Konzentriert starre ich durch den Spalt zwischen zwei Holzplatten der Hütte. Kauere im Schatten, um ja nicht entdeckt zu werden und starre auf die belebte Straße. Zähle meine Herzschläge, die regelmäßig gehen, und sich dank meiner ruhigen Atemzüge auch nicht erhöhen.
Unter das Kindergelächter und gelegentliche Kreischen eines Kleinkindes mischt sich das Murmeln der Kleinstadt. Nichts Auffälliges. Wären da nicht die vier in Schwarz gekleideten Männer, die nicht in das sonst Idylle Bild passen. Sie überragen die Bürger, die gebückt an ihnen vorbei treten, um einen Kopf und sind bis zu den Zähnen bewaffnet. Unter ihrem Umhang, der das Wappen des Königshauses trägt, liegt der Blick auf den Lederbrustpanzer frei. Der von dutzenden schwarz schimmernden Plättchen bedeckt ist, die an die Haut eines Drachen erinnern.
Vulkanasche.
Beinah unverwüstbar und undurchdringlich. Zwei der Männer tragen den Umhang nach hinten geschlagen und so ist das Kettenhemden und die Schulterplatten zu erkennen. Ebenfalls aus dem seltenen Element, das nur vom Königshaus verwendet werden darf. Das Schwarz funkelt bedrohlich in der Sonne; es hat etwas Bestialisches, das an den Drachen erinnert, der für dieses Element geschlachtet wurde. Ihre Füße stecken in festen Stiefeln, deren Schritte den Boden unter ihnen zum Vibrieren bringen. Selbst das Gemurmel des Marktes verschleiert es nicht.
„Amaya, ich wollte ..." Ich schnelle herum, zerre den jungen Mann auf die Knie und drücke ihm meine Hand auf den Mund. Ersticke seine leisen Worte, die in meinen Ohren viel zu laut klingen.
Panisch wende ich meinen Blick erneut durch den Spalt, zum Getümmel, auf der Suche nach den Männern in der Vulkanascherüstung.
Ich atme erst durch, als die Männer ohne eine Regung weiter gehen. Sich durch die Masse arbeiten, die panisch ein Spalier formt und die Blicke zu Boden wenden.
Ich löse meine Hand von dem jungen Mann. Sein Haar ist feucht und lässt es schwarz wirken. Dabei hat es die Farbe von Mahagoni und in der Sonne bekommt es einen leichten roten Schimmer. Es erinnert an Feuer, wenn es im Wind herumgezerrt wird.
Von den dunklen Locken lösen sich ein paar Tropfen, die kalt auf meine Haut fallen und mich aus der Trance seiner grünen Augen zwingen. Erst jetzt bemerke ich, dass sein Gesicht nur eine Handbreite von meinem entfernt ist. Sein Atem meine Haut streicht. Nun stolpert mein Herz doch aus dem regelmäßigen Rhythmus.
„Ordnungshüter? - Hast du wieder etwas gestohlen, kleiner Drache?", fragt Keir leise, mit einem neckenden Unterton. Beinah nur ein Wispern, das meine Lippen streift und sie kräuseln lässt. Der leichte Duft des Waldes weht mir entgegen und bringt mein Herz ganz aus jeglicher Art eines Rhythmus. Doch es ist der Kosename, der mich um den Verstand bringt. Es hat nichts mit dem Feuer zu tun. Als kleines Mädchen glaubte ich, ich könnte eines Tages fliegen. Die Schwingen ausbreiten und einfach abheben, wie es die majestätischen Tiere einst taten, bevor sie gejagt und ausgerottet wurden.
Bevor ich Keir antworte, ziehe ich ihn am Kragen zu einem Kuss. Im ersten Moment erstarrt er, entgegnet nach zwei Herzschlägen das leidenschaftliche Spiel unsere Lippen. Wärme prickelt in meinem Inneren auf, krabbelt über meine Haut und wärmt meine Wangen. Meine Hände graben sich in das feuchte Haar des jungen Mannes, der das gleich vorhat. Doch ich löse mich mit einem schelmischen Grinsen, bevor er dazu kommt.
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Drachenflüstern
Fantasy„Ist das alles ein Spiel für dich?", fragt er so wütend, wie lange nicht mehr. „Ja, ist es!", entgegne ich entschlossen. „Ich sterbe lieber mit einem Lächeln auf dem Gesicht, anstatt einem Blick über die Schulter." Amaya ist ihr ganzes Leben auf der...