Ich sitze auf dem Boden, den Rücken an der Gartenhütte angelehnt. Es ist angenehm kühl hier. Die hohen Bäume, die rund um die Hütte wachsen, spenden Schatten, und immer wieder umweht mich ein frischer Luftzug aus Richtung des Meers, der ihre Blätter zum Rauschen bringt. Mit geschlossenen Augen hänge ich meinen Gedanken nach, weil ich im Moment unter keinen Umständen eingesperrt in irgendeinem Klassenzimmer hocken könnte.
Hatte ich erst kürzlich gedacht, es könnte nicht mehr schlimmer kommen? So etwas sollte man niemals denken, denn der heutige Tag hat mich postwendend eines Besseren belehrt. Der Kerl, in den ich mich verliebt habe, hasst mich jetzt, und meine Band ist nicht mehr meine Band.
Mein Inneres ist völlig gefühllos. Ich habe nicht mal Lust, mir meinen Frust von der Seele zu singen oder mich mit lauter Musik oder einer krassen Sporteinheit auf andere Gedanken zu bringen, denn ich habe kein Fünkchen Energie mehr in mir. Dieses Gefühl kenne ich bisher nicht, also muss es mir wirklich schlecht gehen. In mir fühlt sich alles eiskalt an, doch irgendwie bin ich ganz froh darüber. Denn solange diese Kälte da ist, ist der Schmerz betäubt, der ganz sicher heftig wird, sobald ich wieder auftaue.
Ich habe keinen Schimmer, wie lange ich hier schon sitze, aber irgendwann wird es ziemlich unbequem. Ständig wechsle ich meine Position und werde immer unruhiger, also ist wahrscheinlich schon eine ganze Zeit vergangen, seit Luke mich im Schulpark hat stehenlassen.
Deshalb rapple ich mich auf und habe keine Ahnung, was ich als nächstes tun soll. Am besten versuche ich, zurück zur Villa zu kommen und mich dort einfach die nächsten Tage in meinem Bett zu verkriechen. Oder ich vergreife mich an den Whiskeyvorräten unseres Vermieters, so wie Jo das am Samstag gemacht hat. Ja, das ist eine sehr gute Idee. Hoffentlich hat er mir ausreichend davon übriggelassen.
Ich will meinen fantastischen Einfall gerade in die Tat umsetzen, als mir ein großer Stein auffällt, der direkt neben dem Eingang zur Hütte liegt. Irgendwie kommt mir das seltsam vor, denn ansonsten gibt es rund um das Gebäude nur Rasen und weit und breit ist kein einziger weiterer Stein in Sicht. Einem Impuls folgend hebe ich ihn hoch und entdecke tatsächlich einen Schlüssel. Da Neugier mein zweiter Vorname ist, denke ich gar nicht weiter darüber nach und probiere aus, ob der Schlüssel zur Tür der Gartenhütte passt.
Wie fast schon vorauszusehen war, tut er das. Die Holztür knarrt beim Öffnen, so als ob sie schon eine ganze Weile lang niemand mehr betätigt hätte. Im Inneren ist es schummerig, denn die wenigen, kleinen Fenster sind stark verschmutzt. Eine zerbrochene Scheibe ist mit einer Holzplatte vernagelt worden. Die Hütte besteht nur aus einem einzigen, großen Raum. Ein paar Gartengeräte sind an einer Wand auf der rechten Seite aufgehängt. In der Mitte des Raums steht ein runder, dunkler Holztisch mit vier Stühlen, außerdem befindet sich auf der linken Seite ein altertümliches Sofa mit Blümchenmuster. Aber mein Blick wird sofort von einer Gitarre eingefangen, die auf einem Ständer im hinteren Teil des Häuschens steht. Daneben gibt es außerdem eine Snaredrum, auf der sogar noch die Drumsticks abgelegt sind.
Wie magnetisch angezogen begebe ich mich zu den Instrumenten. Dabei entdecke ich mehrere verstaubte Blätter Papier, die verstreut auf dem Tisch liegen, zusammen mit ein paar Bleistiften und einem Radiergummi. Als ich bemerke, dass es sich um Notenblätter handelt, schnappe ich mir eines und puste die Staubschicht ab. Ich muss mehrmals niesen, bevor ich mir das Blatt genauer ansehen kann. Erstaunt erkenne ich, dass es sich um einen von Hand notierten Song mit dem Titel 'Lies' handelt. In der linken oberen Ecke befinden sich die Intitialen L.H. und D.R.
'Luke Hamilton und Dave Rogers', schießt es mir sofort durch den Kopf. Dann fällt mir wieder ein, wie Pat mir erzählt hat, dass die beiden ihr zur Hilfe kamen, als sie hier von den Erpresser-Typen bedroht wurde. Haben die beiden vielleicht in dieser Hütte zusammen Songs geschrieben?
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Rock me, Baby! ✓
Romance⩥ NEW ADULT ROMANCE ⩤ Für das achtzehnjährige Zwillingspaar Liz und Jo Wagner läuft es perfekt. Die beiden haben wohlhabende Eltern, sind talentierte Musiker, ihre Band ist erfolgreich und sie haben gerade ihren ersten Plattenvertrag ergattert. Doc...