Teil 4 [Part 1]

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Teil 4


Schwarzes Haar glitt an seinen Schultern hinab und landete auf dem Boden. Kyungsoo hielt den Blick starr geradeaus gerichtet, während er im Spiegel dabei zusah, wie der ältere Mann mit regloser Miene und einer silbernen Schere über ihm hantierte. Nicht weit hinter ihm saß Sehun auf einem Stuhl und blätterte mit überkreuzten Beinen in einem Magazin, auf dessen Vorderseite eine vollbusige, blonde Hollywood-Schauspielerin prangte. Kyungsoo hatte ihn selten so gelangweilt gesehen, aber das bedeutete nichts.

„Du siehst noch ziemlich jung aus", sagte der Friseur und legte die Schere auf den Servierwagen neben seinem Stuhl ab. „Jünger als die meisten, die sich für den Militärdienst melden."

„Ich habe gerade die Schule beendet."

„Ah." Er zog das Kabel des Rasiergeräts stramm und schaltete es ein. Das Summen des Motors wurde lauter, als er ihn an Kyungsoos Schädel ansetzte. „Du hast also nicht vor, dich erst in einer Uni einzuschreiben?"

„Nein, erst danach." Kyungsoo hatte zu lange darauf gewartet zu gehen, als dass er nun noch länger zögern würde. Unter dem schwarzen Kittel trug Kyungsoo noch immer die Schuluniform, die er bei der heutigen Zeremonie zum letzten Mal getragen hatte. Sein Zeugnis steckte in dem Rucksack, der an Sehuns Stuhl lehnte.

„Wahrscheinlich ist es besser so. Mein Neffe ist 28 und hat sich bis heute vor seinem Dienst gedrückt. Die jungen Menschen von heute sollten erst ihren Pflichten gegenüber ihrem Land nachkommen, bevor sie sich über andere Dinge den Kopf zerbrechen. Je früher man zurückkehrt, desto eher kann man seine Karriere beginnen. Das war schon immer meine Devise." Kyungsoo widersprach nicht, auch wenn er andere Gründe hatte, weswegen er entschieden hatte, sich gleich nach seinem Schulabschluss als Soldat zu verpflichten. „Wo hat man dich eingeschrieben?"

„Nonsan", antwortete Kyungsoo. „In Chungcheongnam-do."

Der Mann brummte in Zustimmung. „Das Schlimmste an dem Tag deiner Einschreibung sind die Tränen deiner Eltern. Der Rest wird ganz natürlich ablaufen."

Kyungsoo sah dabei zu, wie der Mann ihm das Haar vom Kopf rasierte und war erleichtert darüber, dass er sich diesem Problem nicht stellen müsste.

*🧩*

Die Sonne prallte mitleidslos auf sie hinunter, als sie sich der Schar von Familien anschlossen. Gestern hatte Kyungsoo seine letzten Habseligkeiten aus dem Zimmer entfernt, dass er sich mit Junmyeon geteilt hatte und in Kisten im Keller der Kims gelagert. Als Kyungsoo sich mit Herr und Frau Kim bezüglich seiner Zukunftspläne abgesprochen hatte, hatten sie – wie so oft – aufmerksam zugehört, gefragt, ob er dies wirklich für den richtigen Weg befand und dann alles akzeptiert.

Kyungsoo hätte sich keine besseren Pflegeeltern für die vergangenen zwei Jahre vorstellen können. „Bist du nervös?", fragte Junmyeon. „Noch kannst du umdrehen und dich zu einem späteren Zeitpunkt melden."

„Dafür ist es zu spät", erwiderte Kyungsoo. Er hatte die Kims davon überzeugen können, dass er keine Verabschiedung für den heutigen Tag brauchte. Für Junmyeon, Yura und Sehun galt sein Wort allerdings nicht.

„Bist du dir sicher, es war die richtige Entscheidung, deinem Stiefvater nichts davon zu erzählen, Kyungsoo? Er wird sich Sorgen machen und—"

„Ich schicke ihm gleich nächste Woche einen Brief. Er wird es mir nicht verübeln." Das tat Hansun letztlich nie. Auch nicht, als Kyungsoo ihm keine Einladung zu seinem Schulabschluss zukommen ließ... Oder nachdem er aufgehört hatte, sich einmal in der Woche mit ihm zu treffen.

„Vielleicht ist das ein großer Fehler", murmelte Junmyeon.

„Du bist nur angespannt, weil Kyungsoo seinen Militärdienst vor dir erledigen wird", sagte Yura und drückte Junmyeons Arm. „Mach dir keine Gedanken."

Die vier Seiten eines PuzzleteilsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt