Seine Augen gingen förmlich in Flammen auf wenn er von seinem Job redete. Jeder schaute ihn perplex an wenn Jack erzählte, dass er ein Pantomime in einem Zirkus sei. Denn Jack war der lebhafteste, lauteste und extrovertierteste Mensch den man sich vorstellen konnte. Die Zeit die er in seinem Kostüm auf der Bühne verbrachte, war die einzige Gelegenheit ihn mal still zu erleben. Er redete so viel in einem Tag wie andere in einem Monat. So wie auch an jenem Tag.
Jack unterhielt sich mit ein par Freunden und war mal wieder der, der am meisten redete. Seine Freunde, welche auch seine Kollegen waren, standen auf und gingen schonmal hinter die Bühne in dem Zirkuszelt. Dadurch, dass er so ziemlich die letzte Attraktion war, hatte er noch etwas Zeit. Also entschloss er sich dazu, noch einen Spaziergang zu machen. Das Zelt wurde in der Nähe eines Feldes aufgestellt, auf welchem Jack nun ging.
Nach ein wenig Zeit erreichte er die Wohnwagen, in welchen er und seine Kollegen lebten. Seine Gedanken kreisten um nichts spezielles während er, wie so oft, ein Selbstgespräch führte. Doch plötzlich hörte er Geschrei.
Er folgte dem Geräusch bis er hinter einem Wohnwagen zwei Personen sah. Darunter ein kräftig gebauter Mann, dessen Alkoholfahne Jack schon mit Zehn Meter Abstand riechen konnte und eine zierliche, junge und verängstigte Frau. Jack war sich noch nicht einmal sicher ob die Frau schon erwachsen war.
Der Mann hielt das Mädchen am linken Handgelenk fest und hinderte sie daran zu fliehen. Jack's Nasenflügel bebten und sein Kiefer spannte sich an. Denn die Arme der jungen Frau waren überseht mit blauen Flecken und Blutergüssen.
Als der Mann das Mädchen zu Boden warf öffnete Jack seinen Mund, doch zum ersten Mal in seinem Leben ließ ihn seine Stimme im Stich. Jack steht einfach nur perplex da, während der Mann wiederholt brutal auf das Mädchen eintritt. Es dauert nicht lange, bis sie mit einem verzweifelten Hilfeschrei ihren letzten Atemzug verbraucht. Der Mann merkt es erst nicht, doch als auch ihm klar wird, dass er nur noch eine Leiche vor sich liegen hat bricht er ein. Jack tut es ihm gleich und fällt auf seine Knie. Eine Welle von Schuldgefühlen überrumpelt ihn. Warum hat er nichts getan? Warum hat er stillschweigend nur zu gesehen? Warum hat seine Stimme versagt? (Warum?)
Jack sieht vor sich wie die einzelnen Sandkörner verschwimmen. Alles um ihn drum verschwimmt als er in einem Meer aus Schuldgefühlen versinkt.
Plötzlich hört er eine rettende Stimme. Er schaut auf und dreht sich um. Da sieht er eine Freundin seinen Namen rufen. Sie winkt ihn zu sich, denn gleich muss er auf die Bühne. Völlig benommen steht er auf und läuft zurück zum Zelt.
Auf halber Strecke dreht er sich noch einmal um. Nichts. Der Mann, das Mädchen, beide sind weg. Nichts ist mehr da. Keine Beweise. Nichts. Bei dem Gedanken hören seine Beine auf sich zu Bewegen. Er steht regungslos da, als er auf einmal eine warme Hand auf seinem Rücken spürt. Es ist seine Freundin, welche ihn in Richtung Zelt schiebt. Er währt sich nicht. Er macht gar nichts, während seine Freundin ihn bis auf die Manege schiebt. Er steht dort allein im Dunkeln, bis der Vorhang sich öffnet und ein Scheinwerfer ein grelles Licht auf ihn wirft. Er steht einfach nur da und starrt in den Zuschauerraum, als ihm eine kalte Träne über die Wange läuft.
Und das ist die Geschichte wie ein Pantomime auf ewig verstummte.
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Ein Pantomime der nicht mehr redet
Short StoryIronisch oder nicht? Ein Pantomime der plötzlich nichts mehr sagt.