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„Emily, Sie müssen auch schon mit mir reden, sonst macht eine Therapie wirklich herzlich wenig Sinn!" sagte Dr. Langston, doch Emily konnte ihren unfassbaren Schmerz nicht in Worte fassen. Die meiste Zeit weinte sie oder starrte sie in die Leere des Raumes. Ein heller Raum in beige und Holztönen gestaltet. In der Mitte stand eine gerade beige Couch mit hellen Kissen im Boho-Stil, auf einer Vitrine, die voll mit Büchern war, stand eine schöne grüne Pflanze. Hier und dort waren kleine grüne Applikationen im Raum verteilt. Alles war sehr geschmackvoll, dezent, aber dennoch warm gestaltet.
Seit dem Tod von Aaron brauchte Emily eine Therapie. Sie kam regelmäßig, doch bisher hatte sie nie viel erzählt. Dr. Langston schrieb sich dazu viel auf, auch wenn Emily nichts erzählte. So war es auch heute.

„Emily, kommen Sie! Erzählen Sie etwas. Wie fühlen Sie sich heute?" versuchte die blonde Ärztin es ihr zu entlocken, doch Emily schwieg und fing an zu weinen. Vor ihrem inneren Auge spielte sich das Geschehene immer wieder ab. Sie sah ihr Kennenlernen, ihren ersten Kuss, ihre kleinen Urlaube, ihre Verlobung, den ersten Ultraschall ihren gemeinsamen Babys und den schrecklichen Unfall.

Dr. Langston schob ihre Brille ein Stück nach oben und drückte auf ihren Stift um wieder etwas in ihr Buch zu schreiben.
„Warten Sie. Nicht schreiben. Ich versuche mich zu öffnen,ok?" sagte Emily nervös und wischte sich die Tränen aus ihrem Gesicht.
„Ich vermisse ihn. Ich denke oft an unseren Anfang." Emily hielt kurz inne „mir geht es nicht gut." sie streichelte ihre kleine Wölbung unter ihrem Pullover und flüsterte „uns geht es nicht gut"
„Emily, es ist ein guter Anfang, dass Sie mir sagen, wie es Ihnen geht. Es ist ein Fortschritt! Sehr gut." sagte die blonde Psychologin und legte ihren Stift erst einmal in ihr Buch „an was denken Sie, wenn Sie Aaron vermissen?"
„Ich denke daran, wie wir uns kennengelernt haben" dabei überkam Emily's Gesicht ein kleines Lächeln „ich war in der 11. Klasse und Aaron in der 12.. Er war der beste Freund meines Bruders und wir ärgerten uns jedes Mal, wenn wir uns gesehen haben. Uns war kein Spaß oder Streich zu schade, irgendwann bekam ich kleine Briefchen von ihm, in denen er schrieb, wie hübsch ich an dem Tag aussah oder es stand ein Zitat aus seinen Lieblingsbüchern/ -Filmen darin. Es war eine so süße und romantische Geste. Er brachte mich immer zum Lachen. Irgendwann fragte er mich nach einem Date und wir trafen uns öfter und öfter." Emily liefen Tränen an ihren Wangen herunter „er- er war perfekt! Wir haben uns verliebt und waren unzertrennlich.. ich erinnere mich an unseren ersten Kuss, den wir ganz klischeehaft nach unserem dritten Date hatten, nachdem er mich nach Hause gebracht hatte. I-ich vermisse ihn so sehr.. verstehen Sie?" Emily sah auf und schaute in dr. Langstons Augen „wissen Sie? Ich kann nicht einmal meine Schwangerschaft genießen, denn er ist nicht da. Aaron wird niemals die kleinen Tritte spüren, die ich jeden Abend spüre bevor ich ins Bett gehe. Er wird sie niemals halten können." Emily brach vollkommen zusammen und hielt ihren Bauch fest. Es war das Einzige, was ihr von Aaron geblieben war und sie versuchte es mit all ihrer Kraft festzuhalten.

„Emily, Sie sind stark. Sie sind eine starke junge Frau, aber denken Sie daran, es ist auch genauso wichtig über die geschehenen Dinge zu reden! Ich weiß, dass es Ihnen schwerfällt sich zu öffnen, aber es ist wichtig für ihren Trauerprozess. Heute war eine sehr gute Sitzung und ich freue mich auf die nächste am Donnerstag!" lächelte Dr. Langston, stand auf und tätschelte Emily's Schulter
„Sollte man sich nicht besser fühlen nach einem Termin?" fragte Emily
„Es ist ein Prozess, Emily. Es wird gute Tage geben und auch schlechte, doch irgendwann wird es Ihnen wieder besser gehen!" erwiderte die Psychologin.

Emily ging aus dem Sitzungsraum und verabschiedete sich von Clara am Empfang.

Heute ist ein scheiss Tag. Ein wirklich beschissener Tag. Dachte sich Emily. Sie hatte sich geöffnet und fühlte noch mehr Schmerz. Den ganzen Schmerz, den sie die letzten eineinhalb Monate versucht hatte zu unterdrücken. Sie musste es akzeptieren. Aaron ist tot. Sie lebte. Der Scheißkerl an Autofahrer lebte. Die Welt ist so unfair. Doch immerhin hatte Emily noch sie. Ihre kleine Erbse. Sie hatte einen Teil von ihm, den sie direkt unter ihrem Herzen trug. Den Beweis für ihre große Liebe. Den Beweis, dass sie niemals allein sein würde. Ein Teil von ihm, der nicht gestorben war. Vor 2 Wochen erfuhr sie, dass es ein kleines Mädchen werden würde. Eine kleine Prinzessin, wie Aaron und sie es sich immer gewünscht hatten.

Emily trottete aus der Praxis und wollte in den nächsten Supermarkt und noch einige Babysachen besorgen. Sie brauchte frische Lebensmittel, eine Babytrage, die im Angebot war, und einige Babysachen. Alles war in der Nähe, also dachte sich Emily, dass sie alles zu Fuß einkaufen konnte. Erst holte sie die Trage ab und ging dann in den Laden, in dem es sämtliches Babyzubehör gab. Sie lief, wie gesteuert, durch die Gänge und suchte ein paar Strampler, Bodys, Hosen und Söckchen aus.
Daddy's girl, I love daddy, daddy's little sunshine.   Emily hielt diese Sachen in der Hand und ihr liefen die Tränen. Die kleine Erbse würde niemals einen Daddy haben. Nachdem sie sich irgendwann wieder gefangen hatte ging sie zur Kasse und bezahlte. Zum Schluss lief sie rüber zum Supermarkt.
Sie kaufte frische Tomaten, Gurken, Salat, etwas Fleisch, Schokolade, Brot und Käse, viel Käse. Während ihrer Schwangerschaft entwickelte Emily eine Vorliebe für Käse in allen erlaubten Varianten. Käse Nudeln, käse mit Marmelade und vor allem Cheeseburger. Die Liebe zu Cheeseburgern war besonders im ersten Trimester groß, Aaron hatte ihr ständig welche gekauft, aber nur ohne Gurken. Ohne die Gurken wurde der Burger immer frisch zubereitet und der Käse lief noch warm auf dem Fleisch herunter. Emily liebte es und hätte es am liebsten von morgens bis abends gegessen und dazu in einen schönen Erdbeermilchshake zu dippen.

Heute Abend hatten sich Aaron's Eltern angekündigt und wollten sich erkundigen, wie es Emily geht und zum Beispiel ein Beistellbettchen, den Wickeltisch und einen kleinen Kleiderschrank aufbauen. Maddie und Ian waren Emily eine große Hilfe und übernahmen einen großen Part ihrer eigenen Eltern für sie. Emilys Eltern wohnen circa zwei Stunden von London entfernt, in Brighton. Sie versuchten gerade eine Wohnung in London, in Emilys Nähe zu bekommen um ihr in der nächsten Zeit beizustehen. Emily wusste die Geste ihrer Eltern sehr zu schätzen, doch irgendwie machte es ihre Situation nur immer klarer. Sie war allein. Ihr Baby hatte nur sie. Natürlich auch Großeltern, Onkel, Tanten und Cousinen. Aber im Grunde war sie allein und musste sich kümmern.

Emily lief durch die Gänge des Einkaufladens und warf all die Dinge in ihren Einkaufskorb, die sie brauchte und auch viele Dinge, auf die sie gerade einfach Appetit hatte. Ihre Schwangerschaftsgelüste machten ihr wirklich zu schaffen. In dem einen Moment konnte sie massenhaft Tomaten mit Salz und Balsamico essen und im Nächsten Gurke mit Nutella und direkt danach hatte sie ein großes Verlangen nach Chips. Heute packte sie sich neben den Dingen, die sie brauchte, auch Gummibärchen, Eis, Chips, ein neues Glas Nutella und viele andere Süßigkeiten in den Wagen, als sie an der Kasse ankam und alles auf das Kassenband zu legen, fiel Emily auf, wie viel sie eigentlich in ihren Korb gelegt hatte. Oh Ups dachte sie sich und packte den Einkauf in ihre Beutel. Sie brauchte tatsächlich noch eine Papiertüte um alles mitzunehmen. Es war viel zu viel und viel zu schwer um die Sachen nach Hause zu tragen. Ein Taxi bekam sie hier nicht so einfach und wäre viel zu sinnlos für eine Strecke von 960m. Sie nahm die Beutel und marschierte los. Völlig in ihrer Traumwelt eingefangen tippte ihr ein Mann auf die Schulter.

„Miss?" fragte er und Emily drehte sich zu ihm „Könnte ich Ihnen vielleicht behilflich sein?"

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Hallo ihr Lieben,
Ich bin neu hier und das ist meine erste Fanfiktion.
Ich würde mich sehr über ein Feedback von euch freuen 🥰🥰

Liebe Grüße,
eure Momia19

a wonderful life? (Tom Hiddleston FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt