww, seid ihr jetzt zusammen?" Auf die beiden fragenden Blicke antworte ich mit einem Nicken. Frederik legt seine Arme nochmals um mich, ich drücke ihn fest an mich. „Das war schön", flüstere ich. Nachdem die Umarmung vorbei ist, antwortet er: „Fand ich auch." Augenblicklich werde ich von seinem Lächeln angesteckt.

Abends denke ich nochmals über den Nachmittag, den Spaziergang und Frederik nach. Es ist erst Montag, also werden wir die gesamte restliche Woche noch gemeinsam verbringen. Zusammen. Darauf freue ich mich sehr und schlafe schon bald ein. 

So, ich hoffe, es hat euch gefallen!

Beachtet bitte, dass alle Geschichten, die hier kommen werden, nicht voneinander abhängig sind und jede für sich steht. Also wenn widersprüchliche Dinge in den verschiedenen Geschichten passieren, wundert euch nicht.

Baii

J

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