Es sollte zwei Monate dauern, bis Dean erneut in sein Leben trat.
Sam hatte Frühschicht an einem Sonntagmorgen, was bedeutete, dass der Großteil der Gäste um diese Uhrzeit aus wortkargen, übermüdeten Truckern bestand. Als die Tür aufging und Sam mit einem fröhlichen „Guten Morgen!" begrüßt wurde, war dies eine willkommene Abwechslung – und als er sich zu dem Neuankömmling herumdrehte und ihn wiedererkannte, machte sein Herz einen kurzen Sprung.
„Dean!", rief er erfreut aus, bevor er eine Tasse aus dem Regal nahm und Kaffee hineingoss. „Schon zurück? Sag nicht, du hast mich vermisst."
Dean lachte auf und setzte sich an den Tresen. „Träum weiter, Sam."
„Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt", erwiderte Sam gutgelaunt und schob die Kaffeetasse über den Tresen zu dem anderen Mann hinüber.
„Schwarz, richtig?", fragte er.
Dean sah ihn überrascht an, nahm die Tasse aber mit einem dankbaren Nicken an sich.
„Das hast du dir gemerkt?"
„Nein", sagte Sam zwinkernd. „Ich kann Gedanken lesen."
Dean musterte ihn für einen Moment aufmerksam von Kopf bis Fuß, doch was er auch suchte, er schien es nicht zu finden, und seine Körperhaltung entspannte sich schnell wieder.
„Ich hoffe doch nicht", entgegnete er und ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen, als er einen Schluck von dem heißen Kaffee trank, „ich müsste dich sonst töten."
„... was?" Sam blinzelte überrumpelt. Er musste sich eben verhört haben.
Seine verwirrte Miene entlockte Dean jedoch nur ein amüsiertes Schnauben.
„Vergiss es", meinte er.
Dann wanderte sein Blick hoch zur Schiefertafel über dem Tresen, auf dem das tägliche Angebot stand, und Sam fiel dabei auf, wie lang und dicht seine Wimpern waren.
„Ich nehme einmal das Trucker-Frühstück", teilte Dean ihm schließlich mit und Sam riss seinen Blick wieder von ihm los.
„Kommt sofort!"
Er gab die Bestellung an die Küche weiter und ging dann mit der Kaffeekanne durch das Diner, um den restlichen Gästen Kaffee nachzuschenken.
„Was führt dich zurück nach Sioux Falls?", fragte er Dean, nachdem er hinter den Tresen zurückgekehrt war und neuen Kaffee aufgesetzt hatte.
„Die Arbeit", entgegnete Dean nur auf seine übliche, frustrierend mysteriöse Art und schenkte Sam ein Lächeln.
Dann zog er eine zusammengerollte, leicht zerknitterte Tageszeitung aus seiner Jacke hervor und breitete sie vor sich auf dem Tresen aus. Während er las, begrüßte Sam zwei neue Gäste und nahm ihre Bestellungen auf und kassierte einen weiteren ab, bevor er dessen Tisch abräumte und das Geschirr in die Küche brachte.
Als er damit fertig war, schielte er zu dem Artikel hinüber, in den Dean gerade vertieft war. Er schauderte kurz, als er das Bild von der grausig zugerichteten Leiche sah, die man wenige Tage zuvor in Sioux Falls gefunden hatte.
„Die Polizei geht von einem Ritualmord aus", meinte er nach einer Weile. „Aber ich denke, es war etwas anderes."
Dean hob den Blick von der Zeitung und sah ihn interessiert an.
„Ist das so", sagte er. „Was glaubst du dann?"
Sam zuckte mit den Schultern.
„Ich habe Wunden wie diese schon an Tierkadavern in den Wäldern der Umgebung gesehen", erwiderte er. „Sie sehen mehr nach den Bissen eines Raubtiers aus, als nach etwas, was ein Mensch getan haben könnte. Vielleicht ein Puma oder ein Wolf oder so."
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Wayward Son | (Dean x Sam)
ФанфикDas Leben des 17-jährigen Sam Wesson ist zwischen Schule, Nebenjob und der Vorbereitung auf die Universität eher eintönig - bis er eines Abends einem gutaussehenden Fremden begegnet, der ihm die Augen für eine Welt öffnet, von deren Existenz Sam nie...