Schweißgebadet riss ich meine Augen auf. Ich bemerkte wie schnell mein Herz schlug und wie sehr ich noch zitterte. Es ist alles gut, es war nur ein scheiß Traum. Ich versuchte mich damit herunterzubekommen und erst jetzt bemerkte ich, dass Luthie ihre Arme um mich gelegt hatte und mich besorgt ansah. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Stacy ebenfalls den Raum betrat. Ich konnte nicht leugnen, dass mich ihre aufdringliche Art sich mit mir anzufreunden aufregte. Ich finde es toll, wenn sich andere gut mit mir verstehen wollen aber doch nicht so. Sie drängt Luthie dauernd in den Hintergrund und sie sah nicht so aus als würde sie sich über Stacys verhalten freuen.
Nachdem ich die beiden anderen davon überzeugt hatte, dass sie mich ruhig eine Runde draußen Spazieren gehen lassen konnten, war ich endlich raus aus dem stickigen Hotelzimmer. Der kalte Wind tat mir gut, ich schaffte es tatsächlich etwas den Kopf leer zu bekommen. Die immer noch hell erleuchteten Straßen Hamburgs schienen endlos und das war mir gerade recht. Ich wollte nicht zurück, nicht jetzt. Als es dann auch noch anfing zu schneien freute ich mich fast darüber. Denn die Kälte, die mich jetzt erreichte, war überall präsent, du konntest ihr einfach nicht entkommen.
Ich fand eine Bar die offen hatte und auch nicht so aussah, als ob nur irgendwelche merkwürdigen Leute sich darin herumtreiben würden. Als ich die Tür öffnete schlug mir warme Luft, schwummriges Licht und der Geruch nach Zigaretten entgegen. Okay vielleicht war der Ort doch nicht soo ruhig und sicher, aber das war mir jetzt egal. Mir war jede Ablenkung recht. Ich setzte mich irgendwo hin und starrte aus dem Fenster. Ich beobachtete die immer dichter werdenden Flocken wie sie langsam auf den Boden schwebten. Die Menschen draußen sahen zufrieden aus. Glückliche Paare, Telefonierende, Kinder die noch um diese Uhrzeit im Schnee herumsprangen und Teenager die trotz der eigentlich vorhanden sein sollenden Reife lachend versuchten gegenseitig die Schneeflocken aus den Haaren zu fischen.
Und zum ersten mal seit langem viel mir auf was ich eigentlich alles an Robbin vermisste. Das Lachen, die ernste, traurige, kindliche, glückliche und irgendwo auch die stille Seite. Ich hatte schon genossen einfach nur vor meinem Handy zu sitzen und einfach zu wissen, dass er da an der anderen Seite der Leitung saß. Mir war es egal was er machte, ob er mit einer anderen Person währenddessen schrieb oder wie ich einfach nur lächelnd und entspannt vor dem Handy oder was auch immer saß. Ich erinnerte mich noch genau daran, wie sehr ich mich über jede Nachricht freute, wie sich immer dieses wahnsinnig glückliche Lächeln auftat, wenn ich auch nur seinen Namen sah. Und zum ersten Mal bemerkte ich, dass er mir schon immer mehr bedeutet hatte als ich zugeben wollte. Wie mein Herz zu rasen begann, wenn ich auch nur an ihn dachte. Ich machte mir das erste Mal Gedanken darüber was er so über mich dachte und zum ersten Mal störte mich die Tatsache, dass ich vielleicht nicht die wichtigste Person für ihn war. Dass es das andere gab an die er geraden dachte, wenn er überhaupt noch am Leben war.
Und einmal mehr viel mir auf wie gering die Chance doch war, sie zu finden, mitten in dieser riesigen Stadt. Wie als hätte mein Körper nur auf diese Verzweiflung gewartet überkam mich eine Müdigkeit wie ich sie noch nie hatte. Ich fühlte mich träge. Schwer. Unvollständig. Das war der Moment, in dem ich verstand, dass es nicht so weiterging. Entweder fand ich sie oder ich musste damit aufhören. Mit dem ganzen Scheiß hier. Dem ganzen verdammten Leben.
Ich wollte nicht mehr, gar nicht mehr von dem was ich hatte. Also stand ich auf, atmete noch ein letztes Mal den beruhigenden Geruch von Zigaretten ein und ging. Weiter, weiter und immer weiter. Ich wusste nicht was mein Ziel war, ich wollte nur weg von dem allen.