Bei welchen Erfolgen hast du das Gefühl, sie nicht verdient zu haben?

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~verfasst teils am 17.01.2022, teils am 09.02.2022~

Tägliche Randinfo:

Definition Hochstapler/Impostor-Syndrom:

"psychologisches Phänomen, bei dem Betroffene von massiven Selbstzweifeln hinsichtlich eigener Fähigkeiten, Leistungen und Erfolge geplagt werden und unfähig sind, ihre persönlichen Erfolge zu internalisieren."

"Von Mitmenschen als Erfolge angesehene Leistungen werden von Betroffenen dieses Symptoms mit Glück, Zufall oder mit der Überschätzung der eigenen Fähigkeiten durch andere erklärt."

Besonders stark ausgeprägt, wenn man in der ständigen Angst lebt, als Hochstapler enttarnt zu werden.

"[Das Hochstapler-Syndrom ist] spezifisch für Leistungssituationen: Erfolge werden überwiegend externen Ursachen (Glück, Zufall) und Misserfolge internen (mangelnde Fähigkeit) zugeschrieben."

"Frauen glauben (...) häufiger, dass sie unter stärkerer Beobachtung stehen als ihre männlichen Kollegen."

Meine Antwort:

Ich bin auf die Frage durch eine Präsentation in einem Modul meines Studiums gekommen. Vorher wusste ich nicht einmal, dass es dafür ein Wort gibt.

Bei mir ist es so, dass ich in der Schule die letzten Jahre sehr gute Leistungen erbracht habe (und im Studium bisher auch). Ich habe aber immer das Gefühl, dass ich das nicht erreiche, weil ich in dem Gebiet besser bin oder irgendeine Fähigkeit besonders gut kann - im Gegenteil, ich schneide meist besser ab als die, die mir vorher alles bereitwillig erklärt haben und sich eigentlich mit dem Thema auskennen, nicht ich.

Ich habe das Gefühl, ich erreiche das, weil ich nur eine einzige Sache gut kann: Begreifen, worauf es ankommt und mich daran anpassen. Diese eine Fähigkeit sorgt dafür, dass ich zwar gute Noten erwerbe, aber sonst nichts kann, während andere schlechte Noten erwerben, aber dafür weit über den Tellerrand hinaus Bescheid wissen.

Ich habe somit bei meinen "Noten-Erfolgen" das Gefühl, sie nicht verdient zu haben. Zwar schreibe ich meinen Erfolg hier nichts Externem zu, aber lediglich einer Fähigkeit, und das frustriert. Mein Vater sagt mir schon lange, ich würde nie über den Tellerrand hinaussehen. Das liegt aber u.a. daran, dass mir dafür außerhalb dessen, "worauf es ankommt", nicht mehr viel Zeit bleibt. Mein Pa dachte immer, ich würde mich für wenig interessieren. Dabei stimmt das gar nicht. Das Ding ist, dass ich mich für zu viel interessiere und die Fähigkeit habe, möglichst effizient zu arbeiten aka zu erkennen, worauf es ankommt und mich dem anzupassen.

Das sorgt dafür, dass ich keine rechte "Identität" habe, dass man nicht über mich sagen kann "oh, das ist die, die mega designen kann", "wenn du einen eigenen Server bauen willst, frag sie" oder "sie ist die geborene Medizinerin" oder sowas. Ich bin sozusagen alles und damit wieder nichts. Oder eher: ich könnte vieles sein, aber im Gegensatz zu anderen gibt es kaum etwas, von dem ich sagen kann: ja, das bin ich, das ist es, was ich will und was mich interessiert". Nein. Ich habe die Schwierigkeit, dass mich so viel interessiert, dass ich mich nicht entscheiden kann. Unddass mich  nichts so sehr interessiert, dass ich dafür bereit bin, monotonem Lernen nachzugehen. 

Und deswegen trifft das schon auf mich zu: "psychologisches Phänomen, bei dem Betroffene von massiven Selbstzweifeln hinsichtlich eigener Fähigkeiten, Leistungen und Erfolge geplagt werden und unfähig sind, ihre persönlichen Erfolge zu internalisieren." Ich habe Selbstzweifel bezüglich meiner Fähigkeiten, auch wenn ich auf manche manchmal scheinbar arrogant wirke. Viele denken, ich hielte mich für etwas Besseres, weil mich so viel interessiert oder weil ich gute "Leistungen" erbringe. In Wirklichkeit fühle ich mich schlecht, weil ich weiß, dass ich nichts so richtig kann, sondern dass der Schein (meine Noten) trügt.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 09, 2022 ⏰

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Selbstreflexion - jeden Tag eine Frage [2022]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt