Day 4.4

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Stunden waren vergangen in denen wir die Kekse gebacken, die Küche aufgeräumt und die Kekse gegessen hatten. Als ich aus dem Fenster schaute war es dunkel und ich gähnte augenblicklich.

Ich wusste, dass noch ein wichtiges Gespräch anstand und es Ezra wichtig war, darüber zu reden. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Nicht schon wieder.

„Komm." Ich zog an seiner Hand, als er mit Baloo wieder hereinkam, und führte ihn direkt in mein Schlafzimmer.

„Gleich. Wenn wir schon im Bett reden, dann will ich wenigstens was gemütliches anhaben."

„Jogginghose ohne Unterhose?", fragte ich und streckte ihm die Zunge raus.

„Genau." Er verschwand grinsend mit einer Jogginghose in der Hand.

Während ich wartete, zog ich mir bequeme Klamotten an und rutschte unter die Decke.

Ezra betrat oberkörperfrei das Zimmer und rutschte neben mich. Ich bückte mich und schaltete die Stehlampe ein. Bei solch einem Gespräch wollte ich ihn ansehen und nicht nur seine Umrisse erkennen können.

Das Licht erfüllte das Bett und ich musterte ihn. Seit dem ersten Lockdown hatte ich ihn nicht mehr oben ohne gesehen. Er zog eilig die Decke höher. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er etwas zu verstecken versuchte. Ich griff nach seinen Händen, die die Decke umklammert hielten und ließ ihn nicht aus den Augen, während ich die Decke herunterschob.

Sein Anblick war erschreckend, so erschreckend, dass ich meine Hände augenblicklich zurückzog. Die sonst makellose Haut war von grün, violetten Flecken übersäht und einfach überall. An der Brust, Bauch, Rippen, sogar am Rücken. Sie waren nur noch ein schimmernder Farbton, dennoch deutlich erkennbar.

„Fuck, Ez... Warum hast du denn nichts gesagt?"

„Ich wurde zusammengeschlagen, passiert jedem mal... du hast deine Drogenvergangenheit, ich das."

„Warum?"

„Is egal. Lass uns einfach reden und dann schlafen." Er senkte seinen Blick. Seine Hand krallte sich in die Bettdecke.

„Warum, Ezra?"

„Weilichschwulbin", nuschelte er undeutlich und so schnell, dass ich nur Bruchstücke verstand und es mir zusammenreimen musste.

„Scheiße... man Ezra... sowas musst du mir doch sagen, deswegen warst du gestern...?"

„Ey wir sind getrennt, schon vergessen? Du bist abgehauen."

„Danke, dass du mich dran erinnerst", brummte ich. Ich lehnte mich zu ihm rüber und bettete meinen Kopf auf seine Schulter.

Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Wer schlug den jemanden derart zusammen, weil er schwul war. Das es immer wieder passierte, wusste ich, aber ich hatte es noch nie in meinem Umfeld erlebt.

„Völlig egal. Gestern Morgen küsst du mich und heute Morgen sagst du, dass du mich liebst... Du hättest es mir einfach sagen sollen, damit ich dich verstehe, dann wäre der Tag gestern nicht so gewesen wie er war. Scheiße! Ich würd dich doch niemals alleine lassen nach so etwas."

„Weißt du, was mich immer wieder überrascht? Manchmal bist du einfach so ein Arsch. Und dann sagst du sowas..."

Er fuhr mit seinen Fingern durch meine Haare. Wir schauten uns nicht an, trotzdem wusste ich, wie ernst er seine Worte meinte und ich bereute es, ihn im ersten Lockdown verlassen zu haben. Wäre ich dageblieben, hätten wie ein unvergessliches Ostern zusammen verbracht, wären vermutlich im Sommer im Urlaub gewesen und er wäre vielleicht nicht zusammengeschlagen wurden.

„Tut mir leid, dass ich bisher nie so für dich da war, wie du für mich."

„Schwamm drüber. Du weißt, dass ich nicht nachtragend bin. Du wusstest es nicht und hast selber genügend eigene Probleme, immerhin standest du nachts vor meiner Tür. Aber... bald ist Weihnachten und letztes Jahr hab ich es mit meinem Ex gefeiert. Ich will... lass uns einfach ein schönes Weihnachten verbringen und etwas besonderes daraus machen, trotz Corona. Ich weiß, dass in uns beiden etwas gebrochen ist und wir nicht mehr dieselben sind, aber ich glaub an uns..."

Ich schluckte, hob meinen Kopf und schaute ihn an. Wie konnte jemand so in seiner Persönlichkeit verletzt werden und trotzdem noch so selbstbewusst auftreten?

Er wirkte so weise und hatte recht. Ich wollte Weihnachten nur mit ihm feiern und trotz Corona das beste aus der gesamten Situation machen.

„Keine Streits mehr. Nur noch Reden, Sex und Fun...", murmelte ich.

„Das klingt wie aus nem schlechten Porno... ernsthaft Cole. Lass uns neue Erinnerungen schaffen, bessere. Ich will es nur mit dir."

Ich rutschte von ihm weg und betrachtete seine sanften Gesichtszüge. „Okay... können wir schlafen? Ich hab keinen Bock gleich zu heulen, wenn wir jetzt weiter über Weihnachten oder Corona sprechen..."

„Fuck... sorry... klar." Das Schimmern in seinen smaragdgrünen Augen zeigte seine Reue und er zog mich mit einem Handgriff an seinen Oberkörper. „Wenn irgendetwas sein sollte, kannst du mich wecken. Egal wie spät es ist. Schlaf gut, C."

„Nacht...", murmelte ich und legte mich hin. 

Everything hopeless [Everything 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt