Rock me, Baby! ✓

32 LIZ ‖ Girls support girls

Mehr oder weniger erfolgreich habe ich den Vormittagsunterricht hinter mich gebracht. Gerade bin ich mit Pete unterwegs zur Mensa, als sich ein Arm um meine Schultern legt. Eine Sekunde lang bleibt mein Herz stehen, aber als ich zur Seite blicke, sehe ich in Jacobs blaugrüne Augen. „Hey Liz, wie geht's? Wir haben uns gestern kaum gesehen. Du warst nach dem Unterricht sofort verschwunden."

Ich muss schlucken, als ich an meine gestrige Flucht aus der Schule denke, und fühle meine Wangen heiß werden, weil mir gleich darauf das in den Sinn kommt, was danach bei der Gartenhütte passiert ist.

Scheint ja langsam zur Gewohnheit für mich zu werden, dass ich bei jeder Gelegenheit verlegen erröte.

„Ja, ich hatte es ziemlich eilig."

'Und mehr darf ich dir dazu nicht erzählen', füge ich in Gedanken hinzu.

Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, dass Jacobs Blick auf mir ruhen bleibt, bis er wohl bemerkt, dass ich nichts weiter dazu sagen werde. Sein Arm gleitet von meinen Schultern. 

„Es ist echt der Hammer, dass uns so ein Bandscout hören will. Ich kann es gar nicht fassen, dass wir vielleicht bald einen Plattenvertrag angeboten bekommen. Ich meine, wir sind noch nicht mal 'ne Woche in dieser Band und kriegen schon so eine Chance, für die andere jahrelang kämpfen müssen." Ich schmunzle, weil die ungläubige Begeisterung, die in seiner Stimme mitschwingt, wirklich niedlich ist.

Doch er hat recht. 'Hurricane zum Beispiel', schießt es mir durch den Kopf. Meine Band hat jahrelang darauf gewartet. 

Ein weiteres Lächeln huscht über mein Gesicht, als ich an den Tag denke, an dem wir endlich unseren Plattenvertrag unterschrieben haben. An die heftige Party danach, die wirklich legendär war. Aber als mir einfällt, wie der Abend geendet hat, verschwindet mein Lächeln sofort wieder.
Wie Jo komplett ausgerastet ist, als er Denny und mich beim Rummachen erwischt hat, weil wir seine goldene Regel gebrochen haben, dass zwischen den Bandmitgliedern nichts laufen darf. Wie Mel unglaublich sauer auf mich war und danach kaum noch mit mir gesprochen hat. 

Mann, damals haben echt alle total überreagiert. Schnell verbanne ich diese unangenehmen Erinnerungen in den hintersten Winkel meines Gedächtnisses.

„Tja, Beziehungen sind in diesem Geschäft eben Gold wert", bemerke ich und bin auf einmal frustriert. „Es kommt selten genug darauf an, was man kann, sondern viel mehr darauf, wen man kennt. Immerhin kennt Luke anscheinend die richtigen Leute."

„Denkst du, wir haben eine Chance?" Jacobs fragender Blick richtet sich auf mich. 

Ich nehme es kaum wahr. Denn meine Augen heften sich im selben Moment wie magnetisch angezogen auf ein Pärchen, das vor dem Eingang zur Mensa an der Seite steht. Die beiden sind in ein angeregtes Gespräch vertieft. Der mir nur allzu bekannte Junge beugt sich nach vorne, um der Blondine irgendetwas zuzuflüstern, während sie ihm die Hand auf den Arm legt und den Kopf in den Nacken wirft, um ein gekünsteltes Lachen erklingen zu lassen. Das Mädchen kenne ich auch. Es ist die Blonde, die beinahe an meiner Stelle in die Band gekommen wäre. Die, mit der Luke Chris zufolge gestern schon die Mittagspause verbracht hat. Er nimmt noch nicht einmal wahr, dass ich in kurzer Entfernung an ihm vorbeilaufe.

Schon betreten wir den Speisesaal.

Alles in mir drängt mich dazu, mich nochmal umzudrehen. Aber mir ist klar, dass ich es nicht tun sollte, also zwinge ich mich, es bleibenzulassen.

Bleib cool, Liz. Das hat gar nichts zu bedeuten. Er hat nur mit ihr geredet. Das wird ja wohl noch erlaubt sein. Du bist gerade eben auch durch die Schule gelaufen mit Jacobs Arm um deine Schultern.

Ich atme tief durch und versuche, mir nichts von meiner Gefühlsverwirrung ansehen zu lassen. Allerdings bemerke ich, wie ich meine Hände zu Fäusten balle und meine Fingernägel schmerzhaft in den Handflächen versenke, um nicht auszurasten.