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Immer noch in Elijahs Armen gefangen, obwohl es mich keineswegs stört, atme ich tief aus. Natürlich hat er jetzt und gerade will ich nichts anderes, als aufzuspringen, meine ganzen Sachen packen und zusammen mit ihm zurück nach L.A fahren.

Aber ich kann nicht. Ich kann meine Mutter hier einfach nicht zurücklassen und so tun, als wäre Sam nicht gestorben.

Unentschlossen schaue ich hoch zu Elijah, immer noch in meinen Gedanken vertieft. Die Gefühle, die ich gerade in seinen Augen lesen kann, werfen mich komplett aus der Bahn. Wieso hat er so eine Macht auf mich, dass ich alles stehen uns liegen lassen würde, nur weil er mich bittet, mit ihm zu kommen.

Anscheinend sieht er meinen inneren Kampf, zieht mich näher an sich ran und legt sachte seine Arme um mich. Geborgen entspanne ich mich und schließe meine Augen. Seine Wärme umschließt mich und spüre, wie auch sein Körper sich entspannt.

"Ich kann meine Mutter hier nicht alleine lassen", flüstere ich und teile ihm meine Gedanken mit. Der erste Schritt etwas in meinen Leben zu retten. Die Verbindung, die ich zu Elijah hatte. Vertrauen wieder aufzubauen und endlich mein Leben wieder in Griff zu kriegen.

"Sie braucht mich gerade und ich weiß, dass wenn wir zurückkehren, es ihr nicht guttun wird", rede ich weiter und suche verzweifelt nach einer Lösung. Elijah hört mir zu und streicht mit seinen Händen mein Rücken auf und ab.

"Wenn wir zurück ins Haus ziehen, wird es nur alles weiter zerstörten." Die aufgebaute Hoffnung verbricht langsam und ich fühle mich von Sekunde zur Sekunde hilfloser.

"Vielleicht sucht euch was Eigenes und zieht endlich aus dem Anwesen aus?", schlägt er plötzlich vor.

Wieso ist mir das nicht vorher eingefallen? Ich durchdenke seinen Vorschlag mehrere mal und stelle mir kurz vor, wie das funktionieren sollte. Benjamin würden wir so nicht bis alle male aus dem Weg gehen. Denn es würde ihm überhaupt nicht gefallen, dass seine Ehefrau getrennt von ihm lebt. Schließlich kann es ein falsches Bild auf die Familie werfen.

Aber vielleicht ist das trotzdem dein weitere Schritt, den wir wagen müssen. Wir können nicht ewig im Anwesen wohnen und Benjamin seine Macht über uns aus gefallen lassen müssen.

Ich löse mich aus der Umarmung, die irgendwie keine mehr ist. In der Zeit, wo ich in meinen Gedanken vertieft war, hat sich Elijah, mit mir in den Armen, nach hinten gelehnt. Mein Kopf lag bis gerade noch auf seiner Brust und mir fehlt augenblicklich seine Wärme.

"Lass mich, dass mit meiner Mutter morgen besprechen", antworte ich ihm und lächle dankbar.

"Was solltest du mit mir besprechen?"

Mit einem leisen Aufschrei schrecke ich zusammen. Überraschenderweise erkenne ich meine Mutter, die im Türrahmen steht und uns fragend mustert. In dem Augenblick fällt mir auf, dass Elijah und ich immer noch engumschlungen auf dem Sofa sitzen. Sofort fangen an meine Wangen an zu brennen und ich spüre, wie Elijah es leicht schmunzelt beobachtet.

Schnell löse ich mich von ihm und laufe zu meiner Mutter. Dabei wische ich mir die Hände an meiner Hose ab, da ich anfange nervös zu werden. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was in dem Kopf meiner Mutter abspielt. Sie braucht sich nicht um etwas weiteres den Kopf zerbrechen.

„Willst du einen Tee? Das Wasser müsste noch heiß genug sein", frage ich sie schwach und mustere sie von oben bis unten. Sie schiebt schlicht gesagt schrecklich aus, aber ich hab auch n ich's anderes erwartet und es ich vollkommen verständlich. Jetzt bin ich an der Reihe für die da zu sein. 
Ich lächle sie leicht an und blicke in ihre leeren Augen, die von tiefen Augenringen betont werden. Ein tiefer Schmerz lässt mich zusammenzucken, als ich den Schmerz sehe. Die Trauer breitet sich augenblicklich im Raum aus und lässt mich leicht nach Luft schnappen. Es wird ein langer Prozess sein, dass wieder ein bisschen Leben zurückkehrt.

Von ihr bekomme ich ein leichtes Nicken als Antwort und ohne weiter nachzudenken lege ich einen Arm um sie und führe meine Mutter, die in diesem Augenblick so zerbrechlich wirkt, in die Küche. Schweigend lässt sich sich auf einen Stuhl nieder und starrt ausdruckslos nach Draußen. Nur aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie sich Elijah zu uns gesellt und sich meiner Mutter gegenüber hinsetzt.

Vorsichtshalber lasse ich doch lieber noch einmal Wasser aufkochen und gieße meiner Mutter schonmal den Tee auf. Danach bastle ich irgendwas essbares zusammen aus dem, was ich im Kühlschrank finde. Leise stelle ich es vor meine Mutter.

„Du solltest was Essen, Mama", hauche ich und zu meiner Überraschung wendet sie ihren Blick kurz zu mir und dann greift sie nach der Gabel. Schluckend schaue ich zu Elijah, nur um zu sehen, dass sein Blick schon auf mir haftet. Dann schenkt er mich ein leichtes Lächeln, was mich komplett umwirft in diesem Moment. Mein Bauch fängt an zu kribbeln, da sein Lächeln so viel Wärme und ... Liebe ausstrahlt.

„Willst du auch was?", frage ich ihn und er schüttelt leicht denn Kopf. Trotzdem drehe ich mich um und schmiere ihm schnell ein Brot. Die Fahrt hierher müsste lange gedauert haben, vorallem wenn er ohne Pause durchgefahren ist. Elijah würde nie zugeben, dass er gerade hunger hat, aber ich muss mich gerade irgendwie ablenken.

Nachdem auch ich mich ein Brot geschmiert habe, setze ich mich an den Tisch und beobachte meine Mutter, die brav ihren Teller leert. Wenn man fast Tagelang nicht vernünftig isst, ist ihr Appetit nur verständlich.

„Wie geht es deiner Mutter?", ertönt die Stimme meiner Mutter und durchbricht die Stille. Angespannt hebe ich meinen Blick und schaue auf meine Mutter, die schon längst aufgießen hat und sich nun an den Tee macht. Elijah räuspert sich, genauso über die Frage überrascht.

„Ganz gut, ist gerade nur viel zutun, Mrs", antwortet er höflich und wirft mir einen schnellen Blick. „Ich glaube wir sind längst beim duzen, Elijah", sage sie und ich fühle mich noch unwohl gerade, denn ich habe keine Ahnung in welche Richtung dieses Gespräch noch geht.

„Mom, wollen wir... ähm", versuche ich eine peinliche Unterhaltung zu vermeiden, aber meine Mutter ist schneller. „Ich weiß, dass wir langsam zurück sollten, Piper", haucht sie schwach und ich atme entspannt aus. Ich weiß nicht wieso ich dachte, dass meine Mutter anders reagiert. Ich habe angenommen, dass sie noch nicht bereit wäre, aus dem Versteck zu kriechen.

„Das hätte er nicht gewollt."

Er... Sam.

Mit brennenden Augen schlucke ich und schaue weiter meiner Mutter in die Augen, die gerade genauso kämpft wie ich. Vielleicht sind wir noch nicht bereit zurückzufahren.

„Ich suche mir eine Wohnung und du ziehst zu mir. Es ist an der Zeit sich gegen Benjamin zu stellen", erzählt sie uns ihren Entschluss und mein Kopf ist wie leer gefegt. Was hat sie gerade gesagt?

„Ich lasse mich Scheiden und werde ihn anklagen, es reicht", redet sie weiter und wirkt auf einmal nicht mehr wie die zerbrechliche kraftlose Frau. Eine Mischung aus Stolz und Angst packt mich, da ich einerseits gut finde, dass sie sich aus Benjamins Fesseln löst, aber trotzdem noch verwirrt bin. Ist sie wirklich dafür bereit? Kann sie wirklich gegen das Monster gewinnen?

„Dann werde ich dich unterstützen", entschließe ich, was eigentlich nicht zur Debatte stand. Natürlich würde ich meine Mutter unterstützen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich es wirklich verkrafte.
Trotzdem leuchtet eine Entschlossenheit und den Augen meiner Mutter, die meine Zweifel beiseite werfen. Auch wenn wir am Ende verlieren werden, dann werden wir es gemeinsam machen.

Just hold me tight and don't leave meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt