1. Stuhlkreis

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Irgendwas piept. Scheiße. Nur was? Oh, mein Wecker. Ich mache meinen Wecker aus, stehe widerwillig auf und gehe unter die dusche. Ich könnte mich auch einfach wieder schlafen legen. Aber dann würde ich wirklich Stress bekommen. Verdammt. "Carolin, würdest du dich bitte beeilen? Du bist zu spät dran!" rief mir meine Mutter zu. Achja. Das "bitte" war ja auch wirklich nett gemeint. Sie zwingt mich dazu, aber sagt bitte. Na dann. Schnell steige ich aus der dusche, suche was zum anziehen und föhne meine Haare. Meine Mutter könnte mich auch fahren, aber nein, natürlich will sie keinen Umweg zur Arbeit nehmen. Naja, dann muss ich wenigstens nicht mit ihr in einem Auto sitzen. Ich gehe in die Küche, um mir noch was zu essen mitzunehmen. Mein Blick bleibt an der Uhr hängen. SCHEIßE. Ich muss los! Ich packe schnell noch einen Apfel ein und meinen Schlüssel. Dann verlasse ich die Wohnung, ohne etwas zu sagen und renne zur S-Bahn. Ich schaffe es noch so gerade in die schon stehende Bahn und bleibe an der Tür stehen. Sitzen muss ich gleich noch genug. Die Bahn hält an und ich steige aus. Nach ein paar Metern Fußweg komme ich an meinem Ziel an. Ein großes, weißes Gebäude mit zwei geöffneten Türen. Es sieht recht einladend aus, aber nirgendwo ist ein Hinweis darauf, was sich im Gebäude befindet. Besser so, dann weiß auch niemand was ich hier mache. Ich bleibe vor dem Gebäude stehen und rauche noch eine Zigarette, gegen den Stress. Nach der Zigarette gehe ich rein. Ich bin zu früh, das ist untypisch für mich. Normalerweise kommt immer etwas dazwischen, was mich davon abhält pünktlich zu sein, obwohl ich es wirklich will. Ich setze mich auf den Platz, auf dem ich immer sitze. Mal schauen, wer heute alles so da ist. Ich sitze nun also in diesem Raum, indem ich Hilfe bekommen soll. Wo mir Hilfe versprochen wird. Und ich fühle mich unwohl. Sehr unwohl. Ich will nicht hier sein und ich finde es schrecklich hier sein zu müssen. Vertieft in meine Gedanken merke ich nicht, wie alle anderen rein kommen und sich auch setzen. Nun sitzen wir im Kreis und Robert fängt an zu sprechen. "Ich finde es gut wie viele von euch heute da sind, um sich zu helfen. Ich freue mich immer, euch wiederzusehen. Wirklich, ich bin froh, dass ihr es wieder bis zu diesem Termin geschafft habt, ich hoffe ihr bleibt weiter stark. Da wir ein paar neue Gesichter in unserer Selbsthilfegruppe haben, würde ich vorschlagen, dass ihr euch alle nochmal Vorstellt. Ähm, Lisa, fang doch mal an, bitte." Er deutet auf ein Mädchen dass rechts von ihm sitzt. Das blonde Mädchen fängt an zu erzählen "Ich bin Lisa, 17 und werde in meiner Schule fertiggemacht. Der Grund ist, dass ich noch keinen Freund hatte. Niemand akzeptiert das und alle betiteln mich als Nonne und werfen mich mit Dingen ab und es ist alles schrecklich. Ich verstehe nicht, warum sie mich alle hassen." Sie fängt an zu schluchzen und Robert umarmt sie und versucht sie zu trösten. Es funktioniert ganz gut und nachdem sie sich beruhigt hat stellen sich nach und nach alle vor. Dann bin ich dran und ich fange an und versuche so wenig privates zu erzählen wie möglich.

Die AußenseiterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt