3. Fenster

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Immer mehr Trännen liefen über mein Gesicht, während ich das Fenster öffnete und über einen Stuhl auf das Fensterbrett stieg und mich hinsetzte.

Seit fast einer Stunde klingelte mein Handy ununterbrochen, doch ich ignorierte es und ließ jeglicher Trauer freien Lauf.

Es fühlte sich an als hätte jemand mir das Herz aus der Brust gerissen und ist nochmal extra darauf herum getreten, nur um mir noch mehr Schmerzen zuzufügen.

Niemals hätte ich gedacht das er mir sowas antun könnte und doch hab ich mich maßlos ihn im geirrt.
Er war die letzte Person von der ich gedacht hätte, dass sie mich so stark verletzten könnte und das ganz allein mit einem einzigen Foto.

Eine meiner Freundinnen hat mir vor einer Stunde ein Foto geschickt, auf dem man eindeutig erkennen kann, wie mein Freund, Emilie, das beliebteste Mädchen der Schule küsst.

Wir sind jetzt seit fast zwei Jahren zusammen und haben gemeinsam so viel durchgestanden. Er war derjenige der mir aus meinen starken Depressionen und den vielen suizid Gedanken half und mir wieder zeigte, wie schön das Leben eigentlich sein kann.

Und doch sitze ich nun hier, falle wieder in dieses tiefe dunkle Loch der Verzweiflung und kann an nichts anderes mehr denken, als daran, wie dumm und naiv ich doch eigentlich die ganze Zeit über gewesen war. Diese ganze Beziehung war also eine glatte Lüge auf die ich herein gefallen bin. Zu glauben er würde mich tatsächlich lieben. Ach wie dämlich ich mir jetzt vorkomme.

Gleich nachdem ich dieses Bild gesehen habe, schrieb ich ihm das es aus sei und ich ihn nie wieder sehen will. Sein wunderschönes Gesicht und diese perfekte Ausstrahlung würde ich nicht lange ertragen können ohne wieder zusammen zu brechnen. Es war also kein Wunder das selbst das beliebteste Mädchen der Schule anscheinend gefallen an ihm gefunden hat. Ich hätte aber nie daran gedacht, dass auch er Interesse an Emilie hätte. Ständig hat er mir gesagt er würde sich nur für mich interessieren, nur mich lieben. Aber das war dann wohl auch eine Lüge.

Seit dem bekamm ich haufenweise Nachrichten und Anrufe von ihm, in denen er sich entschuldigt und mich darum bat das alles zu erklären. Ich wollte mir aber seine ganzen weiteren Lügen nicht antun.   'Ich leide schon so genug' dachte ich mir.

Also hab ich das Handy einfach in irgendeine Ecke meines Zimmers geschmissen und mich auf mein Fensterbrett gesetzt.

Die frische Luft tat gut und ich bekam endlich ein wenig besser Luft. Doch das beklemmende Gefühl in meiner Brust blieb immer noch vorhanden und zog mich immer weiter Richtung Abgrund, in den ich wieder drohte hinunter zu stürzen. Aber ich war mir sicher, dass mich dieses mal keiner mehr hinauf ziehen würde. So wie er es einst getan hat.

Immer noch total verheult, schaute ich Richtung Boden und dachte nach langer Zeit zum ersten mal wieder darüber nach, ob es nicht einfach besser wäre, dort hinunter zu springen und alles zu beenden.

Denn nur weil ich die Dunkelheit in mir schon einmal besiegt hatte, heißt das nicht, dass ich sie auch ein zweites mal besiegen kann. Und ich bin mir da ziemlich sicher. Allein schaffe ich das niemals und jetzt ist auch er nicht mehr da um mir zu helfen.

Wieso also nicht einfach springen und alles beenden?

Ein ernergisches klopfen an meiner Tür riss mich aus meinen Gedanken. Ein Glück das ich sie abgeschlossen habe.

" y/n mach verdammt nochmal die Tür auf !!"

Da war sie. Die Stimme die mir soviele Lügen aufgetischt hat, die ich sogar tatsächlich geglaubt habe.
Immer noch hämmerte er gegen die Tür, doch ich weigerte mich, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen oder auch nur einen laut von mir zu geben.

"Ich weiß das du da drin bist, also mach bitte die Tür auf! Ich will dir das doch nur erklären, du verstehst das alles total falsch!" mittlerweile klang er ziemlich verzweifelt und auch seine aggressiven Schläge gegen die Tür haben aufgehört.

"Lass mich einfach in Ruhe" erlangen die leisen Wörter aus meinem Mund, bevor ich sie hätte aufhalten können. Obwohl ich dennoch so leise gesprochen habe, bin ich mir sicher das er sie auf der anderen Seite der Tür hören konnte. Zur Antwort bekam ich nämlich ein verzweifeltes schluchzen, dass mir ganz genau zeigte, dass auch er anfing zu weinen.

"Bitte hör mir einfach zu, wenn du schon diese verfickte Tür nicht aufmachen willst." vernahm ich nach einigen Minuten des Schweigens seine gebrochene Stimme.

"Es war alles ganz anders als du vielleicht dachtest. Ich hab gesehen wie Emilie mit deiner Freundin in der Schule geredet hat.  Später ist Emilie dann zu mir gekommen und hat mich einfach geküsst. Natürlich hab ich sie sofort von mir weggedrückt, aber es war schon zu spät und deine Freundin hat ein Foto davon gemacht und dir geschickt. Wirklich ich hab noch versucht sie davon abzuhalten aber sie meinte du hättest es verdient. Als du dann geschrieben hast, das du schluss machen willst, hab ich dir so oft geschrieben um dir das zu erklären aber du hast mich einfach ignoriert. Als du nach eine realen Stunde dann immer rnoch nicht geantwortet hast, hab ich mich sofort auf den weg zu dir gemacht. Verdammt ich hab mir sorgen gemacht, dass du dich vielleicht umgebracht oder dir irgendwas zugefügt hast. Ich will dich nicht verlieren, also bitte, bitte mach die Tür auf und wir finden eine Lösung. Ich liebe dich doch! " Zum Ende hin hörte man deutlich wie stark er sich zusammen reißen musste um nicht sofort in Tränen auszubrechen und mir erging es genauso. Während er gesprochen hat, hab ich mich so rumgedreht das ich genau auf die Tür schauen konnte. Wahrscheinlich tat ich es nur um eventuell durch diese tür zu starren, um ihn ansehen zu können. Um herauszufinden finden ob es ihm tatsächlich so leid tut wie er sagt.

Ich wusste nicht ob es die Verzweiflung oder die Ehrlichkeit in seiner Stimme war, die mich dazu brachte ihm erstmal zu glauben und vom Fensterbrett aufzustehen. Vorsichtig ging ich also auf die Tür zu, drehte den Schlüssel im Schloss rum und setzte mich auf mein Bett.

Augenblicklich wurde die Tür geöffnet und er kam langsam in mein Zimmer herein.
Seine vom weinen geröteten Augen strahlten mir entgegen und die Tränen in seinen Augen sah ich bis hier herüber. So traurig wie er mich ansah, konnte ich ihm nun ganz verzeihen.

Vorsichtig stand ich auf, ging auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. Ich wusste das wir das gerade beide brauchten. Sofort schlang er seine Arme um mich und vergrub sein Gesicht in meinem Nacken.

Wieder liefen mir Tränen über die Wange, weil ich das alles noch nicht wirklich verarbeitet hatte, aber ich wusste wir beide stehen auch diese Situation durch.

Denn wir liebten uns auch immernoch und das sollte am besten für immer so sein.

 One Shot BookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt