Prolog

88 6 0
                                    


Ich renne hastig durch die Nacht. Meine eiligen Schritte wühlen das halbgetrocknete Laub auf. Mein Blick ist starr, Schweißperlen tropfen mir von der Stirn. Trotz dem ich mich immer weiter von dem brennenden Lagerhaus entferne, ist mir warm. Nein, warm ist kein Ausdruck- mein Kopf ist kurz vorm Platzen, als ich das nicht wirklich gastfreundliche Terrain durchkämme. Ich renne weiter. Ich will... ich kann nicht anhalten. Ich renne drauflos, ohne Ziel. Ich will einfach nur weg- weg von diesem Ort. Mit einem Mal bleibt mein Fuß an einer Wurzel hängen, ich falle zu Boden. Ich pralle mit meinem Kinn voran auf dem harten Waldboden auf. Paradoxerweise beruhigt sich mein Herzschlag genau jetzt wieder, war er doch die ganze letzte Zeit nie wirklich ruhig. Ich atme einmal tief ein. Die kalte und doch angenehme Waldluft belebt gerade zu meine Lunge, welche vermutlich kurz vor dem Kollabieren steht. Ich nehme erneut einen tiefen Zug. Ich merke, wie sich mein Puls zusehends in eine gesunde Richtung hinbewegt. Ich richte mich auf und gucke mich um. Ich sehe nichts anderes als Wald. Ich muss mich irgendwo in einem der Wälder Wiltshires befinden. Zwischen dem Blattwerk sehe ich noch, aus solch weiter Entfernung, das Flackern des Feuers. Es ist beängstigend. Noch vor wenigen Minuten war ich dort, hätte um Haaresbreite mein Leben gelassen. In dem Moment muss ich an die anderen denken. Augenblicklich versagen meine Beine und ich sacke auf die Knie. Ich kann die Tränen nicht aufhalten, welche mir augenblicklich über das Gesicht laufen. Während meiner Flucht war ich zu fokussiert um zu bemerken, dass mir Oscar nicht gefolgt war. Es gab nur eine Richtung, wohin er flüchten konnte, und das war die meinige. Ich realisiere, dass ihm die Flucht nur schwerlich gelungen sein konnte. Ich erinnere mich, an den ohrenbetäubenden Lärm, welcher beim Einstürzen des Gebäudes entstand, kurz nachdem es mir gelungen war, mit letzter Mühe daraus zu entkommen. So sitze ich da, in mich zusammengesackt. Die Tränen kühl auf meinen Wangen, der Schmerz in diesem Moment ist unbeschreiblich. Einige Minuten vergehen. Langsam mischt sich unter das Gefühl der Trauer und der Hilflosigkeit noch ein weiteres. Ein letztendlich noch viel stärkeres: das der Wut. Ich balle intuitiv meine Fäuste. Schlagartig hören die Tränen auf. Meine Gedanken werden immer lauter. Ich merke, wie mein Puls erneut hochschnellt. Mit einem leichten Zittern und noch immer geballten Fäusten rapple ich mich auf. Ich lasse meinen Blick in den Himmel gleiten. Der Wind weht kalt durch meine Haare. Der Vollmond wirft ein gedämmtes Licht auf mich hinab, vom Geäst leicht verdeckt. Mit einem Mal werfe ich meine Fäuste in die Höhe und stoße einen markerschütternden Schrei aus, welcher ungefähr eine halbe Minuten anhält. Ich bin mir sicher, dass man ihn noch Hunderte Meter hören wird. Ich falle erneut auf die Knie. Meine Atmung ist flach. Ich merke wie erschöpft ich doch letztendlich bin und wie sehr jedes einzelne Ringen nach Luft mich immer weiter erschöpft. Es fällt mir schwer, meine Augen offen zu halten, so schwer wie sie von Sekunde zu Sekunde werden. Ich nähere mich immer weiter dem kalten, harten Waldboden. Ich merke, wie mein Bewusstsein immer mehr zu schwinden vermag. Zeitgleich als ich mit dem Kopf auf dem Boden aufkomme, verliere ich mein Bewusstsein komplett und falle in einen bleiernen Schlaf. Vor meinen Augen flackert es allerdings noch immer. Es flackern die Erinnerungen, die Geschichte, meine Erlebnisse, welche mich zu diesem Punkt hingeführt haben. Diese schmerzhaften und zugleich schönen Erinnerungen, welche sich, wie auch immer, zu diesem Tage geformt haben.

Doch beginnen wir... von vorn.

Three PillarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt