Operation Darkness || A Nivanfield Story [Resident Evil] - Band 3

Kapitel 6 - Die Gewichtigkeit von Vertrauen

21. Juli 2014, Wohnung von Chris und Piers, Atlanta, Georgia – Nordamerika

Piers saß alleine auf dem Sofa im Wohnzimmer. Chris war derzeit nicht anwesend, da er sich mit der neuen Vorstandsvorsitzender der BSAA traf. Die Dame hatte seit Tagen darauf bestanden und ständig um ein Treffen gebeten. Redfield hatte letztendlich nachgegeben und eingewilligt, ihre Einladung anzunehmen, um sich anzuhören, was sie zu sagen hatte. Wenngleich es bereits ihnen allen bewusst war, was die gute Dame von der Chefetage dem ehemaligen BSAA-Captain vorzulegen hatte. Es war unmissverständlich klar, dass sie Chris Redfield und sein Team zurückgewinnen wollte, denn zu keinem anderen Zweck diente diese höffliche Einladung.

Piers hatte daher gegenwärtig die Wohnung für sich, was ihm recht gelegen kam. Er war die letzten Tage zu einer Erkenntnis erlangt und hatte folglich einen Entschluss gefasst. Der Albtraum, der ihn erst kürzlich heimgesucht hatte, war einer der Gründe, die seine Entschlossenheit wieder angefacht hatte. Obwohl der Traum und die schrecklichen Eingebungen ihn noch immer verfolgten und peinigten, hatte es jüngst zugleich seinen Willen gefestigt und seinen Ehrgeiz neu entfacht.

Piers Nivans war dafür bekannt, nicht aufzugeben und couragiert zu sein. Er hatte stets voller Eifer seine Pflichten erfüllt und dadurch bereits einige Hürden und Herausforderungen gemeistert. Der junge Schütze hatte sich zurück an die harten Trainingssessions unter der Leitung ihres Captains Chris Redfield entsonnen. Der Veteran hatte den Ehrgeiz des Jüngeren andauernd gelobt und bewundert, was Piers unheimlich stolz gemacht hatte. Er konnte also jetzt nicht von seiner Tugend ablassen, für die er so bekannt war, die zu seinem Markenzeichen geworden war und vor allem was Chris an ihm schätzte. Piers wollte den Älteren nicht enttäuschen.

Davon abgesehen hatte er das Virus schon einmal kontrolliert und war über die Grenzen seiner Menschlichkeit hinaus geschritten. Er hatte nicht so lange dem Virus widerstanden, um sich nun im Nachgang davon fertig machen zu lassen. Das war Piers klar geworden.

„Komm schon. Du schaffst das. Du kannst es kontrollieren", flüsterte der Jüngere, während er seine Handfläche betrachtete und sich darauf konzentrierte eine gezügelte, elektrische Spannung, um seine Finger zu erzeugen.

Er durfte sich nicht von Emotionen verleiten lassen und musste einen kühlen Kopf bewahren. Insbesondere musste er sich diesem Zustand bewusst sein und diese neue Gegebenheit ebenso akzeptieren wie die Sache mit seinem Arm und seinem Augenlicht. Er konnte nicht davor wegrennen, also blieb ihm nur ein Arrangement. Diese schlummernden Fähigkeiten mussten ein Teil von ihm werden, ebenso wie der mechanische Arm. Nur dann würde er in der Lage sein, wieder die vollkommende Selbstbeherrschung über seinen Körper und seine Existenz zu erlangen. Natürlich klang das alles nun einfacher als es war, denn die Theorie war meist leichter als die Praxis, aber die Erkenntnis war zumindest der erste Schritt.

Piers wusste, dass er viel Übung benötigen würde, aber das Wichtigste war erst einmal Zuversicht. Er hatte zu lange diese Nachwirkungen verleugnet, weshalb ihm bei Kaidan und auch bei Ben Morgan die Mäßigung entglitten war. Er hatte es nicht wahrhaben wollen, weil er sich eingeredet hatte, dass er sich irrte, aber nun konnte er es nicht länger von sich abweisen. Das junge Talent musste sich damit auseinandersetzen, damit ein solcher Kontrollverlust nicht noch einmal geschehe oder noch schlimmere, weitreichendere Ausmaße erlangte.

Piers konnte das seichte Knistern hören, dass die Spannung in der Luft verursachte, die sich um seine Hand ansammelte. Voller Konzentration starrte er auf seine Handfläche und konnte beobachten, wie sich die Elektrizität langsam materialisierte. Er verspürte ein dezentes Prickeln auf der Haut, als die feinen Blitze sich um seine Finger wandten und allmählich Form annahmen. Ein bläuliches Flirren flackerte gelegentlich auf, als die fadenscheinigen Blitze über seine Haut wanderten.