Kapitel 4

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Der Abend war fast vorbei. Dags Wunschsong wurde bisher noch nicht gezogen, dafür spielte die Band gerade The Bad Touch von The Bloodhound Gang, wo er lautstark mit Vincent mitgröhlte.

»Wann müsst ihr zu Hause sein?« , fragte Andi die beiden, als er sich zu Ihnen setzte.

»Wir sind neunzehn.« , äußerte sich Vincent dazu.

»Das weiß ich Jung. Deswegen frag ich ja.«

»Ich penn' bei Vince.« , meinte Dag, der es mal schaffte, von der Bühne wegzuschauen.

»Ihr bleibt wieder bis zum Schluss?«

Die zwei nickten synchron.

»Früher wart ihr nicht so oft hier.« , bemerkte Andi und sah grinsend zur Bühne. »Welche der Ladys hat es euch denn angetan?«

»Wie kommst du darauf?« , fragte Dag und zeitgleich sprach Vincent: »Schau nicht mich an. Der traut sich nicht, sie anzusprechen.«

»Isabelle?« , fragte Andi.

Dag zog die Mundwinkel nach unten. »Keine Ahnung, wie sie heißt.«

»Die Sängerin?!«

Dag merkte, wie er rot wurde. »Ja.« , sagte er viel zu leise und sah dann zu Boden.

»Sie ist ein liebes Mädchen. Sie ähnelt meiner Schwester, vor all den schlimmen Dingen, ich glaub, deshalb habe ich denen auch die Wohnung oben angeboten.« , sagte Andi und Vincent erinnerte sich, dass sein Vater ihm mal erzählt hatte, dass Chris und Andis Schwester mit neunzehn den Drogentod fand. Er meinte, es lag am falschen Umgang und das die beiden Brüder sich heute noch Vorwürfe machen würden, die Gefahr zu spät erkannt zu haben.

»Du bist eine Knalltüte Dag. Sprich sie doch einfach an!« Andi stupste Dag leicht an.

»Ey ich kann nicht einfach dahin. Und was soll ich überhaupt sagen?«

»Hi, mein Name ist Dag und Schwupps kommt ihr ins Gespräch.«

»Klar doch.« Er verdrehte seine Augen.

»Ich sag das dem die ganze Zeit.« , mischte Vincent sich ein und applaudierte mit, als der Song endete.

Dag ignorierte Andi, während der weitersprach, und achtete auf den nächsten Song, den der Gitarrist aus dem Kessel herauszog.

Isabelle faltete ihn erneut auf und zeigte diesen erst immer den Bandkollegen, bevor sie ihn verkündete. Heute war sie in eine Khakifarbene weite Hüfthose mit Nietengürtel, ein schwarz-rotes Oberteil darauf und dunkle Converse-Schuhe mit hellblauen Schnürsenkeln gekleidet. Ihre langen braunen Haare trug sie offen.

»... und so einfach ist das.« , beendete Andi sein einseitiges Gespräch mit Dag, der gar nicht zugehört hatte.

»Hä?!« Dag sah ihn fragend an.

Vincent lachte. »Ich regle das schon.«

Andi marschierte lachend und kopfschüttelnd hinter die Theke.

»Aber hey Andi. Du sagst ihr das bitte nicht.« , rief Dag ihm hinterher.

»Keine Sorge Jung. Das ist deine Angelegenheit. Ich denke nur, du bräuchtest 'nen kleinen Schubs nach vorne.« Dabei zwinkerte Andi Vincent zu, der daraufhin nur grinsend zustimmte.

»... und jetzt kommen wir zu einer schwierigen Nummer, denn so glockenhell kann ich nicht singen, deswegen übernimmt diese Parts, mein lieber Freund Sascha.« , hörte er sie ins Mikro sagen.

ᴼᴮ ᴰᴬˁ ᴵᴴᴿ ᴱᶜᴴᵀᴱᴿ ᶠᴿᴱᵁᴺᴰ ᴵˁᵀ?

Er hörte, wie Fantasy von Mariah Carey begann. »Hey Andi?« , rief er hinter die Theke.

»Also zu einem Wasser sag ich ja, aber Alkohol hattet ihr jetzt genug.« , formulierte dieser.

»Nein. Ich will nichts bestellen. Hör mal, der Gitarrist und sie ... Isabelle ... sind die zusammen?« Ihm war rückblickend aufgefallen, dass beide schon sehr vertraut miteinander umgingen.

»Sascha? Nee. Schau ma'. Der ist mit der Schlagzeugerin zusammen. Dahinten die Dunkelhaarige. Ein bisschen herrisch für meinen Geschmack, aber ... das muss er ja wissen.«

Sascha sang derweil den Song. Bisher hatte er immer bei dem ein oder anderen Song einen Part übernommen, meist wenn es um Rap ging. Er war ein bisschen füllig, hatte dunkle Haare und helle Augen. Isabelle stand etwas abseits, als Sascha sich ihr näherte und ihr plötzlich das Mikrofon hinhielt. Sie grinste und übernahm dann den kommenden Part.

»... Images of rapture creep into me slowly as you're goin' to my Head. And my Heart beats faster , when you take me over. Time and time and time again ...«

Es war nicht die Richtung, die Dag bevorzugte, aber irgendwie mochte er jeden Song, den sie von sich gab. Er hatte Gefallen an ihrer Stimme, sie war etwas dunkler, teilweise sogar rauer, und doch konnte sie auch sehr hell singen.

»War dein Song dabei?« , fragte Andi lautstark über die Theke hängend.

»Nein. Bisher nicht.«

»Na ja, mal abwarten. Die nicht gespielten bleiben ja im Topf, vielleicht singt sie den ja morgen.«

Dag war es gar nicht so wichtig, dass sie den Song performen sollte. Er wollte lediglich informiert sein, wie sie zu dieser Art Musik stand.

»Wie lange sollen wir das jetzt eigentlich machen?« , wollte Vincent von ihm wissen.

»Was?«

»Hier her kommen und ... das ist es ... nichts tun.«

»Keine Ahnung. Ich weiß es nicht.« , sagte Dag. »Dann gib mir doch einen Tipp.«

Vincent lachte auf. »Wow, dass ich das noch erlebe. Der große Dagalexus benötigt Tipps, wie er Mädchen aufreißen kann.«

»Ey Vince, bleib mal Ernst ja. Das ist was komplett anderes. Ich will sie ... ja kennenlernen. So richtig.«

»Ist ja gut. Dann spring über deinen Schatten und sprich sie an. Da kann doch nichts schief gehen?«

»Und wenn sie gar nicht auf mich steht?«

»Also das sieht ja wohl ein Blinder mit 'nem Krückstock, dass sie dich auch andauernd angafft.«

»Vielleicht sieht sie mich an, weil sie sich beobachtet fühlt.« Dag drehte der Bühne den Rücken zu. »Ey Vince, was ist, wenn die mich für so einen ekligen Typen hält, der nur gafft?«

»Sprich sie an. Dann weißt du es zumindest.«

»Sprich sie an. Dann weißt du es zumindest.« , plapperte Dag ihm mit verstellter Stimme nach.

»Wir machen auch Musik. Unterhalte dich doch darüber mit ihr. Ist ne Gemeinsamkeit.«

»Soll ich ihr jetzt ne Demo von uns geben?«

»Du wolltest Tipps und dann meckerst du nur rum.«

»Ich weiß.« , jammerte Dag theatralisch.

»Noch einmal in eurem Alter sein und eure Problemchen haben.« , lachte Andi. »Mensch Jung, sprich sie doch einfach an. Wäre ich nochmal im zarten Alter von neunzehn und mir würde ein Mädchen gefallen, ja dann geradewegs hin zu ihr. Glaub mir, wenn du es nicht tust, macht es ein anderer und du sitzt irgendwann da und denkst zurück an Sachen, die hätten sein können.«

»Genau.« , stimmte Vincent mit ein.

Dag sah zur Bühne. Der Song war zu Ende und die Leute applaudierten.

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt