Kuroo x Kenma

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Golden-Retriever-Energy

POV - Kenma

Das kalte Wasser kühlte meine Handgelenke, während ich mich im Spiegel betrachtete. Augenringe und gerötete Wangen. Eine seltsame Mischung, wenn man bedachte, dass wir gerade ein weiteres Spiel gewonnen hatten. Meine Teamkollegen feierten vermutlich gerade ihre Seele aus dem Leib, wie sie es immer taten, wenn wir einen starken Gegner in die Knie gezwungen hatten, aber mir war das zu laut. Mein Kopf dröhnte davon sogar ein bisschen, was aber auch daran liegen könnte, dass ich gestern Nacht noch viel zu lange an der Konsole gesessen hatte. Wenn man einmal zu spielen anfing, war die Motivation wieder aufzuhören, gleich null. Daher auch die Augenringe.
Erneut musterte ich mein Spiegelbild. Verdammt, sah ich scheiße aus! Wie kam es, dass ich mich überhaupt unter Menschen traute? Nicht mal ich selbst würde mich ansehen wollen. Wieso sollten es dann Andere tun?

Stopp, Kenma, es reicht!

Kuroo betont doch immer, dass du dich nicht so runtermachen sollst! Warum hörst du nicht ein einziges Mal in deinem Leben auf den beschissenen Klugscheißer?
Nervös strich ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich nicht bändigen ließ und trocknete meine Hände ab. Warum war ich eigentlich schon wieder so nervös? Nur weil meine Gedanken mal wieder zu Kuroo gewandert waren?
„Das könnte ein Problem werden", stellte ich trocken fest und redete damit schon wieder mit mir selbst. Besser wäre es, wenn ich es auch mal schaffen würde, mit jemand anderen zu reden. Aber alles mit seiner Zeit - richtig?
Meine Wangen waren noch immer gerötet, aber dann sollen sie es doch sein! Könnte auch an der vergangene Anstrengung liegen, nicht wahr?
Die Unsicherheit wollte mich schon wieder niederdrücken, aber ich ließ es nicht zu und trat einen tiefen Atemzug später aus dem Badezimmer.
Wo war hier noch mal die Küche? Dieses fremde Hotel machte mich schon seit drei Tagen vollkommen fertig, weil es mehr Gänge als Zimmer gab und ich mich ständig irgendwo verlief. Deswegen hielt ich mich auch meistens ans Team, nur dass das jetzt gerade offensichtlich nicht möglich war.

Ein dumpfer Schlag ließ mich zusammenzucken, als ich gerade der Meinung war, die richtige Abzweigung gefunden zu haben.
Kam das nicht aus der Halle? Wer trainierte denn noch so sau spät? Jeder normale Mensch wäre nach so einem Spiel fix und fertig. Zu recht. Schließlich war ich es auch und ich hielt normalerweise recht lange durch.
Vorsichtig trat ich näher an die Tür und schielte durch die verschwommenen Fenster, die Licht in Halle dringen ließen. Tatsächlich jagte gerade ein schwarzer Schatten einem Ball hinterher und schrie frustriert auf, als er ihn nicht mehr zu fassen bekam und er laut knallend auf dem Boden aufkam. Dieses Fluchen kannte ich viel zu gut. Vor Schreck stieß ich mir den Ellenbogen an der Tür und stöhnte genervt auf. Bevor ich jedoch die Beine in die Hand nehmen konnte, um mich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen, öffnete sich die Tür von innen und eine große Silhouette richtete sich über mir auf.
Ich ließ meinen Blick nach oben wandern, vorbei am Volleyball in seiner Hand, über jeden kantigen Gesichtszug, bis hin zu seinen Augen. Das schokoladige Braun schien im sanften Abendlicht heller zu sein und ich sah den Schalk darin aufblitzen.
O nein.
„Ich hab doch gewusst, dass du es warst, dessen Haare ich im Fenster gesehen habe!", begrüßte der Riese mich und wuschelte mir spielerisch hindurch, weswegen ich genervt gegen seinen Unterarm schlug. Das schien ihn jedoch reichlich wenig zu interessieren. Stattdessen hielt er mir den Volleyball vor die Nase und schaute dahinter hervor.
Bildete ich mir das nur ein, oder war er mir dabei tatsächlich so nah? Fast redete ich mir ein, seinen warmen Atem spüren zu können, während er den Ball auf dem Zeigefinger drehte, um mir zu demonstrieren, was ich nicht konnte. Dann auf einmal warf er ihn in die Luft und fing ihn auf, als wäre es das natürlichste der Welt. Dabei schreckte ich leicht zusammen, was ihn zum Lachen brachte.
„Spielst du mir zu?"
Bevor ich hätte verneinen können, hielt ich den Ball aber auch schon in den Händen und Kuroo positionierte sich für einen Angriff an der rechten Seite des Netzes. Seufzend gab ich nach.
„Wo hast du denn die ganze Energie her?"
Im Gegensatz zu ihm, klang ich wie ein lustloses Faultier. Okay, das war ein merkwürdiger Vergleich, aber er passte so gut. Wieso hatte ich in meinem Leben noch nie so viel Leidenschaft aufbringen können, wie Kuroo für Volleyball?
Versteh mich nicht falsch, Volleyball hatte was, aber derartig großartig wie in seinen Augen war es nun mal auch wieder nicht. Es war eine Ballsportart wie jede andere auch, nur dass wir den Ball nicht fest, sondern in der Luft hielten. War das der Kick, den ich dabei übersah?
„Ich brauche doch keine Energie. Ich bin die Energie!", betonte er inbrünstig und ging leicht in die Hocke.
Augenrollend, um ein Grinsen zu unterdrücken, nickte ich ihm zu.
„Okay. Ich spiel ihn dir hoch zu, sonst schlägst du ihn immer etwas daneben. Mir war durchaus bewusst, dass ich ihn damit triezte, aber das war es mir wert. Mir gefiel sein Gesichtsausdruck, wenn ihm auffiel, dass ich ihn aufzog. Ich schielte zu ihm hinüber. Ja, genau diesen Ausdruck, der Empörung. Danach schlug er meistens nur noch besser zu. Es war doch immer das gleiche. Oh... jetzt lächelte ich doch.
Meine Hände formten einen perfekten Korb und mit einem gezielten Stoß flog der Ball direkt vor seine Nase. Dort, wo er ihn am besten schlagen konnte. Nicht so hoch, wie ich es angekündigt hatte, aber das würde er gar nicht merken. Er würde nur merken, wie toll er ihn geschlagen hatte. Aber das war in Ordnung. Ich war das von Angreifern gewohnt und besonders toll waren meine Zuspiele nun auch wieder nicht.
Als das Knistern von Plastik erklang, drehte ich mich verwirrt um und entdeckte auf dem anderen Feld eine Wasserflasche, die jetzt in einem mäßigen Tempo davon rollte. Kuroo drehte sich grinsend zu mir um.
„Hab die Flasche getroffen", verkündete er stolz, als hätte er mir damit etwas beweisen wollen.
„Brauchst dir nicht immer so viel Mühe zu geben. Ich weiß, dass du ein Überflieger bist."
Er lachte bei meinem Kompliment und ich nahm an, dass es ihn verlegen machte. Unser Kapitän zeigte seine Schwächen kaum und Verlegenheit gehörte dabei dazu. Sowas kannte er laut eigener Aussage gar nicht.
Doch ich wusste es besser. Wenn Kuroo nervös oder verlegen wurde, neigte er dazu, seine Stimme zu erheben, was mich nicht störte. Dann musste wenigsten ich nichts mehr sagen.
Ich schüttelte den Kopf. Bevor ich noch weiter in Gedanken versank, sollte ich lieber dem Ball hinterherrennen. Jedoch blieb mir dafür gar nicht die Zeit, denn mein Gegenüber hatte sich dem schon angenommen und pritschte ihn mir zu.
„Nochmal!" Seine Augen leuchteten vor Begeisterung und ich konnte nicht nein sagen. Noch nicht. Später schon, aber jetzt noch nicht. Jetzt wollte ich ihm diese Freude noch nicht austreiben.
„Okay." Ich nickte knapp und warf den Ball in die Luft, ehe ich ihn ähnlich wie zuvor traf und Kuroo ihn beherzt in das andere Feld schmetterte. Seine Muskeln spielten dabei wie die eines wilden Tieres und irgendwie konnte ich meine Augen davon nicht losreißen. Irgendwie wollte ich auch gar nicht mehr wegschauen. Noch bevor er wieder auf dem Boden aufkam, hörte ich erneut das Knistern des Plastiks, das der Ball verformte.
„Manchmal bin ich echt froh, dass ich nicht im gegnerischen Team spiele", murmelte ich leise, während ich dem Ball hinterher trottete und dabei seinen Blick in meinem Rücken spürte. „Gleichfalls. Gegen einen Sonnenschein wie dich zu spielen, würde mich noch in meine eigenen Depriphasen katapultieren."
Erschrocken fuhr ich herum und prallte dabei fast gegen seine Brust. Wann war er denn hinter mir hergekommen? Mein Kapitän schaute auf mich herab und ich sah in seinem Blick etwas aufblitzen, das neu war. Etwas, das ich nicht definieren konnte. Es war nicht diese übliche Belustigung, sondern ... wenn ich das nur wüsste.
„Du ... bist ein Idiot", gab ich halblaut zurück, bekam dafür aber nur ein raues Lachen. „Ich weiß." Noch immer rückte er nicht von mir ab, sondern schien nur noch näher zu kommen. Unterbewusst stolperte ich nach hinten, während er mich nicht mehr aus den Augen ließ. Auf einmal knickten meine Beine ein und ich landete auf dem Boden. Warum auch immer, hatte ich gerade die Kontrolle über meinen eigene Körper verloren. Der Ball, wegen dem ich gestolperte war, wollte erneut wegrollen, aber ich krallte meine Finger in das Leder. Großteils aber nur, damit sie etwas zu tun hatten.
Kuroo folgte mir und legte den Kopf schief, als er grinsend auf mich herabblickte. Wenn man unter ihm kauerte, war er sogar noch größer. Bisher hatte ich das nur als Nebensache angesehen, aber gerade in diesem Moment, sorgte es dafür, dass mir gleichzeitig heiß und kalt wurde. Obwohl er ebenfalls auf die Knie sank, wich ich nicht weiter aus. Alles in mir war allein auf ihn gerichtet und er wusste das ganz genau. Die Spannung zwischen uns ließ die Luft prickeln und beben, während in seinem Blick eine Ruhe lag, die mich umso unruhiger werden ließ.
Er sagte nichts weiter, als er mir den Ball aus der Hand stieß und damit direkt über mir kauerte. Mein Atem stockte. Aus der Nähe waren seine Augen noch brauner, seine Wangenknochen noch schärfer und seine Lippen ... verdammt, seine Lippen waren noch viel röter. Sobald mir auffiel, dass ich sie viel zu offensichtlich anstarrte, riss ich meine Blick davon los und sah ihm stattdessen in diese wunderschönen Augen. Noch immer lag dieses Etwas darin, aber ich konnte es jetzt beschreiben. Es war das Verlangen.
„Kuroo... ich...", ich wollte sagen, dass ich das hier nicht konnte, dass er mich loslassen sollte, dass ich ihn niemals auf diese Weise würde haben wollen, aber nichts davon kam über meine Lippen. Weil es alles Lügen waren.
Er brachte mich mit seinem Blick vollkommen zum schweigen. Er mustere mich auf eine neue Art und Weise, die mir das Blut in den Adern gefrieren und dennoch am ganzen Körper brennen ließ. Fast begann ich zu zittern, aber stattdessen ließ ich mich vollkommen zu Boden sinken und genoss den Anblick, der sich mir bot.
Seine Haare standen in alle Richtungen ab, aber es sah nicht ungepflegt aus, sondern es gab ihm einen verruchten Charakter, für den auch die harten Griffe um meine Handgelenke sprachen, mit denen er mich schutzlos zu Boden drückte. Immer weiter beugte er sich zu mir herab, bis ein paar seiner längeren Haarsträhnen meine Wange kitzelten. Stockend leerte ich meine Lungen und kämpfte damit, mich zu erinnern, wie man wieder einatmete.
„Du bist ja ganz schon nervös, Kenma", raunte er mir ins Ohr, bevor er meinen Kiefer entlangfuhr und eine heiße Spur hinterließ. Ohne mein Zutun begann ich an seinen Händen zu reißen, aber er ließ nicht locker, sondern legte seine Kopf nur wieder erneut schief.
„Ich steh drauf, wenn du deine Kontrolle verlierst", flüsterte er mir zu und verschwand dann vollkommen aus meinem Blickfeld. Im nächsten Moment spürte ich seine Lippen an meinem Hals, wo er sich Stück für Stück hocharbeitete. Fuck. Ein leises Grollen drang aus meiner Kehle und wäre es gerade nicht sowieso scheißegal gewesen, wäre ich dafür vermutlich rot geworden.
Kuroo reagierte darauf, indem er mich an der gleichen Stelle mit den Zähnen ganz sanft zwickte. Unüberhörbar zischte ich auf und warf meinen Kopf in den Nacken. Der Mann über mir leckte noch ein letztes Mal über die Stelle, ehe er davon abließ und ich wieder in sein Gesicht schauen konnte. Seine Augen leuchteten hitzig, aber noch nie hatte ich so viel ... Zufriedenheit darin gesehen. Ein Schauder überkam mich.
Als er mich losließ, rührte ich mich dennoch nicht Fleck. Es war doch ganz schön dort, wo ich gerade war. Kuroo musste bei dieser Erkenntnis erneut grinsen und näherte sich wieder meinen Gesicht, wo ich ihm entgegenkam. Unsere Nasen berührten sich und irgendwie fühlte es sich so verdammt vertraut an, als hätten wir das schon hunderte Male zuvor getan.
Kuroo seufzte leicht auf und verlagerte sein Gewicht auf seine Unterarme, sodass er in einem halben Plank über mir stand. Musste das nicht verdammt anstrengend sein?
Um ihn davon zu befreien, vergrub ich meine Hände in seinen dunklen, tiefschwarzen Haaren und zog ihn weiter zu mir herab. Er verstand das Signal und ließ sich sanft auf mir nieder. Ihm so verdammt nah zu sein, überforderte mich beinahe, aber es war zu geil, um es vorzeitig zu beenden. Auch wenn er mich somit nur umso weiter zu Boden drückte. Damit hatte ich ja eher kein Problem.
„Oh scheiße, Kenma", presste er hervor und sah mir so intensiv in die Augen, das ich das Gefühl hatte, er würde alles von mir sehen, auch das, das ich niemandem zeigte. Meine Mauern waren eingestürzt, für ihn, und lagen um uns verteilt wie ein Krater, der uns vor allem schützen würde.
Ich drückte mich ein wenig nach oben und blieb kurz vor seinen Lippen stehen. Diesmal spürte ich seinen warmen Atmen tatsächlich an meinem eigenen Mund und verstärkte damit mein Gefühl, nur noch weiter in Flammen zu stehen. Dennoch stoppte ich kurz davor, um ihm die Wahl zu lassen, ob er das tatsächlich wollte.
Und, Holy shit, wie er das wollte.
Schon lagen seine Lippen auf meinen, drängend und dominant. So drängend, das ich erneut in die Rückenlage sank und seiner Zunge ohne zögern, Einlass gewährte. Sie fochten einen Kampf aus, den ich nicht gewann und letztendlich ließ ich mich einfach davon wegspülen, gab mich dem Ganzen hin und es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Kuroo schien ziemlich genau zu wissen, was er da tat und er war auch noch viel zu gut darin. Erneut stöhnte ich auf, spürte das Beben seines Grollen durch meinen ganzen Körper vibrieren und ließ mich darauf ein.
Auf dieses Spiel, dem ich schon so lange Zeit aus dem Weg gegangen war und das mich jetzt dennoch eingeholt hatte.

Haikyuu! - FanfictionsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt