Kapitel II - Eleazar

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Die Sonne stand bereits hoch über Jerusalem, als sich Eleazar endlich im Bett aufrichtete. Eine Weile schon hatte er vor sich hin gedämmert und mit Genugtuung wahrgenommen, wie viel Mühe sich die Diener gaben, ihre alltäglichen Verrichtungen möglichst lautlos zu erledigen. Sie haben Angst vor mir, sagte sich Eleazar und lehnte sich zufrieden gegen die weichen Kissen, die sein Bett zierten. Doch im nächsten Moment war seine gute Laune verflogen. Der Ärger der letzten Tage kam ihm wieder zu Bewusstsein. Dieser lachhafte Sekretär des Cornelius Marcellinus, den er fürstlich bewirtet hatte und der ihn davon abgesehen sechshundert Silberschenkel gekostet hatte, dieser erbärmliche Bastard, er hatte den Bericht für den Proprätor fertiggestellt, ohne ihn, Eleazar, mit einem einzigen Wort zu erwähnen. Und das war noch lange nicht alles. Eleazar hüstelte verärgert und unmittelbar darauf standen zwei seiner Knechte neben dem Bett, in ihren Händen zierliche Täfelchen mit frisch gebackenem Fladenbrot, Oliven, einem duftenden Gersteneintopf und Früchten.

Der jüngere Diener war einer von Eleazars Lustknaben. Er sah mitgenommen aus. Kein Wunder nach der letzten Nacht, dachte Eleazar. Er hatte ihn und die beiden anderen Burschen wieder und wieder benutzt, sie gequält, sich von ihnen massieren und liebkosen lassen und hatte doch keine rechte Befriedigung daran gefunden. Angewidert nahm Eleazar ein paar Bissen Brot, dann stieß er den Jungen von sich und erhob sich ruckartig. Während der andere Diener ihm sogleich seinen schweren wollenen Morgenmantel über die Schultern legte, beobachtete Eleazar mit einer Art Wohlgefallen die unglückliche Miene seines Lustsklaven. Es waren nicht nur die Schmerzen und die Demütigungen, die das zarte Knabengesicht so traurig machten, sondern das Bewusstsein, dem Herren nicht das gegeben zu haben, wonach sein Verlangen war.

„Geh!" fuhr er den Alten an und gab Kyron ein Zeichen näherzukommen. Trotz der Furcht, die der Knecht vor seinem Herren hatte, folgte er seinem Befehl augenblicklich und mit einer Art absurden Dankbarkeit. Eleazar streckte seine Hand aus und legte sie auf die linke Gesäßhälfte des Burschen, dann drückte er die Hand leicht zusammen, spürte das weiche Fleisch unter dem dünnen Stoff. Sollte er den Jungen noch einmal nehmen? Würde ihn sein zierlicher Körper jetzt endlich den Ärger und die Wut vergessen lassen? „Was ist mit dir, Kyron?" sagte er und sprach dabei jedes Wort gedehnt aus. „Wirst du deine Sache jetzt besser machen als in der Nacht?"

„Ja, Herr", antwortete Kyron eifrig, doch seine Stimme zitterte. Geschickt schob er den Stoff von Eleazars Unterkleid beiseite. Eleazar ließ sich auf der Bettkante nieder und drückte den Kopf des Knaben grob nach unten. Der gab sofort nach, ging in die Knie und begann das Geschlecht seines Herrn mit den Lippen zu verwöhnen. Eleazar hielt seinen Schädel nun in beiden Händen und presste ihn so erbarmungslos gegen seinen eigenen Leib, dass Kyron kaum mehr atmen konnte. Das Glied seines Herrn war tief in seine Mundhöhle vorgedrungen und so gelang es Kyron nur mit großer Mühe, ein Würgen zu unterdrücken. Das Wissen um das, was kommen würde, erfüllte Kyron einmal mehr mit  Angst. Doch es gab eine Sache, die ihm noch größere Sorge bereitete, nämlich die Missgunst seines Herren zu wecken. Eleazar war unzufrieden, das spürte er. In die Furcht des Jungen mischte sich Verzweiflung. Was wenn es ihm wieder nicht gelänge, den Wünschen des Herrn zu entsprechen? Was wenn er ihn aus dem Haus jagen würde? Als in Ungnaden entlassener Knecht würde er in keinem Haushalt eine Anstellung finden. Von draußen drangen Geräusche in das herrschaftliche Gemach. Es war die grobe Stimme von Achior, einem von Eleazars Handlangern. Da plötzlich gab Eleazar den Kopf des Sklaven frei.

„Er soll herein kommen", befahl er schroff. Und während Kyron sich eilig aufrichtete und zur Tür hinaus hastete, schloss Eleazar den Mantel fester um sein Becken. Kurz darauf trat Achior ein und verbeugte sich ehrfürchtig vor seinem Dienstgeber.

„Er ist tot", sagte er dann knapp und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Eleazar die Botschaft aufnehmen würde.

Eleazar stand auf und bewegte sich ein paar Schritte im Raum. Sein Gang war aufrecht, die Haltung stolz. Mit der Hand fuhr er sich theatralisch durch das glatte schulterlange Haar. Dann blieb er unmittelbar vor Achior stehen, der seine Unsicherheit nur schlecht zu verbergen vermochte.

„Gut", erwiderte Eleazar nach einer Weile und Achior atmete befreit auf. „Ein schlechter Mensch weniger auf Gottes schöner Erde." Dabei lachte er ein sattes boshaftes Lachen. „Aber sag mir", setzte er zu sprechen fort und seine Stimme klang nun drohend: „Hatte er noch die Gelegenheit, seinen Auftrag auszuführen?"

„Ja, das hatte er", erwiderte Achior schnell. „Er hat ihn sogar sehr gründlich ausgeführt." Wieder lachte Eleazar, jedoch leiser.

„Gut", sagte er erneut und klopfte seinem Gegenüber gönnerhaft auf die Schulter. „Du kannst jetzt gehen."

„Ich danke euch, mein Herr", antwortete Achior, verbeugte sich abermals elegant und verließ sichtlich erleichtert das Gemach.

Eleazar selbst schlenderte zum Fenster und nahm gemächlich in einem weich gepolsterten Scherensessel Platz. Draußen zwitscherten die Vögel. Das Wasser im Springbrunnen plätscherte leicht und verspielt vor sich hin. Die Sonne schien warm, aber nicht heiß. Es war ein wunderschöner Tag. Eleazar lehnte sich zurück. Er würde den Dienern befehlen, noch einmal zu servieren, sich anschließend von seinem parthischen Sklaven auf der Laute vorspielen lassen und ansonsten diesen herrlichen Morgen damit verbringen zu warten. Zu warten, dass man ihm seine adelige Braut auf einem Silbertablett servieren würde.

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