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"Sieben." Das zarte Flüstern einer weiblichen Stimme, unterbrach meine Konzentration, die darauf gerichtet war, sich nicht zu übergeben. Meine Finger bohrten sich in den Sitz unter mir, in der Hoffnung das hin und her Gerüttel ein wenig zu dämmen, so wie es schon einige vor mir taten, zumindest den bereits vorhandenen Einkerbungen, die sich ertasten ließen, nach zu urteilen. Meine Augen waren auf dem grauen metallischen Boden gerichtet, der es eilig hatte, frisch aus der Fabrik hier eingebaut zu werden. Die Verschweiß Nähten an Schrauben und Kanten sahen motivationslos erzeugt worden aus, man gab sich allgemein keine Mühe das Innenleben des Transporters zu verschönen. Genauso grau und unschön zusammen geschweißt sah die Wand hinter dem jungen Mädchen aus, dass ich nun ansah. Sie war etwa in meinem Alter, vierzehn, vielleicht aber auch fünfzehn. Ihr braun gewelltes Haar lag ihr ungemacht über den Schultern und ihre blauen Augen musterten mich so intensiv, dass ich mich komplett entblößt fühlte. So wie sie aussah, musste ich mir vorstellen, wie sie mitten aus dem Schlaf von mindestens drei Polizisten gerissen wurde. Gefesselt und geknebelt ohne die Zeit sich fertig zu machen, wurde sie hier reingebracht und verschleppt. Würden wir Orange Overalls mit einer Zahlenfolge auf der Brust tragen, die Hände zusammen in Schellen gelegt so wie auch die Füße, wäre das vermutlich auch richtig. Doch ich wusste es besser, sie saß freiwillig hier drinnen, so wie ein anderes Mädchen, zwei Jungs und meine Wenigkeit. 
"Bitte?" Fragte ich. Nachdem das mein erstes Wort nach etwa drei Stunden war, klang meine Stimme ziemlich eingerostet und meine Tonlage vermutlich genervter als beabsichtigt. Sollte dies der Fall gewesen sein, ließ sie sich aber nichts anmerken, da sie unbeeindruckt weiter lächelte, als müsste sie jemanden beruhigen... mich beruhigen. 
"Nur noch sieben Minuten, dann sind wir da. Übergebe dich also bitte nicht." Sie bekam es mit? Ich hätte wetten können, dass sie wie jeder andere hier, mehr mit sich selbst beschäftigt war, als auf die anderen zu achten.
"Woher weißt du das?"
"Deine Haut ist sehr blass, wobei du generell helle Haut hast. Auf deiner Stirn bilden sich Schweißperlen und deine Atmung..."
"Woher weißt du, dass es nur noch sieben Minuten sind?" Unterbrach ich sie und nahm damit ihr die Möglichkeit, mit ihrem Wissen zu prahlen. Dabei war dies keine Kunst, ich gehörte sowieso zu den Menschen, denen es anzusehen war, wenn es ihnen nicht gut ging.
"Oh... Da." Ihr viel zu dünner Finger war stur auf mich gerichtet, verwirrt zeigte ich auf mich, doch sie schüttelte nur den Kopf. 
"Hinter dir." Dies kam nicht von dem Mädchen. Ein Junge, der neben ihr saß und wirkte, als hätten ihn diese zwei Worte jegliche Überfindungen gekostet, sah direkt weg, als sich unsere Blicke trafen. Aber wie das Mädchen hielt auch er sein Finger hoch, auf mich gerichtet. Zögerlich drehte ich mein Kopf von ihnen ab und sah raus, aus einem schmalen Fenster, nicht viel breiter, als ich es war, was nichts zu bedeuten hatte.
"War es schon die ganze Zeit da?" Fragte ich, als hätten sie Schuld daran, dass ich nicht bemerkt hatte, wie ich die ganze Zeit vor der einzigen Verbindung nach draußen saß. 
"Naja, du hattest dich direkt hingesetzt, ohne uns anzusehen oder was zu sagen. Es schien nicht so, als würde es dich interessieren." Mit der Erklärung des Mädchens sah auch der weitere Junge links und das zweite Mädchen rechts neben mir aus dem Fenster. Ob es ihnen ebenfalls jetzt erst auffiel oder ob sie sich endlich trauten raus zu sehen, mochte ich aber nicht sagen. Ich sah gerade wie wir durch das Tor einer viel zu massiven und hohen Steinmauer fuhren. Plötzlich kam mir wieder das Bild, des abgeführten Mädchens vor mir aus meiner Fantasie hervor. Alles wirkte vom aussehen, als wären wir gerade auf den Weg in die JVA... wüsste ich es nicht besser. Solange ich die Chance auf ein Leben bekam, mit einer guten Schulbildung, einem Abschluss eines Eliten-Internats, nahm ich jegliche Mauern im kauf. Aus der Ferne ragte das Dach eines alten Gebäudes durch das Dickicht des Waldes, Empor. Zwei vielleicht drei Stockwerke hoch. Mit dem sich näherten Ziel, stieg meine Nervosität. Bisher hatte ich solche Schulen nur im Fernsehen gesehen. Ein sammel Platz für reichen Schnösel, von denen sich jeder für etwas Besseres hielt. Solch ein Ort, um den ich unter anderen Umständen einen großen Bogen gemacht hätte und definitiv nicht reinpasste. Doch was wäre die alternative gewesen? Weiter Dokumente fälschen und hoffen, dass ich länger als zwei Monate meinen Arbeitsplatz behalten konnte, eher aufflog, dass ich noch zu jung war? Mich in Gangs aufhalten, mit denen wir andere bestahlen, Drogen auf Schulen verkauften, die ich mir selbst nicht leisten konnte zu besuchen? Wie viele Kioske und Tankstellen hätte ich noch überfallen können, bevor ich geschnappt worden wäre? Kurz stockte mir der Atem. Was, wenn ich ausgetrickst wurde? Wenn der Brief, mit dem Förderungsprogramm gefälscht war, so wie die Internetseite? Das Bewerbungsgespräch und die ausfüllbare Dokumente ein einziger Schauspiel waren? Doch ich entspannte mich schnell wieder. Abgesehen davon, dass selbst ein Leben im Gefängnis sicher angenehmer wäre, wieso sollte man so einen Aufwand betreiben nur, um einen vierzehn jährigen Jungen zu schnappen? Das ergab kein Sinn und damit war meine Sorge auch schon wieder weg bevor sie weiter wachsen konnte. Die restlichen Minuten wand ich mein Blick nicht mehr aus dem Fenster, auch wenn das Schaukeln im Inneren mir weiterhin auf dem Magen schlug und der Gürtel mir in den Hals schnitt. Vor dem Gebäude angekommen, hielt der Transporter und die hintere Tür zu uns wurde geöffnet. Mit einem breiten, fast schon mütterlichen Lächeln, kam Ms Vaughn, die mich seit meinem Anruf auf den Brief, bis hier hin begleitet hatte. So wie sie vermutlich auch die anderen betreute. Das oder sie hatte sich, kurz vor der Abfahrt, Namen und Gesichter aus den Akten gemerkt. Nacheinander verließen wir, bepackt mit jeweils einem Rucksack, den Transporter und sie gab uns einen Umschlag in die Hände. "Mr Jackson... Ms Nobles... Mr Jeon... Mr Min... Ms Paterson... " Sie wartete, als müsse, da noch jemand rauskommen, aber ihre Hände hielten keinen weiteren Umschlag parat und es war auch keiner mehr im Auto und so schloss sie die Türen wieder. Wir sahen sie Erwartungsvoll an, doch Ms Vaughn rührte sich nicht, stattdessen begann sie zu sprechen. 
"Geben Sie den Umschlag demjenigen, der ihre Einführung vornimmt, dies sollte Becky sein. Viel Vergnügen, ich glaube, Sie werden sich auf der Maxfield gut machen." Ms Vaughn sah uns weiter freundlich an, als wolle sie sichergehen, dass wir reingingen, doch keiner rührte sich. 
"Kommen Sie nicht mit rein?" Meldete sich jenes Mädchen zu Wort, das ich als Paterson raushörte. 
"Ich fürchte nicht. Ich habe heute noch viel zu tun. Wenn ich mit hineingehe, komme ich doch wieder mit allen ins Gespräch, und dann komme ich hier nie mehr weg." Erklärte Ms Vaughn, was für mich viel mehr wie abgelesen klang. Dennoch stieß sie damit auf Verständnis. Der Junge, mit dem Nachnamen Jackson, war der erste der sich verabschiedete und sich zum Schulgebäude wand, erst dann folgten wir anderen. Am Ende der Eingangstreppe standen wir vor einer massiven Tür, in der Wörter eingeritzt wurden. Ich musste ein wenig schmunzel, da es mich an jene Türen, Fenster und Mauern der staatlichen Schulen erinnerten, die mit Graffiti nur so überseht waren. Offensichtlich hielt auch eine Elite Schule nicht den reichen Kidz stand, allerdings waren sie Zivilisiert genug um auf kraftausdrücke und Penis Zeichnungen zu verzichten, daher waren Wörter wie ,,Renn!,, oder ,,Scheiß Schule,, noch echt harmlos, beinahe niedlich. 
"Ich glaube, da ist gerade ein Stuhl am Fenster vorbeigeflogen." Das Mädchen, was vor mir saß, mit dem Nachnamen Nobles zeigte hoch und wieder einmal folgte ihr mein Blick. Ein fliegender Stuhl war da noch das unauffälligste. Mehrere Schüler standen alleine oder zu zweit an den Fenstern, schrien irgendwas, klopften, was man nur hören konnte, wenn man es wusste, ein rothaariges Mädchen hielt ein Schild hoch auf dem Vs drauf stand. Ohne zu wissen, was dies zu bedeuten hatte, ging ich zwei der Stufen runter um einen besseren überblick zu bekommen. Die Schule hatte drei Stockwerke und sah nun näher betrachtet, gar nicht so toll aus, eher alt. Angestrengt versuchte ich zu verstehen, was sie versuchten zu sagen aber es drang nichts hindurch, es war auch schwer anhand ihrer Gestiken zu deuten, was ihre Absichten waren, dass sie aber Aufgeregt wirkten war offensichtlich. 
"Die Tür lässt sich nicht öffnen." Sprach Jackson. Als hätte das Gebäude ein Eigenleben und hätte ihn gehört, erklang ein Summen und klicken, darauf öffnete sich die Tür und ein Mädchen kam zum vorschein. Mit perfekt gemachter Frisur, einem aufwendigen Makeup und einem noch aufwendigeren Lächeln, welches so gekünstelt aussah wie ihre Fingernägel. Plötzlich flog sie förmlich auf die andere Seite des Türrahmens und zwei Jungs kamen rausgerannt, kurz blieben sie stehen und sahen uns an. 
"So viele?"
"Egal man, los schnell." Sie drängelten sich an uns vorbei während wir versuchten auszuweichen. Am Ende der Treppe blieb einer von ihnen stehen und drehte sich nochmal um. 
"Ihr könnt nur euch vertrauen. Am allerwenigsten Namjoon und Oakland." Damit drehte er sich um und folgte seinen Kumpel zum Rande des Waldes in denen sie verschwanden und uns irritiert hinter sich ließen. 
"Was war das denn?" Fragte Paterson und ich drehte mich zurück zur Tür, in der das Mädchen von eben wieder auftauchte. Bis darauf, dass sie sich an den Haaren zupfte, ließ sie sich nichts von dem Übergriff eben anmerken, beinahe so, als würde so etwas öfters passieren. Ihr falsches Grinsen blieb komplett unberührt.
"Willkommen auf der Maxfield Academie, ihr seid Wallace, Maria, Jungkook, Lillian und Yoongi richtig? Ich bin Becky und zuständig für eure Einführung."
Sie war für unsere Einführung zuständig? Becky war kaum älter als ich, das war doch ein schlechter Witz, oder? Wäre ich alleine gewesen, hätte ich sicher auch was dazu gesagt aber da keiner der anderen darauf einging, blieb ich lieber still. Bevor ich ebenfalls das Gebäude betrat, sah ich noch einmal zum Wald. 
"Mach dir darum keine Gedanken, sie kommen schon wieder. Das tun sie immer." Vermutlich sollten mich Beckys Worte beruhigen, doch mit ihrem zusätzlichen Grinsen erreichte sie eher das Gegenteil. Dennoch nickte ich und suchte wieder den Anschluss.

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Oh yes, eine neue Fanfiction. Das besondere an ihr? Sie ist eine 2 in 1 Fanfiction. Nach dem Buch ,,Du kannst keinem trauen,, konnte ich einfach nichts anders, so begeistert war ich davon und ich sah einfach zu viel Potential für die Zeit davor. Jedenfalls kann ich versprechen, es wird einfach... Booom, bis zum Ende hin. Die Kapitel werden hier etwas länger sein, als bei den meisten anderen meiner Geschichten.
Nun, ich hoffe das erste Kapitel hat euch gefallen und das ihr direkt auf die nächsten geht.

Wir kämpfen alleine ʸᵒᵒⁿᵍⁱWo Geschichten leben. Entdecke jetzt