siebenundzwanzigster Brief I Entführungen

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"Liebe Elisabeth,

nun habe ich wieder lange nicht geschrieben. Nicht, weil Nichts geschehen ist, sondern weil zu viel geschehen ist.

Layla wurde entführt. Morde, Selbstmorde, Entführungen; wieso immer in den Städten, in welchen ich lebe? Vielleicht wäre es besser, in ein Dorf zu ziehen, in welchem nur ich wohne, dann würden nicht so viele sterben. Wieso ich sterben gesagt habe? Nun, irgendjemand wird diese Entführung nicht überleben, auch wenn ich dabei lieber die Entführer meinen würde. Schade um Layla, sie war so ein zauberhaftes Mädchen. 

Darcy ist schon wieder außer sich, seltsamerweise. Gestern noch hatte er über sie gelästert und heute will er nicht, dass sie stirbt. Als ob man etwas daran ändern könnte. Je früher er sich mit dem Schicksal abfindet, desto besser. Ich für meinen Teil werde mich nicht aufregen, bis ich die Entführer losgeworden bin. Auf welche Art das geschehen wird, weiß ich nicht, doch ich werde es schaffen. Hätte ich mehr Anhaltspunkt als die Aussage, Luise sei von einem riesigen Typen in einem grauen Mantel weggezerrt worden, wäre alles schneller vonstatten gegangen. 

Stell es dir nur vor: Einer unserer Nachbarn hat zugesehen und nichts getan. Am liebsten hätte ich die Angst aus ihm herausgeprügelt, aber Darcy musste mich natürlich abhalten. So sind Engländer aus Städten einfach, sie haben Angst vor allem und jedem. Einfach verabscheuenswert. 

Obwohl es sicherlich zu spät ist, haben unsere Ermittlungen begonnen. Ich weiß nicht, was bei einer Entführung zu tun ist, aber mir schien, als würde Darcy es wissen. Das wundert mich auch nicht sonderlich, bei Morden kennt er sich schließlich auch besser aus als ich, selbst wenn er vermutlich keinen durchgeführt hat. Er wäre als Polizist wirklich geeignet, würde er nicht in jedem Verbrecher etwas Gutes sehen. Allein wie er mich damals nach der Explosion gefunden hatte, war mir monatelang ein Rätsel geblieben, bis er es in seinem Tagebuch aufgeklärt hatte. Offenbar hatte ihm Dorothee gesagt, dass ich gegangen sei, wodurch er sich auf die Suche begeben habe, bis er mich gesehen habe. Wie die Stelle genau lautete, weiß ich nicht mehr, doch eigentlich ist es auch nicht weiter von Belang. 

Übrigens, wir fanden so einiges, aber noch nicht genug. Ich las mir die Tagebücher von Luise durch, da sie diese schlechte Angewohnheit wohl ebenfalls hat. Sie waren unter dem Bett versteckt und damit nicht schwer zu finden. Das Entziffern ist etwas vollkommen anderes, denn diese Geheimschrift ist für mich unmöglich zu lesen. Darcy scheint so etwas zu verstehen, offensichtlich üblich bei Leuten, welche zu viel Zeit in ihrer Kindheit hatten. 

"Die Polizei will nichts tun, bis ich keine Beweise habe. Ich muss das allein machen. So kann das einfach nicht weitergehen. Ich werde nicht zulassen, dass diese illegalen Sachen weiter bei uns verkauft werden. Einer ist schon tot, vielleicht bald andere. Doch was soll ich tun? Mit ihnen reden wird nichts bringen. Ich brauche unbedingt einen Beweis!" 

Das war der letzte Eintrag in ihrem Tagebuch, wie Darcy mir vor wenigen Minuten übersetzt hatte. Ich weiß wirklich nicht, wie das Mädchen sich in solche Probleme bringen kann. Illegale Geschäfte sind immerhin nicht unüblich und solange kein Mord bewiesen werden konnte, waren diese auch unwichtig. Selbst an meinen Universitäten gab es das und solange es nicht meine Studenten betraf, habe ich nicht einmal meine Stimme erhoben. Luise hat einen zu starken Gerechtigkeitssinn, welcher ihr eines Tages noch teuer zu stehen kommen wird, vielleicht schon bald. Und von fehlendem Mut kann man bei mir auch nicht sprechen. Ich hoffe nur ... 

Darcy hat jetzt etwas gefunden.

Ich muss aufhören.

In Liebe 

Dein 

James" 

Darcy hielt James' einen Zettel hin. Sein Gesicht war angespannt, fast verängstigt, da er keine Reaktion voraussehen konnte. James hingegen grinste boshaft. Wer sich mit ihm anlegte, konnte keine Gnade erwarten. Luise war wie seine Elisabeth und wenn sie in Gefahr war, kannte er keine Grenzen mehr. 

 

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