Kapitel 12

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Nach gut 20 Minuten kamen wir an. Sie war gar schockiert über die Entfernung, doch konnte ich mich noch gut daran erinnern, ihr das mal erzählt zu haben .

Wir gingen den kurzen Schotterweg zu meinem Elternhaus entlang. Mit jedem Schritt stieg meine Aufregung.

"Denk dran du bist meine -"

"Lehrerin. Ich weiß. " , beendete sie meinen Satz leicht genervt.

Oh, wir beendeten schon unsere Sätze. Wie romantisch. Das liegt auch überhaupt nicht daran, dass ich es ihr mehrmals pro Sekunde gesagt habe.

Nun standen wir vor der großen Haustür. Mein Name am Namensschild war durchgestrichen, was mein Herz anbrechen ließ.

Therese klingelte. Gleich ist es soweit , ich würde sterben. Oder heulen. Oder schmelzen, weil es so peinlich wird. Am liebsten würde ich ihre Hand nehmen, doch es gibt keinen ungünstigeren Augenblick, als jetzt.

Langsam öffnete sich die große Tür.Ich sah in das Gesicht meines Vaters. Die gerade noch freundliche Miene verzog sich zu einer hasserfüllten.

"Guten Tag Herr Wellfare.",begrüßte Therese ihn mit einem Lächeln.

"Wer sind Sie und was wollen Sie?Sind Sie etwa die Person,die meiner Tochter eingeredet hat,dass es ok ist homosexuell zu sein?" Er klang sichtlich wütend.

"Wir wollten die Sachen Ihrer Tochter holen." ,sagte Therese,ohne auf die letzte Frage zu achten.

"Sie ist nicht mehr meine Tochter.",sagte er knapp und wollte die Tür zu machen.

Mein Herz,es setzte aus.So etwas von meinem Vater zu hören. Doch es kamen keine Tränen. Sie kamen einfach nicht mehr.

Therese legte einen Arm um mich und schaute meinen Vater so böse an,dass er aufhörte die Tür zu schließen.

"Wie können Sie es wagen so mit ihrer Tochter und meiner Schülerin zu reden!Was bilden Sie sich ein!",schrie sie ihn an und,guter Gott,sie war noch nicht fertig.

"Sehen Sie sich doch mal Henriette an!Ist sie ein anderer Mensch?Sieht sie anders aus?Ist ihr Charakter anders?Nein!"

"Also hören Sie mal!Sie können-"

"Oh nein!Ich gehe jetzt mit ihr in ihr Zimmer und hole ihre Sachen!" ,mit diesen Worten stürmten wir in das Haus hinein.

Eigentlich wollte ich draußen stehen bleiben,doch hatte ich einerseits Angst,dass Therese was passiert;andererseits zog sie mich mit.

Wir gingen wieder den langen Flur lang, auf dem ich zuletzt vor einem Monat lang gegangen bin. Diese leeren Gänge,die vor Einsamkeit und Leere schon schrien.

Dann waren wir wieder in meinen Schlafzimmer. Die Jalousien waren unten, das Bett verwühlt. Niemand war hier drin gewesen, denn es sah genau so aus,wie vor einem Monat, als ich und Therese es zum ersten Mal getan haben.

Und nun musste ich mich von dem Zimmer trennen. Von den ganzen Gerüchen,Wegen,Erinnerungen,Gefühlen und Gegenständen.

Wir holten nur meine Schulsachen,nichts,was mir etwas bedeutete.Nur diese verdammten Schulsachen.

"Wann holen wir meine anderen Sachen?",murmelte ich.

Therese schaute sich um,dann drückte sie mein Kinn hoch und zwang mich,sie anzugucken.

"Wenn wir eine eigene Wohnung haben.", antwortete sie und lächelte mich an.

Wenn wir eine eigene Wohnung haben. Haben wir nicht eigentlich schon eine?Ich meine,ich wohne doch bei ihr.Glaube ich.

Ohne ein weiteres Wort mit ihr zu wechseln,suchte ich meine Schulsachen. Ich hatte vergessen wo sie waren.

Ich schaute in mein Regal.Nur wertvolle Stücke Papier,auch genannt Bücher. So viele Sachen, die ich nie wieder sehen würde.

Ich nahm ein Buch heraus. Der Titel war mir egal,einfach nur abschalten. Als ich den Satz auf der aufgeschlagenen Seite las, weiteten sich meine Augen.

" Do not pity the dead, Harry. Pity the living, and, above all those who live without love."

Dumbledore hatte recht. Ich sollte meinen Vater und meine Mutter bemitleiden. Sie leben ohne Liebe, und so will kein Mensch leben.

"Ich hab sie!" , schrie Therese. "Aber,ih, da ist irgendwas drauf.",fügte sie angwidert hinzu.

Ein kleines Lächeln verzierte mein Gesicht.Ich nahm einfach alles durch die rosarote Brille wahr,wenn sie bei mir war.

"Naja,dann muss ich es halt sauber machen." ,grinste ich.

"Wie willst du das sauber machen?",fragte sie mich.Ich konnte schön hören,dass sie mindestens eine Augenbraue hochgezogen hatte.

Ich drehte mich auf und riss die Augen auf.Was war das?Ein riesiger grüner Haufen lag da drauf.

"Also es ist keine Hundescheiße,ich hab nämlich keinen Hund.",informierte ich sie.

"Unter Wasser halten wäre ein wenig dumm,was tun wir denn jetzt?",sie biss sich auf die Lippe und schaute auf mein Deutschbuch,auf dem der gruselige Haufen lag.

"Ich opfere mich.",sagte ich heldenhaft und stellte mich auch so hin. Ich gab ihr ein Zeichen und ging kurz einen Lappen holen.

Als ich in der Küche stand, klingelte es an der Haustür. Da meine Eltern, die seelenruhig da saßen, nicht einmal daran dachten, sie zu öffnen, ging ich hin.

Kaum war die Tür auf , sprang mir Elisabeth in die Arme. Doch anstatt eine paar aufmunternde Worte , bekam ich das zu hören :,, Ich weiß es."

Mein Herz blieb stehen. Ich erstarrte vor Schock. War klar, dass sie wusste, dass sie recht hat.

"Ich weiß, dass du etwas mit Frau Wihlow hast. ", flüsterte sie leidenschaftlich. Ich fühlte ihr Grinsen an den Seiten meines Kopfes.

Ich versuchte sie loszuwerden, von mir weg zu drücken, doch sie war erstaunlich stark.

"Deswegen riechst du auch nach ihr,nicht? Du hast sie durchgevögelt. War sie wenigstens gut?" Erst jetzt hörte ich das leise Schluchzen.

"Eli-"

"Leise kleine Bitch." ,warnte sie mich lauter. "Wenn du nicht willst, dass etwas preisgegeben wird, sei mit mir zusammen. "

Ich sollte mit Therese Schluss machen? Mit meiner einzig wahren Liebe? Der Frau,der ich alles zu verdanken habe?

"Woher weißt du es?" ,fragte ich ohne auf ihre davor gesprochene Warnung zu achten.

"Als du zusammen geschlagen wurdest, kam mir so ein Typ entgegen. Der,der dich zusammen geschlagen hat. Er erzählte mir davon. "

"Der war betrunken. Der hätte dir jede Scheiße erzählen können. ",sagte ich schnell.

"Deine Panik erzählt mir etwas anderes. "

Ich drehte uns, damit ich sehen konnte, ob Therese kam. "Ich tu es." ,sagte ich nun ruhig.

"Na dann los. Ich weiß, dass sie hier ist."

Ich atmete tief ein. Nicht einmal vorbereiten konnte ich mich,da trat Therese schon in den Raum.

"Miss Wellfare ich-"

"Machen Sie es kurz, ich weiß es." , unterbrach Eli Therese,welcher blasser wurde ,als je zuvor.

Ich ging auf sie zu, Elisabeth hinter mir. Ich nahm ihre Hände, merkte die bösen Blicke Elisabeths auf mir.

"T-Therese. Ich, Wir müssen uns trennen. " ,die letzten Worte quetschte ich heraus. Die Tränen flossen aus meinen Augen ,wie bei einem Wasserfall.

Therese riss sich los,mit Tränen in den Augen sah sie mich ein letztes Mal an. Dann rannte sie weinend aus der Tür.

Ich schaute ihr hinterher. Dieser Drang ihr hinterher zu laufen durchfuhr mich wie ein elektrischer Schlag,doch die Arme um meinen Bauch hinderten mich daran.

Für jetzt hatte ich sie verloren,doch ich werde sie wieder haben und wenn es das letzte ist,was ich tue.

Hölle (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt