(1) - Aussicht.

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Ich spüre es, wie der Wind an meinen Ohren vorbeizieht. Diese können dieses schrille Pfeifen hören, während er durch die verschiedensten Gänge und gegen alle möglichen Hindernisse zischt.

Er ist so stark.

Ungehindert stark.

Hier auf dem Dach des Wolkenkratzers.

Mein Blick fällt in die Tiefe. Sie wäre mein Ende. Die Befreiung nach welcher ich mich reckend schon lange sehne.

Erst gestern kam ein neuer Grund hinzu. Diese Lüge, dieses Spiel von Gefühlen, ich weiß schon, weswegen ich mich noch nie verliebt habe. Wenn selbst Freundschaft mein Leben zur Hölle macht und mein Herz in die Brühe aller höllisch möglichen Schmerzen schmeißt. Wie soll es bitte bei Liebe sein?

Ich spüre wie sich dieses noch aktiv schlagende Teil in meiner Brust zusammenzieht. Wie ich es hasse am Leben zu sein. Nur Leid. Und als ob dies noch nicht Krampf genug wäre, denkt sich dieses Geschöpf von Freund mich auszunutzen zu können..

Auf eine Art und Weise, die ich nie so schmerzlich eingeschätzt hätte. Es ist mir doch egal. Ob er nun mein Geld hat und sich finanziell damit ergötzt. Hätte ich mich nicht eher für ihn freuen sollen, dass sein Liebesleben plötzlich so hervorragend gut läuft? Ich hätte ihn bestimmt nicht anschreien dürfen. Ihm eher sagen müssen, was für Schwindel in sein Ohr eingenistet von dieser geldsüchtigen Frau verpflanzt wurden.

Das hab ich wohl vergessen. Aber der vertraut mir nicht mehr.

Die Zeit selbst und ihr bestimmender Verlauf des der Realität belegten Schicksals, wird es ihm schon zeigen. Die Frau liebt ihn nicht. Sie will nur sein Geld. Mein Geld. Welches er seit gestern nicht mehr bekommt.

Ich sollte die Nachrichten verflogen, vielleicht baumelt demnächst ein Körper von der Decke, während Schlingen um seinen Hals gelegen eine selbst gebundene Schlaufe darstellen. Obwohl. Diese Frau. Sie würde ihm beim Binden seines eigenen Todes wohl helfen. Immerhin ist ihr dieses Geschöpf eines Mannes egal. Das Geld zählt. Mein Geld.

Aus diesen Gedanken gerissen, strömt erneut ein kräftiger Zug des stürmischen Windes gegen mich. Schmeißt das eigentlich wohl gestylte Haar auf meinem Haupt zurück.

Genau deswegen liebe ich nicht.
Geht nicht. Es geht einfach nicht.

Aber die momentan verlaufende Realität betrachtend, könnte ich schmunzelnd einfach nur stolz darauf sein. Dass mein Herz in dieser Gesellschaft noch nicht gebrochen wurde, scheint fast schon einmalig. Ach was denk ich denn da. Dieses Teil in meiner Brust ist ein einzig heiles noch nie angebrochenes Unikat.

Einzig und allein geschwächt ist es. Vom Leben, welches es mir seit 24 Jahren ermöglicht.

Kräftig ausatmend mache ich dem Wind, mit einem Gegenspiel dieser kleinen Masse, nur eingebildete Konkurrenz. Mein wunderbarer Ausstoß ist, bevor er sich wegbewegen könnte, gegen mein Gesicht gequetscht, wieder ein Teil von mir. Nach hinten taumelnd, muss ich einen Schritt zurück machen. Bin einbeinig wieder mehr im Leben, statt auf dem Freiflug des Todes.

Dabei war der Ausblick so schön.
Sterben kann ich auch noch morgen oder nächste Woche.

Erst noch will ich miterleben, was der Verlust von Geld mit dem verlogenen Wrack eines Fehlers meines Lebens anstellt. Sofort schlägt mein Herz schneller und ich verspüre dieses konstant ansteigende Springen des Adrenalins. Wäre der Tod jetzt mein Kick, würde ich noch Anlauf nehmen. Den Sturz genießen. Lasst es mich beschreiben:

Wahrscheinlich würde ich nur die ersten Meter aktiv wachend wahrnehmen, danach würde mir dieser schnell sinkende Höhenspiegel und all diese Luft widerstandliche Kraft, welche durch den heutig aktiven Wind, welcher gegen die Mauern preschend in die Höhe gezwungen wird, noch stärker als sonst ist, das Bewusstsein rauben. Wenn nicht, wäre spätestens der Aufprall, welcher so stark ist, nach der kurzen dennoch dauernden Fallzeit, mein Ende, bevor ich überhaupt Schmerz verspüren könnte.

the (blood) party. | taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt