Entscheidung

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Nun sind also noch vier im Raum mit Sam, zwei mit Serum, zwei schwer bewaffnet, und vielleicht erwarten sie mich auch schon, denn die Tür ist ja nicht gerade leise zugefallen... aber ich habe den Schild.

Ich entscheide mich, zunächst wieder auf das Baugerüst zu klettern und mir erneut Überblick zu verschaffen. Durch die Scheibe erkenne ich, dass die übrigen vier anscheinend noch nicht wirklich etwas ahnen, trotzdem aber sehr angespannt und wachsam wirken.

Mein Blick fällt auf den Typen, der zuvor das Kameraequipment herumgeschleppt hat. Er trägt nun ein Kabeltrommel in den Bereich hinter der Bühne und schottet sich somit vom Rest ab. Sofort mache ich mich auf den Weg zu dem Backstage-Raum. Unauffällig schlüpfe ich durch einen Seiteneingang und verstecke mich hinter einem großen Rednerpult, gerade rechtzeitig bevor der Typ hereinstapft.

Er läuft zu einem Kabelwust an der gegenüberliegenden Wand und bückt sich gerade runter, um sein Kabel ebenfalls dort anzuschließen, als ich ihm mit meinem Metallarm heftig von hinten auf den Kopf schlage. Leider, wie ich schnell feststellen muss, trägt dieser im Gegensatz zum Tiger das Serum, und wird somit nicht direkt ausgeknockt.

Stattdessen taumelt er kurz nach vorne, fängt sich aber sofort wieder und holt zum Gegenschlag aus. Seine Faust trifft den Schild, doch sein Bein gräbt sich in meinen Magen und ich stolpere zurück.

"Hier um deinen Freund zu retten, Prinzessin?" höhnt der Typ, doch ich gehe nicht auf ihn ein, sondern platziere meine Faust lieber in seiner Nierengegend. Mit einer schnellen Bewegung tauche ich unter seinem erneut zum Schlag erhobenen Arm hindurch und lande so hinter ihm. Ich halte jedoch nicht an, sondern renne auf die Wand gegenüber zu. Dort stoße ich mich mit den Füßen an der Wand ab und habe genug Schwung für einen Sprung genau auf den Typen, der Schild trifft ihn im Gesicht und er geht endlich zu Boden. Mein Blut kocht. Diese verdammten Arschlöcher da draußen sind jetzt auch noch dran.

Ich festige meinen Griff um den Schild und trete aus dem Bühnenvorhang.

"Guten Abend, die Herren."

Sofort sind zwei Sturmgewehre auf mich gerichtet, aber das ist unwichtig. Problematisch ist die Pistole, die direkt auf Sams Kopf zielt.

"Bucky." Sams lediertes Gesicht schafft es trotzdem irgendwie bei meinem Anblick aufzuleuchten.

"Lasst ihn gehen!" fordere ich.

"Und warum genau sollten wir das tun?"

"Weil ich euch dann vielleicht leben lasse." Ein hämisches Lächeln, das nicht wirklich meines ist, erscheint auf meinem Gesicht.

Ich bemerke wie sich Sams Blick verdunkelt und ich kann so viel darin lesen. Seine Zerissenheit gegenüber den Flagsmashers, seine Verzweiflung, seine Freude, mich lebend zu sehen, aber auch seine Angst um mich, Bucky, den er heute, falls das hier schleifgeht, für immer verlieren könnte, auf die ein oder andere Weise.

Der Mittlere mit der Pistole hebt amüsiert eine Augenbraue.

"Du und dein kleiner Freund hier, ihr werdet beide heute hier sterben."

Er holt mit der Pistole aus und schlägt sie Sam mit voller Wucht gegen den Hinterkopf, dieser geht sofort bewusstlos zu Boden. In mir zieht sich alles zusammen und entlädt dich schließlich in einem lauten Schrei, einer Kampfansage und die Sturmgewehre beginnen zu feuern.

Schützend halte ich den Schild vor mich und setzte zum Sprung an. Ich lande direkt neben dem rechten Flagsmasher und reiße ihm das Gewehr aus der Hand. Ich treffe den anderen Schützen in den Arm und er lässt ebenfalls seine Waffe fallen. Gerade als ich mir den Mann vor mir vorknöpfen möchte, stürmt der Hühne mit Serum an und sein volles Gewicht zerquetscht meine linke Seite. Hart komme ich auf dem Boden aus, das Gewehr schlittert einige Meter weiter.

Sofort ist der Riese wieder über mir und tritt mir die Luft aus der Lunge. Mein Herz rast und mein Atem kommt nur langsam und stoßweise. Schließlich schaffe ich es, seinen Fuß mit meinem Metallarm zu packen und reiße den Mann zu Boden. Meine Hand landet an seiner Schläfe und ich entwende ihm geschickt die Pistole. Ich ziele auf sein Gesicht, doch etwas hält mich zurück.

Es sind Sams Worte, aber auch Allisons. Und zum ersten Mal glaube ich sie. Es sind meine eigenen. Ich muss das nicht als Winter Soldier tun, der bin ich nicht, er ist tot. Ich werde das als Bucky fucking Barnes zuende bringen.

Und obwohl pure Wut durch meine Adern rast und der Mann vor mir auf dem Boden definitiv die Absicht hat, mich zu töten, weiß ich, dass ich ihn nicht töten will. Ich verstehe ihn, so wie Sam es tut.

Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass der andere, der noch einen intakten Arm hat, inzwischen fast bei seinem Sturmgewehr angekommen ist. Ich schlag dem Hühnen unter mir mit der Pistole heftig gegen den Schädel, in der Hoffnung, dass ihn dies eine Weile außer Gefecht setzt und mit dem Schild in der Hand springe ich vor Sams reglosen Körper am Boden um ihn zu schützen.

Der Mann mit dem Gewehr stößt einen verzweifelten Kampfschrei aus und lässt es Kugeln auf den Schild hageln, doch ich bleibe unbewegt vor Sam und warte einfach.

Plötzlich wird es still, das Magazin ist leer. Ich nehme den Schild herunter und betrachte den jämmerlichen Rest der Flagsmashers.

"Legt die Waffen weg. So gewinnt ihr diesen Krieg nicht. So sterbt ihr nur einer nach dem anderen."

Stumm zeige ich auf den Hühnen am Boden. Dass er nicht wirklich tot ist, müssen sie ja nicht wissen.

Verunsichert sehen sie sich an.

"Aber dann war alles umsonst. Karli hat sich umsonst geopfert."

"Ihr seid zu weit gegangen, und dafür werdet ihr auch bezahlen. Karli war verloren ab dem Moment, in dem sie Unschuldige bedroht hat, doch das heißt nicht, dass es vorbei ist. Ihr wurdet gehört. Von Sam, von mir, von guten Menschen. Es gibt andere, effektivere Wege, Veränderung zu bewirken, als Gewalt. Überlegt mal was ihr hier tut! Einen unschludigen, gutherzigen Mann töten, der noch dazu auf eurer Seite ist! Ist das die Botschaft, die ihr senden wollt? Ist das etwas, mit dem ihr leben könnt?"

Das scheint sie zu überzeugen. Und während ich in der Ferne die Sirene der Kavallerie sich nähern höre, schnalle ich mit den Schild auf den Schild auf den Rücken und knie mich neben Sam. Vorsichtig schreichen meine Finger über sein Kinn, dann schiebe ich meine Arme unter seinen Körper und hebe ihn mühelos hoch. Ich trage ihn gerade aus dem Raum als die Polizei hineinstürmt.

Winterfalcon - wie du mir; so ich dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt