„Ich kann gar nicht surfen!", erwiderte ich rasch.
Mason kam aus dem Wasser und ich musste mich echt verdammt anstrengen, nicht auf sein ausgeprägtes Sixpack zu starren.
„Warum erzählt Chloe denn sowas?", fragte er, während er sich sein Handtuch schnappte und sich durch die dunklen Haare rubbelte.
„Ich weiß nicht, aber...", setzte ich an, doch ich wurde unterbrochen.
„Sie lügt!", rief Chloe, die erneut auf Nicks Schultern saß und mit ihm zusammen gerade aus dem Meer kam.
Nun schaute Mason mich direkt an. Er hatte ein verwirrtes Gesicht aufgesetzt. Luke legte seinen kühlen Arm um meine Hüfte und zog mich näher zu sich hin.
„Was stimmt denn jetzt?", zuerst schaute er zu Chloe, dann zu mir.
„Sie kann es, hat aber aufgehört", antwortete Chloe, bevor ich etwas sagen konnte.
Meine Miene verfinsterte sich. Offenbar merkte Chloe ihren Fehler selbst, denn plötzlich riss sie die Augen auf und schaute traurig. Es war bei ihr wie der Blitz eingeschlagen.
„Aber ich kann sie gut verstehen und wir sollten ihre Entscheidung respektieren", versuchte sie sich dann raus zu reden.
„Komm, Kylie! Wir gehen jetzt surfen!", sagte Mason plötzlich, sodass ich aus meiner Trauer erwachte und hochschreckte.
„Nein!", demonstrierte ich.
„Was auch immer mit dir und deinem Board vorgefallen ist, es wird sich nicht wiederholen. Ich bin bei dir. Dir kann rein gar nichts passieren. Hast du dir schon mal meine Muskeln angeguckt? Niemand wird sich mit mir anlegen und sonst komme ich sofort und rette dich! Du kannst es doch...", wollte er mich überreden. Bei dem Teil mit den Muskeln verstärkte sich Lukes Griff um meine Hüfte und auch ich musste schlucken. Seine Muskeln waren leider Gottes nicht zu übersehen.
„Aber...", fing ich an, doch Mason trat auf mich zu, packte meine Hand und hiefte mich auf die Beine.
„Kein aber! Wir leihen uns jetzt Boards",sagte er und zog mich hinter sich her. Hilfe suchend drehte ich mich um und sah Luke an, der allerdings nichts besseres zu tun hatte, als sich genüsslich eine fette Erdbeere in den Mund zu schieben.
Jetzt ging es mir wirklich an den Kragen..
Mason zog mich zu einem Surfshop, den ich gut kannte, da ich dort auch mein Board gekauft hatte. Er fragte nach zwei Leihboards und bezahlte sie sofort. Der Verkäufer kam mir zwei einfachen Stücken und drückte uns jeweils eins in die Hand. Danach gingen wir stumm zum Strand runter, während ich allerdings versuchte Morddrohungen an Chloe und ein Testament für meine Eltern im Kopf schon mal zu formulieren. Da der Surfshop direkt am Strand lag, waren wir auch schnell wieder am Meer. Ich legte mein ausgeliehenes Board in den Sand und zog mein klitschnasses Top aus, welches Luke vollgetropft hatte. Meine Badeshorts hatte ich bereits an und das Bikinitop auch, also war ich fertig. Ich hatte tierische Angst, aber ich wusste, dass Mason recht hatte und ich Chloe eigentlich dankbar sein sollte. Ich liebte das Meer und das Surfen und hatte das alles nach dem Unfall aufgegeben. Was sollte mir schon großartig passieren? Mason war da und den Bademeister hatte ich vor kurzem noch beobachtet, da ich eine winzige Angst um meine planschenden Freunde hatte. Er saß ordnungsgemäß auf seinem Hochstuhl und schielte durch sein Fernglas. Außer Chloe hatte mich noch niemand von ihnen Surfen gesehen. Eigentlich war ich auch überhaupt nicht überrascht, dass Mason es konnte. Er sah wie ein typischer Surferboy aus. Es fehlten ihm lediglich die blonden Locken, was mich aber nicht störte. Stopp! Natürlich stört es mich nicht, warum auch?
„Wann warst du das letzte Mal surfen?", fragte mich Mason, als wir gerade etwas raus paddelten und ich versuchte, meine Panik zurück zu halten.
„Ich glaube, letzte Sommerferien..", gab ich wage zurück. Ich wusste es ganz genau. Die letzte Woche vor Schulstart. Niemals wieder war ich Surfen, nicht nach Ellies Tod.
„Das ist gar nicht so lange her", meinte er, was ja auch stimmte. Es war nicht mal ein viertel Jahr her.
„Gut, Kylie. Du weißt ja, wie es funktioniert. Such dir deine Welle!", sagte er nun.
Okay, dann mal schauen...
Ich suchte mir etwas kleinere Wellen zum Anfang. Alles lief super und ich erinnerte mich gut an das freie Gefühl eine Welle zu reiten. Es war unbeschreiblich schön, sodass ich im Nachhinein Chloe wirklich dankbar war, dass sie es Mason erzählt hatte. Ab und zu winkte ich Luke zu und sah, wie er daraufhin grinste. Auch beobachtete ich Mason beim Surfen. Er wirkte wie ein Profi, so leicht nahm er jede Welle. Es war beeindruckend. Nach einiger Zeit fühlte ich mich frei und unendlich glücklich.
„Du bist super!", Mason lag auf seinem Board und paddelte in meine Richtung.
„Das sagst du mir? Du surfst einfach klasse!", entgegnete ich wahrheitsgemäß.
„Ein Kompliment von Kylie Evans! Ist das etwa eine Weltprämiere?", lachte er auf seinen letzten Metern, bevor er genau vor mir zum Stehen kam und sich aufsetzte.
„Ha Ha Ha. Sehr witzig, Mr. Micheals", antwortete ich sarkastisch.
„Die Ironie in ihrer Stimme ist rein gar nicht herauszuhören, Miss Evans", führte er das Spiel weiter.
„Es freut mich sehr, Mr. Micheals", stieg ich mit ein, doch es war einfach zu lustig, wie er nun die Lippen spitzte und den Mund verzog. Um noch einen darauf zu setzen, hob er nun die flache Hand an die Stirn und ließ sich vom Board ins Wasser fallen. Ich konnte mich nicht mehr halten vor Lachen und fiel beinahe auch vom Board. Doch Mason machte mir einen Strich durch die Rechnung und rüttelte an meinem Board. Wahrscheinlich war er darunter getaucht. Als ich immer noch nicht ins Wasser fiel, tauchte er am hinteren Ende meines Boards auf, drückte es unter Wasser, sodass ich nach hinten rutschte und ihm direkt in die Arme fiel. Wir tauchten unter und er zog mich rasch wieder an die Oberfläche. Ich strich mir meine nassen Haare aus dem Gesicht und sprang dann auf seinen Rücken. Leider brachte ihn das nicht ins Wanken, sodass er immer noch stand und ich auf seinem Rücken hing, wie ein nasser Sack. Ich schlug ihm auf die Schulter, was ihm allerdings ebenfalls nicht viel ausmachte.
„Mason! Du bist wie ein Brett!", brachte ich unter Lachen hervor.
Da lachte er laut los und sagte: „Ich weiß!"
Er lud mich auf meinem Board ab und schwamm dann zu seinem, welches bereits etwas weggetrieben war. Zusammen paddelten wir dann zurück zum Strand.
Vollends glücklich ließ ich das Surfboard links liegen und rannte zu Luke. Er hatte die Augen geschlossen, was aussah, als würde er schlafen. Ich stoppte meinen Lauf und tapste leise weiter auf ihn zu. Chloe ahnte wohl, was ich vorhatte und versuchte, nicht laut loszulachen. Ich verringerte den Abstand und schmiss mich klitschnass auf Lukes warmen Körper, der von der Sonne kräftig aufgeheizt wurde. Er schreckte aus seinem Schlaf hoch und starrte mich an.
„Kylie!", rief er nur.
Ich konnte mich vor Lachen nicht mehr halten und auch Chloe nicht. Selbst Nick und Mason, der auch bei uns angekommen war und beide Boards mitgeschleift hatte, lachten.
„Du bist arschkalt!", fügte Luke unter unserem Lachen hinzu.
Als wir uns alle beruhigt hatten, legten wir uns in die Sonne. Ich ließ meine Badesachen trocknen und kuschelte mich an Luke, der immer noch so schön warm war.
„Wann ist überhaupt die Hochzeit?", fragte er nach einiger Zeit leise.
Ohne die Augen zu öffnen, antwortete ich ihm: „ In zwei Wochen. Wir fahren das Wochenende über."
Luke rappelte sich hoch und brachte mich dazu, meine Augen doch noch zu öffnen. Er sah auf mich herab.
„Ich kann dich nicht begleiten."
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One Wave
Novela JuvenilKylie Evans' Leben ist toll. Oder es war toll. Nachdem sie eigentlich alles richtig gemacht hat, will das Schicksal es ihr trotzdem nicht gönnen, ein unbeschwertes Leben zu führen. Verluste und neue Bekanntschaften machen dem schüchternen Mädchen da...