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Überfordert blinzle ich ihn an.

Tue ich das? Bereue ich, mit ihm geschlafen zu haben?

Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Generell bereue ich definitiv nicht, was passiert ist. Es war wundervoll und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, ihn zu sehen, wie er ist. Nur er, ohne manipulatives Verhalten und Beeinflussung.

Und was ich gesehen habe, war überragend schön.

Der Harry, den ich kennenlernen durfte, ist ein unvergleichliches Wesen, aufmerksam, zart und voller Liebe. Er ist hingebungsvoll und umsorgend.

Doch andererseits, war es viel zu früh.

Noch immer kenne ich nur Bruchteile seiner selbst. Jeden Zentimeter seines nackten Körpers, ja. Und seine bedingungslos aufopferungsvolle Art, mit jemandem intim zu werden. Aber nichts weiß ich von dem, was in seiner Seele vor sich geht.

Und das zerfrisst mich noch genauso, wie am Abend zuvor.

"I-Ich-" Nicht mal in die Augen sehen, kann ich ihm. "Du wünscht dir, es wäre nicht passiert, nicht wahr?" Seine Stimme ist leise und ruhig, fast schon zu ruhig für meinen Geschmack. "Es wäre dir lieber, wir hätten nicht-" Aus dem Augenwinkel erblicke ich Niall und Luana, weshalb ich ihm ins Wort falle, bevor er zu viel sagen kann.

"Ich w-war kaum Herr meiner S-Sinne..." stammle ich, weshalb er mich einen Moment mit leicht geöffnetem Mund anblinzelt. Dann fängt er sich wieder, zieht mich am Arm vorsichtig ein wenig zur Seite, damit wir ungestört sind und sagt gefasst "Du hattest zu viel getrunken, richtig."

Obwohl ich weiß, dass er Recht hat, löst dieser erneute Vorwurf in mir eine Wut aus, die mich unwillkürlich Dinge sagen lässt, ohne es verhindern zu können.

"Ich war nicht ich selbst, du-... ich hatte keine Chance, mich gegen dich zu wehren!" werfe ich ihm an den Kopf. Schwer sehe ich ihn schlucken, als er mich anblinzelt. "Ich habe dich nicht-... diesmal nicht beeinflusst." sagt er leise. "D-Doch, ich-... keine Ahnung, was du gemacht hast, aber ich war quasi-..." Überfordert, wie ich gerade bin, sage ich erneut etwas, das mich bloß schützen soll - und ihm dafür umso mehr wehtut.

"Du hast meinen Zustand ausgenutzt!"

Er schüttelt langsam den Kopf. "Ich-... ich habe dich nicht-... du wolltest das, ich... ich weiß, dass du es wolltest..." murmelt er geistesabwesend. "Ich weiß es einfach, okay?!" Ich zucke zusammen, als er plötzlich deutlich lauter spricht und mich direkt ansieht.

Sekundenlang sehen wir uns starr in die Augen, während ich, ähnlich wie gestern Abend, ganz genau die Blicke der anderen Eroda-Bewohner auf uns spüre. Eigentlich will ich mich direkt entschuldigen für das, was ich gerade gesagt habe, ihm sagen, dass ich einfach komplett überfordert bin mit allem und etwas Zeit brauche, um all die Gefühle zu verarbeiten, die mich so durcheinander bringen. Aber jetzt, wo uns alle anstarren, bekomme ich natürlich kein Wort mehr über die Lippen.

Erst als Harrys Mutter neben ihm auftaucht und sanft seinen Arm berührt, ihm etwas ins Ohr flüstert, löst er seinen starren Blick, funkelt sie schnaufend an und ballt die Fäuste so stark, dass seine Sehnen hervortreten.

"Ich kann das so einfach nicht, Mum." knurrt er leise. "Gib nicht auf, mein Liebling, gib Euch doch etwas Zeit..." versucht sie ihm gut zuzureden, lächelt mich dabei aufmunternd an. Auch wenn ich mal wieder nicht verstehe, worum es geht, beruhigt es auch mich auf komische Art und Weise. "Nein, Mama, verdammt! Es bringt alles nichts, weil er ein scheiß Mensch ist, verstehe es doch endlich!" Er blickt kopfschüttelnd zu mir rüber, seine Augen sehen so gebrochen aus.

"Meins will nichts mehr als seins, aber seins...", seine Brust hebt sich schwer auf und ab, als würde er kaum Luft bekommen, "...es spürt einfach nichts."

selfish addiction ⊱°⊰.˖* || L.S. [mpreg]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt