Kapitel 5

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Mir passte es gar nicht, dass das Gespräch zwischen mir und Jax unterbrochen worden war. Jedoch war ich in erster Linie hier, um die Gäste zu bewirten und nicht um mit Geschichten von ortsfremden Bikern anzuhören. Allerdings musste ich zugeben, dass ich schon gerne erfahren hätte, was Jax geantwortet hätte.
Ich ging jedoch meiner Pflicht nach und versorgte sowohl den Mann der nach mir gerufen hatte, als auch die anderen Gäste die dies wünschten, mit neuen Getränken. Auch Jax und seinen Kumpels brachte ich die vier Flaschen Bier an den Tisch.
"Danke. Liebes.", sagte Chibs und nahm sogleich einen Schluck zu sich. Auch die anderen drei nahmen gleich eine Zug aus ihren Flaschen und anders, als ich es von den meisten Gästen gewohnt war, zahlten die Vier ihre Rechnung gleich.
Ich hätte Jax gerne nochmal auf das Gespräch von vorhin angesprochen, ließ es allerdings bleiben, da ich mich irgendwie nicht traute daran anzuknüpfen. Warum, das wusste ich selbst nicht.
Juice übernahm die Rechnung für alle miteinander und gerade war ich dabei, das Wechselgeld zusammen zu suchen, als er meinte: "Lass stecken, der Rest gehört dir." Zunächst war ich damit nicht einverstanden, jedoch bestand er darauf und ich stecke es schließlich doch wieder weg. "Danke.", sagte ich.
"Kein Thema.", antwortete Juice. "Wenn du freiwillig in dem Laden hier kellnerst, wirst du das Geld wohl dringender brauchen als ich.", fügte der Biker hinzu und ich musste mir eingestehen, dass es tatsächlich so war. Ich brauchte das Geld, um irgendwann hier weg zu können und es wunderte mich, dass das wohl so offensichtlich war.
"Ist das so leicht erkennbar?", fragte ich deshalb und Juice nickte. "Etwas auffällig ist es schon, ja. So wie deine Eltern auf mich gewirkt haben, seid ihr keine armen Leute. Du müsstest also nicht arbeiten, es sei denn, du brauchst das Geld so dringend.", erklärte er mir seine Vermutung nun deutlicher. "Sehe ich auch so.", wandte Jax ein. "Und ich denke mal, Mom und Dad wissen nicht, dass du das machst.", fügte er hinzu.
"Sie wissen, das ich arbeite.", stellte ich klar. "Und ich brauche das Geld, weil mir meine Eltern trotz Wohlstand nicht alles bezahlen. Das würde ich auch nicht wollen, deshalb verdiene ich mein eigenes Geld." Irgendwie hatte ich das Gefühl, mich einfach rechtfertigen zu müssen und die Jungs sahen mich erstaunt an.
"Aber warum hier? Du bist noch minderjährig, du dürftest das gar nicht.", mischte sich nun Chibs ein. "Ich glaube nicht, dass euch meine Beweggründe interessieren müssen und wo ich arbeite, das ist immer noch meine Sache.", erwiderte ich bissiger als eigentlich beabsichtigt. Allerdings war das ein sehr sensibles Thema und ich wollte nicht darüber reden. Vor allem nicht, da diesen Männern wohl aufgefallen war, dass irgendetwas hier nicht richtig lief.
"Okay, okay.", meinte Chibs. "Kein Grund die Krallen auszufahren, Schätzchen. Egal was hier läuft, bei uns ist dein Geheimnis sicher. Weil auch wenn deine Eltern vielleicht wissen, dass du arbeitest.. so wie die drauf waren, glaube ich nicht, dass die dir erlauben würden in einer Spelunke wie dieser zu schuften."
Und wieder hatte einer von ihnen den Nagel auf den Kopf getroffen, was mich wurmte. Denn eigentlich waren die Leute, die hier her kamen, schon nach kurzer Zeit so betrunken, dass ihnen egal war wie alt die Kellnerin war. Hauptsache, sie brachte Nachschub an Alkohol.
"Behaltet es bitte einfach für euch, ja? Ich weis, was ich tue."
Und mit diesen Worten machte ich auf dem Absatz kehrt und lief zurück hinter die Bar, um die schmutzigen Gläser gleich weg zu spülen. Die ganze Zeit dachte ich jedoch nur darüber nach, wie zickig ich auf die Aussagen der Männer reagiert hatte und mich quälte ein wenig das schlechte Gewissen.
Allerdings war das vollkommen unbegründet, da sie wenig später auf mich zu kamen und sich verabschiedeten. Dabei verhielten sie sich so, als wäre nie etwas passiert und darüber war ich sehr froh. Es war nämlich eigentlich nicht meine Art, Menschen so vor den Kopf zu stoßen.
Nachdem sich Chibs, TIg und Juice verabschiedet hatten und bereits hinaus gegangen waren, kam Jax an die Reihe. Allerdings verabschiedete er sich nicht von mir, sondern überraschte mich mit einer Frage.
"Wann hast du hier Schluss?", wollte er wissen und ich sah auf die Uhr an meinem Handgelenk. "In circa zwei Stunden.", antwortete ich. "Gut, bis dahin bleibe ich noch und fahre dich dann später nach Hause." Es klang nicht wie ein Vorschlag, sondern wie eine beschlossene Sache.
"Das musst du nicht.", meinte ich gleich. "Doch, das muss ich. Ist das Mindeste, nachdem ich dich ja vom Fahrrad geholt habe.", antwortete Jax und sein Tonfall ließ keinen Wiederspruch zu. Als dann wieder einer der Gäste, der bereits gut beieinander war, nach mir rief, überraschte mich Jax gleich erneut. "Ich mach das.", meinte er und bat mich, ihm Geldbeutel und Block auszuhändigen.
Zunächst zögerte ich, doch dann nahm ich sein Angebot mir zu helfen an. Er hatte ja bereits bewiesen, dass er sich sowieso nicht von irgendetwas abbringen ließ und irgendwie freute ich mich auch darüber, dass er noch ein wenig bleiben wollte.

Becoming an Old LadyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt