Kapitel 13 - Das Eis schmilzt

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Der Alltag in Hogwarts pegelte sich schnell wieder ein. In der ersten Woche hatten wir Mittwoch wie immer eine Doppelstunde Verteidigung gegen die dunklen Künste mit Snape. Ein Fach, das ich nicht nur mochte, weil Snape unser Hauslehrer war und uns - entgegen aller anderen Lehrer, die uns Slytherins stets mit einer gewissen Abneigung begegneten - angenehm übervorteilte. Ich mochte auch den Unterrichtsstoff. Mich interessierte der dunkle Zweig der Magie, was ich nicht einer verborgenen dunklen Seite in mir zuschrieb, sondern meiner gesunden Neugierde. Wie Zaubertränke hatten wir auch Verteidigung gegen die dunklen Künste zusammen mit den Gryffindors.

Schon als wir das Klassenzimmer betraten, hatte ich das Gefühl, dass diese Unterrichtsstunde anders werden würde. Die Tische und Stühle waren allesamt an die Wände links und rechts des Raumes geschoben. Vor der Tafel stand ein großer alter Kleiderschrank. Verwirrt blieben wir mitten im Raum stehen.

"Reihen Sie sich auf", wies Snape in seiner kurzen klaren Art an. "In dieser Stunde behandeln wir eine der dunklen Kreaturen, die sich derzeit vermehrt draußen herumtreiben."

Harry, Ron, Ginny und ich warfen uns alarmierte Blicke zu, weil wir sofort an die Dementoren dachten. "Das kann er nicht machen", wisperte Ginny.

"Es handelt sich um Snape", sagte Harry mit einem vielsagenden Blick.

Auch unsere Klassenkameraden waren in aufgeregtes Getuschel ausgebrochen, welches Snape mit nur einem Wort unterbrechen konnte. "Ruhe!"

Er wartete bis er sich sicher war, dass ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit der Klasse gehörte, ehe er fortfuhr. "Irrwichte sind Gestaltwandler. Sie verbergen sich in dunklen Nischen wie alten Schränken, in Kellern oder unter Treppenaufgängen. Niemand weiß, wie ein Irrwicht in Wirklichkeit aussieht, weil er stets die Gestalt dessen annimmt, wovor sich sein Opfer am meisten fürchtet. Wie stets benötigt man gegen schwarze Magie, starke weiße Magie. Ein positives Gefühl. In diesem Schuljahr werden wir uns vermehrt der weißen Magie widmen."

"Snape und weiße Magie. Dass ich nicht lache", sagte Ron leise.

"Er war da draußen!", zischte ich. "Er weiß, was vor sich geht. Denkst du, es ist Zufall, dass er uns gerade jetzt mit den dunklen Kreaturen konfrontiert?"

"Sicher hat Dumbledore es ihm befohlen", erwiderte Harry und ich seufzte frustriert auf.

"Da Mr Potter anscheinend schon alles über Irrwichte weiß, wird es ihm sicher nichts ausmachen, uns eine kleine Geschmacksprobe seines Wissens zu liefern. Treten Sie vor, Potter!"

Ich konnte den Hass auf Snape in Harrys Gesicht deutlich sehen. Und wie sehr er sich zusammenreißen musste, um den Anweisungen des Lehrers ohne weiteren Kommentar Folge zu leisten. Mit geballten Fäusten schritt er an mir vorbei nach vorn.

"Macht Platz für den Auserwählten!", rief Malfoy schadenfroh. Alle Slytherins bis auf mich lachten. Ich drehte mich wütend zu ihm um und begegnete seinem hochmütigen Grinsen, das mich jedes mal auf die Palme brachte.

"Gut, Mr. Potter. Zeigen wir der Klasse die unglaublichen Fähigkeiten des Auserwählten", sagte Snape höhnisch und öffnete dann ohne weitere Vorwarnung die Tür des Schrankes.

Schreie erfüllten das Klassenzimmer. Die meisten meiner Klassenkameraden stolperten drei Schritte Rückwärts, was dazu führte, dass ich abermals gegen Draco prallte. Doch meine ganze Aufmerksamkeit war auf den Dementor gerichtet, der aus dem Schrank gekrochen kam. Es dauerte einige Sekunden, bis mir klar wurde, was vor sich ging. Das war ein Irrwicht und Harrys größte Angst waren Dementoren. Das war beeindruckend, wenn man seine Geschichte kannte. Und noch beeindruckender, wenn man ihn persönlich im Kampf gegen einhundert Dementoren erlebt hatte.

Der Zauber um Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt