Zwischen den Welten

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Schicksal. Das Schicksal ist etwas weites, etwas dehnbares, etwas Veränderbares wie Knetmasse. Es gibt verschiedene Möglichkeiten sie zu Formen. Mal ist sie rund mal kantig und voller kleiner Hindernisse.

Manchmal lebt das Schicksal nur aus kleinen Momenten und jeder kleine Moment verändert dein Leben.

Doch Nora ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht wie groß ihr kleiner Moment sein wird.

Es geschah am frühen Abend, es war einer dieser Herbstabende an denen man am liebsten zu Hause geblieben wäre. Es war zwar nicht wirklich kalt, aber es lag diese Schwere in der Luft, als ob es jeden Moment anfangen würde zu regnen.

Es war ein hektisches Treiben auf der Straße, alle beeilten sich schnell nach Hause zu kommen , um dem sich heranbahnen Regen zu entkommen.

Und mittendrin im grau schwarzen Getümmel von Menschen war Nora. Ihre Hände tief in ihrem roten Mantel vergraben , lief sie wie jeder andere auch nach Hause, nur war der Unterschied, dass sie sich nicht beeilte.

Nora war einer der wenigen Menschen,  die das launische Wetter der Großstadt genoss. Und auch als es schon dunkel war, dass die Straßenlaternen angingen und das hektische Treiben sich gelegt hatte, lief sie immer noch durch die schwach beleuchteten Straßen.

Und wie aus dem Nichts tauchte plötzlich ein dunkel gekleideter Junge auf und rempelte Nora grob von hinten an und rauschte ohne sich zu entschuldigen an ihr vorbei, dabei viel ihm seine Brieftasche aus den hinteren Hosentaschen.

„Hey, kannst du nicht aufpassen!?“ Rief Nora dem Unbekannten Jungen hinterher,  aber er war schon ein gutes Stück voraus. Nora blickte sich um,  aber niemand schien dem Geschehen große Aufmerksamkeit zu schenken.

Sie schüttelte verärgert den Kopf und erblickte erst jetzt die schwarze lederne Brieftasche vor sich auf dem Boden.

Sie griff danach und erkannte im schwachen Laternenlicht noch die dunkle Jungengestallt zwischen all den wenigen Menschen.

Der Unbekannte hatte jedoch ein gutes Stück Vorsprung und so blieb Nora nichts anderes übrig als ihm hinterher zu rennen.

„Hey du!“ rief Nora mit der geringen Wahrscheinlichkeit, dass er sie hörte, doch er hörte Nora, doch anstand stehen zu bleiben, rannte er los. Und er war schnell! Viel schneller als Nora.

„Hey bleib stehen!“ Noras Stimme bebte vor Anstrengung. „Ich will dir doch nur deine Brieftasche zurück bringen!“ rief sie und blieb stehen. Nora stütze ihre Hände an den Knien ab und atmete schwer.

Sie sah nur noch wie der Unbekannte in die nächste Gasse einbog. Nora biss die Zähne zusammen und rannte ihm hinterher.

So schnell würde Nora nicht aufgeben, immerhin wollte sie hier was Gutes tun!

Nora bog in die dunkle Gasse ein und stellte überrascht fest, dass der Unbekannte plötzlich verschwunden zu sein schien. Außer ein paar Papiermülltonnen und einer ziemlich hohen Mauer war die Gasse leer. Und eine Fluchtmöglichkeit war auch nicht zu entdecken.

„Hallo?“ Rief Nora. „Ich wollte dir nur deine Brieftasche bringen!“ Doch niemand antwortete ihr.

Komisch dachte sich Nora. Vielleicht ist sie einfach falsch abgebogen. Vielleicht dachte sich Nora, hatte sie sich nur eingebildet, dass er hier eingebogen war.

Nora zog ihren roten Mantel enger und lief aus der Gasse raus. Und wie aus dem nichts erblickte sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Art hellleuchtendes Restaurant.

Sie wunderte sich warum sie dies nicht gesehen hatte als sie dem Jungen hinterher gelaufen war, denn es leuchtete schon so grell das Nora ihre Augen leicht zusammenkneifen musste um den Namen des Restaurants lesen zu können, der in leuchtenden roten, geschwungenen Buchstaben über dem Eingang prangte: „Entre les mondes“

Zwischen den Welten (Kurzgeschichte)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt