Kapitel 26: Bühne frei

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Ich hasste es, wenn ich meine Gefühle nicht unter Kontrolle halten konnte. Aber die Tränen kamen einfach. Der Gedanke, das Kriegsbeil zu sein, welches Harry und Niall trennte, verunsicherte mich, machte mich um genau zu sein völlig fertig. Ich war mit ihm zusammen und wollte definitiv nicht der Grund sein, warum er sich mit Harry zerstritt. Wahrscheinlich, war ich auch deswegen Hals über Kopf aus dem Hotelzimmer gerannt und nun, ging ich einfach weiter den Gang entlang und wischte mir die Tränen weg. Ich leckte mir über die trockenen Lippen, versuchte irgendwie meine Gedanken zu sammeln, scheiterte jedoch kläglich. Meine Gedanken drehten sich im Kreis und zwischen den Fragen: „Gehöre ich überhaupt in diese Welt?“ und „Wo willst du jetzt hingehen? Nach draußen?“, verlangsamte ich etwas mein Tempo, um nicht zu schnell an den Treppen anzukommen. Plötzlich vernahm ich dumpfe Schritte hinter mir, welche jedoch schnell näher kamen. Ich brauchte überhaupt nicht zu erraten, wer es war, der mir hinter her gelaufen war. Er war der Grund, wieso ich mich überhaupt wieder umdrehte, aber dennoch schwieg. Er war der Grund, wieso ich leidend lächelte und mich von ihm umarmen ließ. Mein Kopf lag auf seiner Schulter und ich drückte mein Gesicht in diese, um nicht in Versuchung zu geraten, noch mehr zu heulen, als ich es ohne hin schon tat. „Es tut mir Leid“, flüsterte er sanft und streichelte meinen Rücken. „Es ist nicht deine Schuld“, sprach er weiter. Er hatte gut reden, denn ich hatte Schuldgefühle. Wenn ihr jetzt denkt, dass ich eine Mimose bin, die bei jedem Wehwehchen anfängt zu weinen, dann habt ihr euch geschnitten, aber es verletzte mich schon, dass ich der Grund war, wieso mein Freund seine Freundschaft zu jemanden aufgab, den er länger als mich kannte und mit dem er eine Karriere begonnen hatte. Eigentlich gilt ja bekanntlich die Regel „Bruder vor Luder“...Aber wenn ich es mir recht überlege, sollte man sich wirklich ein anderes Wort für Luder ausdenken...aber das würde sich dann nicht wieder auf Bruder reimen...Aber egal. Hier standen wir also. Auf einem grünen Teppich im Flur eines Hotels, im zweiten Stockwerk und ich lag in seinen Armen. Na ja...stand, aber er umarmte mich. „Doch, es ist alles meine Schuld, verdammt!“, fluchte ich in seine Schulter hinein. „Ist es nicht“, beharrte er. Wollte er mich verarschen?! Er konnte doch nicht in diesem Zustand mit mir diskutieren? Wieso? Weil ich dann immer auf meiner Meinung beharren würde! Mir etwas auszureden, kann schon verdammt lange dauern (Und wie lange es dauern kann, Elena! XD). „Elena, du bist ein wunderschönes Mädchen und ich liebe dich! Es ist aber bestimmt nicht deine Schuld! Ich habe einfach nur schrecklich reagiert und ich weiß auch, dass ich Harry nicht hätte so anschreien dürfen...Das tut mir einfach so Leid, wenn ich dich verletzt habe! Wenn...wir dich verletzt haben...“ Ich wollte ihn am liebsten für diese Bemerkung hauen. „Ihr habt mich nicht verletzt Niall! Was mich verletzt ist einfach die Tatsache, dass ich zwischen euch Zwietracht sähe! Das wollte ich doch nie...Weißt du, was das für ein Gefühl ist, der Grund eines Streites zu sein?“ Das Gefühl kennt ihr vielleicht auch und es gibt wirklich kein bescheideneres..außer vielleicht nicht mehr in seine Lieblingshose zu passen. „Ich kann Harry vielleicht nicht so schnell verzeihen, aber...ich werde es versuchen...“, seufzte Niall und sah mich dabei mit einem Hundeblick an, bei dem ich sofort weich wurde. Doch ich musste stark bleiben. „Versprich es mir, dass du heute Abend noch mit ihm reden wirst!“ Dabei sah ich ihn durchdringend an, weil ich bemerkte, dass es ihm nicht ins Konzept passte, noch heute mit dem Lockenkopf ein Wort zu wechseln. „Elena...wir haben heute erst einmal das Konzert zusammen und ich verspreche dir, dass ich ihm nicht den Kopf abreißen werde, aber...ich weiß nicht, ob ich für ein richtiges Gespräch in der Lage bin...“ Gut, das ließ ich noch gerade so eben gelten. Hauptsachen, sie würden sich wieder vertragen.

Mittlerweile hatten sich alle unten in der Hotellobby gesammelt. Ich fiel, als einziges Mädchen wohlgemerkt, auf wie ein bunter Farbfleck, weil ich keine Jogginghose, sondern eine Jeans trug und zudem aussah, wie ein geprügelter Hund, da meine Wangen, meine Augen leicht gerötet waren, als ich in meine Heul-Extase verfiel. Paul prüfte mich einmal mit einem Blick, der einem Scanner glich, worauf ich breit grinste und dabei wahrscheinlich geistesgestört aussah, weil das Misstrauen in seinem Blick wuchs. Doch, er sprach mich nicht darauf an und das war wohl auch gut so. „Du hast garnicht gesagt, dass sie mitkommt!“, hatte Louis trompetet, nachdem er ebenfalls in die Lobby gekommen war und mich erblickt hatte. „Überraschungsgast!“, war daher meine Antwort, da ich Niall komplizierte Erklärungen ersparen wollte. „Ist denn zwischen euch wieder alles geklärt?“, hakte Louis nach und ich wusste, dass er das „Harry-Niall-Ding“ meinte, aber nickte einfach nur leicht zögerlich, anstatt zu sagen: „Keine Ahnung...Niall möchte ihm am liebsten eine verpassen, aber sonst...“ Nein, diese Antwort verkniff ich mir, hatte ja sowieso sonst keine andere Wahl. Aber Zayn durchschaute mich. Das erkannte ich an seinem Blick, der mich seltsam musterte. Ich wusste genau, was ich in diesem Blick zu lesen hatte: „Du lügst, wie gedruckt, Honey.“ Doch ich schaute ihn mit folgenden Blick an: „Wenn ihr es alle doch so gut wisst, wieso fragt ihr mich dann?!“ Seine telepathische Antwort folgte: „Anstandshalber.“ Ich rollte mit den Augen. Also, funktionierte die Gedankenübertragung nicht nur bei Mädchen, sondern auch bei Jungs. Das hätte ich nie vermutet, aber man lernt ja jeden Tag dazu. Schließlich folgte noch meine Antwort: „Höre jetzt endlich auf, mich so zu löchern, dein Blick ist ja furchtbar!“ Natürlich hörte er nicht auf, mich zu löchern, das wäre ja viel zu nett und einfach. Nein, stattdessen blickte er mich weiter an und am liebsten hätte ich ihm etwas ins Gesicht geworfen. Eine stinkige Socke! Sein Blick machte mir wirklich...Angst? Nein, aber er schüchterte mich ein. Mit Zayn Streit zu haben, stelle ich mir auch echt unangenehm vor. „So, Jungs! Dann wollen wir mal!“, verkündete Paul und wir wurden schon von der Security umkreist, wobei Niall jedoch schnell meine Hand ergriff und mich zu sich heranzog. Darauf lächelte er mich an und obwohl ich seine Augen nicht sehen konnte, wegen der Sonnenbrille, die er zuvor aufgezogen hatte, bereitete sich ein schönes Gefühl in meiner Magengegend aus. Sein Lächeln war wirklich bezaubernd. Vor allem, weil ich wusste, dass es an mich gerichtet war. Als wir aus der Tür heraustraten...Nun Gekreische eben. Doch was mich sichtlich verwirrte war, als ein Mädchen meinen Namen rief und ich verwirrt in ihre Richtung schaute, worauf sie mir zuwinkte und dabei aufgeregt auf und ab sprang. Ich winkte zurück und sagte: „Hi!“ Sie rastete total aus. „OH MEIN GOTT! SIE HAT MIR GEANTWORTET!“, schrie sie ihre Freundin, die ebenfalls schrie. Was.Hatte.Ich.Verpasst?! Ich war immer noch Elena Becker und nicht etwa Cameron Diaz, die hier vorbeilief! Diese große Euphorie, die ein „Hi“ von mir auslöste, schockte mich und ich brauchte erst einmal um das zu verarbeiten. Dazu, wurde mir aber nicht sonderlich viel Zeit gegönnt, denn es kreischten schon die nächsten Mädels und fotografierten uns. Ich blickte über meine Schulter und sah Liam, wie er mit einem Mädchen ein Selfie machte, das sich danach riesig freute. „Niall!“, rief ein Mädchen, worauf er mich fragend ansah. „Geh schon!“, lachte ich und schob ihn in die Richtung des Mädchens, welches seinen Namen gerufen hatte. Lieb, begrüßte sie ihn und fragte ihn, wie es ihm geht. Ja, es ging auch ohne Gekreische und Ausraster. Nachdem sie ein Foto mit ihm gemacht, sah sie plötzlich zu mir und fragte: „Elena, würde es dir etwas ausmachen, mit mir ein Foto zu machen?“ Mir blieb die Luft im Halse stecken. Doch ich nickte und sagte: „Ja, natürlich!“, ohne überhaupt zu wissen, was ich da sagte. Ich bewegte mich auf sie zu, in der Hoffnung gleich nicht , wie ein Frosch auf dem Foto auszusehen, solche großen Augen machte ich nämlich. Sie lächelte mich breit an, als ich mich ihr nährte und erinnerte mich an ein Honigkuchenpferd. Niall umgriff sanft mein Handgelenk und ich richtete mein Blick auf ihn. Schließlich hielt das Mädchen ihre Kamera nach oben, um von uns dreien ein Foto zu schießen, was sich jedoch als schwierig herausstellte, da sie es nicht schaffte, ihre Kamera weit genug von uns fern zu halten, weshalb ich ihr anbot ein Foto zu machen. Mit zitternden Händen übergab sie mir ihr Handy und ich machte von uns zwei Fotos. Danach gab ich es ihr freundlich zurück und ihre Wangen wurden rosig, als sie sich bedankte und dabei auf und ab hüpfte. „Danke!Danke! Danke! DANKE!“, schrie sie begeistert. Diese Euphorie verwirrte mich. Ich war es absolut nicht gewöhnt, obwohl...kann man überhaupt an so etwas gewöhnen? Ich vermute, dass das eher nicht funktioniert. Dennoch war es seltsam von jetzt auf gleich...berühmt wollte ich nicht sagen, denn das war ich ja nicht....keine Ahnung welche Bezeichnung am besten passen würde, aber es war seltsam. Niall und ich winkten ihr zum Abschied und dann griff er nach meiner Hand und umgriff mich fest, wobei er mich wieder so bezaubernd anlächelte. Das Schlimmste an seinem Lächeln war tatsächlich die Tatsache, dass ich hätte abhängig werden können. Und ich hatte mir immer geschworen niemals von einem Kerl abhängig zu sein und jetzt war ich auf dem schnellsten Weg dahin.

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