23. Kein leuchtender Schnee

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„Nein Remus, können Sie nicht", sagte Madam Pomfrey. 

„Mir geht es gut, wirklich", sagte Remus. 

„Wieso haben wir eigentlich jedes Mal dieselbe Diskussion, ich sage nein und es bleibt dabei." 

Mit diesen Worten ging Madam Pomfrey und ließ Remus allein. Es war der Tag nach seiner Verwandlung und es ging ihm tatsächlich gut. Mehr oder weniger jedenfalls. Besser als die letzten beiden Male, wenn vielleicht auch wirklich nicht ganz gut genug, um schon aus dem Krankenflügel entlassen zu werden. 

Remus hatte sich wirklich Sorgen gemacht, dass diese Verwandlung so schlimm werden würde wie die letzte. Er wusste, dass es nicht gut war, sich vor der Verwandlung Sorgen zu machen, aber deswegen hatte er sich natürlich nur noch mehr Sorgen gemacht. 

Aber es war gutgegangen, er war sogar noch in der Hütte hinter dem Geheimgang aufgewacht. Er hatte sich gekratzt und gebissen und ihm hatte alles wehgetan, aber bis Madam Pomfrey gekommen war, um ihn abzuholen, hatte er es geschafft, sich aufzurappeln, was sie wiederum sehr gefreut hatte. 

Remus war froh, denn er wollte nicht, dass sich jemand wegen ihm Sorgen machen musste und er hatte riesige Angst gehabt, dass Lyall sagen würde, er müsse Hogwarts verlassen, wenn die Verwandlungen so schlimm blieben, wie die im Oktober. 

Die Hütte hatte allerdings furchtbar ausgesehen: An den Wänden, den Möbeln und dem Boden, überall waren Kratzspuren, die Bettwäsche war zerfetzt und ein Stuhl, der in der Ecke des Raumes gestanden hatte, war zerstückelt. Der Rest der Hütte sah nicht ganz so schlimm aus, der Wolf trieb sich meistens im Schlafzimmer herum, weil das der Ort war, wo Remus sich verwandelte. Und Remus war sehr froh, dass die Bücher bisher heil geblieben waren. 

Nachdem Madam Pomfrey ihn in den Krankenflügel gebracht und versorgt hatte, war Remus erst mal eingeschlafen, als er am Abend aufgewacht war, hatte er gedacht, er könnte zumindest versuchen, ob Madam Pomfrey ihn gehen ließ, immerhin ging es ihm besser als die letzten Male. 

Er hätte sich aber auch denken können, dass Madam Pomfrey nein sagen würde. Remus wäre nur wirklich froh gewesen, dieses Mal nicht so viel Unterricht zu verpassen und er wollte gerne zu seinen Freunden. 

James und Sirius hatten es geschafft, sich schon wieder Ärger einzuhandeln: Sie hatten es nun doch mit dem Desillusionierungszauber übertrieben. Professor McGonagall hatte sie erwischt und nun mussten sie für all die verschwundenen Dinge der letzten Wochen nachsitzen. 

„Und für jeden weiteren unsichtbaren Gegenstand werde ich Sie wieder nachsitzen lassen", hatte Professor McGonagall gesagt und Remus war klar, dass sie es auch genauso so gemeint hatte. 

James und Sirius hatten für sich behalten, dass Remus und Peter an Halloween genauso beteiligt gewesen waren und so war den Beiden das Nachsitzen erspart geblieben. 

Mittlerweile war es draußen kalt geworden. Das Gras war jeden Morgen von Raureif überzogen, der manchmal auch tagsüber nicht schmolz und der Rand des Sees war schon zugefroren. Remus zog die Kälte in die Knochen, allerdings ließ der Frost Hogwarts noch magischer erscheinen und ein Platz auf einem der Sessel vor dem Feuer im Gryffindorgemeinschaftsraum war noch gemütlicher. 

Madam Pomfrey behielt Remus noch die Nacht und den gesamten nächsten Tag im Krankenflügel. Seinen Freunden hatte er dieses Mal schon vorher erzählt, er müsse wieder nach Hause, um seine Mutter zu besuchen und nachdem Remus wiederholt hatte, er wolle nicht darüber sprechen, hatten sie auch nicht weiter nachgefragt. 

Deswegen überhäuften sie ihn, als Remus in den Gemeinschaftsraum kam, auch nicht mit Fragen, sondern freuten sich einfach, dass er wieder da war. Remus freute sich darüber genauso, jedoch warteten wie immer bergeweise Hausaufgaben auf ihn, sodass er sich gleich dransetzte.


Der November ging in den Dezember über und langsam herrschte in Hogwarts eine weihnachtliche Stimmung. In den Gängen wurden Girlanden aufgehängt, die Große Halle wurde festlich dekoriert, nichtschmelzende Eiszapfen hingen an den Treppengeländern und in einigen Räumen fiel trockener, ebenfalls nicht schmelzender Schnee. Die Ritterrüstungen wurden so verzaubert, dass sie Weihnachtslieder sangen, wenn man an ihnen vorbeiging („Mist, die Idee hätte von uns kommen müssen", sagte Sirius) und in den Gängen hingen Mistel- und Stechpalmenzweige. 

Remus hatte noch nie so tolle Weihnachtsdekorationen gesehen und staunte immer wieder von Neuem. Er, James, Sirius und Peter waren unterdessen viel mit Hausaufgaben beschäftigt, vor den Weihnachtsferien versuchten alle Lehrer noch den nötigen Stoff durchzubringen und selbst James und Sirius ließen sich dazu herab, ein paar ihrer Aufsätze zu schreiben. 

„Ich sitze praktisch seit Beginn des Schuljahrs dauerhaft nach, ich möchte nur ein paar freie Tage und wenn ich den Aufsatz schon wieder nicht schreibe, lässt mich Slughorn sicher nachsitzen", rechtfertigte sich James. 

„Es ist nichts Schlimmes daran, seine Hausaufgaben zu machen", sagte Remus, obwohl er wusste, dass James und Sirius das anders sahen. 

Bald stand auch das nächste Quidditchspiel an, Hufflepuff gegen Ravenclaw, wobei die Ravenclaws Hufflepuff plattmachten und Gryffindor erst mal vom ersten Platz der Tabelle verdrängten. 

Eines Samstagmorgens wachte Remus auf und wunderte sich einen Moment, was anders war. Dann wanderte sein Blick zurück zum Fenster. Es hatte geschneit! Das Schlossgelände und der Verbotene Wald waren in eine dichte Schneedecke gehüllt! So viel Schnee hatte Remus noch nie gesehen, es war wunderschön, obwohl Schnee tatsächlich nicht leuchtete. 

„Schneeballschlacht!", rief James, der neben Remus ans Fenster getreten war. 

So schnell sie konnten, zogen sich James, Sirius, Peter, Remus und Farin an und machten sich auf den Weg nach draußen. Remus bibberte in der Kälte, James hatte Sirius längst mit einem Schneeball im Gesicht erwischt. 

„Na warte!", rief Sirius und jagte hinter James her. 

Da wurde Remus von hinten von einem Schneeball getroffen. Er drehte sich um und sah Marc, der mit Nilay und McConnor ebenfalls eine Schneeballschlacht machte. 

„Hallo Remus", sagte er und grinste. 

„Wenn das so ist...", sagte Remus, schnappte sich eine Hand voll Schnee und warf sie Marc ins Gesicht. 

Die Schneeballschlacht wurde immer größer, Schüler aus verschiedenen Jahren, die beim Anblick des Schnees rausgekommen waren, kamen dazu und bald bekämpften sie sich in zwei Teams, wobei Remus' Team drei Mal mehr gewann als die Gegner. 

Irgendwann waren jedoch alle ausgepowert und gingen zu einem späten Frühstück in die Große Halle, das gleich viel besser schmeckte. 

„Ich liebe Hogwarts", sagte Remus. 

Er war zwar völlig fertig, aber sehr, sehr zufrieden. Allerdings freute er sich auch, über die Weihnachtsferien nach Hause zu fahren und Lyall wiederzusehen. Doch bis dahin würde er die weihnachtliche Magie von Hogwarts genießen.

Die Rumtreiber in Hogwarts - Das erste JahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt