Der Anruf sorgte dafür, dass Emma ihr Training noch sehr viel ernster nahm, als zuvor. Sie wollte nicht nur Videos machen, um Matteo zu erreichen. Sie wollte auch laufen können, wenn sie sich irgendwann mal wiedersehen sollten. Es war merkwürdig, denn nicht nur bei ihr änderte sich alles, nachdem Matteo betrunken angerufen hatte, sondern auch bei Luca, der sehr still wurde und in sich kehrte. Sogar Ben war schweigsamer, als zuvor. Vielleicht war es auch gar nicht der Anruf, sondern das hoch emotionale Konzert, das sie zusammengespielt hatten. Doch was auch immer es war, hatte sich irgendwas verändert, was Emma noch mehr aufwühlte, als sie es sowieso schon war.
Doch sie hatte nicht die Kraft, sich damit zu beschäftigen, weil sie viel zu sehr mit ihren eigenen Emotionen zu kämpfen hatte.
„Ich will dir was zeigen!", sage Ben dann am nächsten Tag zu ihr und reichte ihr sein MacBook, während sie gedankenverloren im Garten saß und vor sich hin starrte. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er zu den de Marinos gekommen war.
Es war ein Video zu sehen, zu dem er die Bestätigung haben wollte, es posten zu können. Emma spielte es ab und sah sie an dem Celle, Luca an der Posaune. Es war nicht nur bewegend, das zu sehen. Sie war so froh darüber, dass er diesen Moment festgehalten hatte, der so bedeutend war. Sie konnte sehen, wie sie von ihren Gefühlen übermannt wurde, während sie spielte, aber auch Luca schien sehr zu kämpfen zu haben. Der Klang war phantastisch. Nicht nur, weil Ben einfach ein talentierter Filmproduzent war, sondern der Klang der harmonierenden Instrumente. Sie haben beide nicht fehlerfrei und perfekt gespielt, doch es war frei interpretiert. Setzte Emma anders an, als erwartet, stieg er einfach neu mit ein, oder wenn er einen anderen Part spielte, machte sie mit. Man konnte sehen und spüren, dass sie es aus Freude an der Musik machten und nicht, weil es perfekt sein sollte.
„Es ist wunderschön!", seufzte Emma, als das Video zu Ende war.
„Das ist es wirklich. Ihr habt miteinander gespielt, als würdet ihr es schon seit Jahren machen."
„Naja, er ist einfach so gut, dass er mit einsteigen konnte."
„Du aber auch.", lächelte er und nahm ihr das MacBook ab.
„Was ist los, Ben? Du bist so merkwürdig!", fragte sie ihn dann.
Er sah sie eine Weile an, holte sich dann einen Stuhl ran und atmete tief durch. Emma machte sich beinahe Sorgen, weil er so ernst wurde. Das kam äußerst selten vor.
„Was ist, wenn Matteo recht hat?"
Sie sah ihn verwundert an und wusste nicht, wie er das meinte. Vor allem war er betrunken gewesen.
„Womit?", fragte sie ihn stutzig.
Er beugte sich über, so dass er seine Ellbogen auf seinen Knien abstützen konnte und sah auf den Boden.
„Womit denn, Ben?", fragte sie ihn nochmal, als er einfach nicht darauf antworten sollte. Dann hob er seinen Blick und sah sie an, als würde es ihm sehr schwerfallen, das zu sagen.
„Dass ich ein Idiot wäre, wenn ich dich zu einem anderen gehen lasse.", ließ er es heraus und sie starrte ihn fassungslos an.
Was sollte sie darauf sagen? Es drang ihr bis ins Mark, denn das, was er sagte, könnte nun alles zwischen ihnen verändern.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht verliebt in dich bin.", meinte er, blieb aber sehr ernst.
„Doch das sage ich jetzt, wo wir jeden Tag zusammen sind, beide hier sitzen und keiner von uns eine Beziehung hat. Wir können weiter so befreundet sein, wie wir jetzt sind. Doch was wird sein, wenn du vor den Traualtar gehst und nicht ich der Typ bin, der vorne steht, und Rotz und Wasser heult. Werde ich es dann bereuen? Werde ich der Typ sein, der wie in den schlechten Hollywoodromanzen von hinten rein rennt und schreit, dass du es nicht tun sollst, weil ich dich schon immer geliebt habe? Werde ich mich irgendwann dafür hassen, dass ich nicht auf deinen Dad gehört habe und dir diesen bescheuerten Ring gegeben habe?"
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Leben, lieben und niemals aufgeben
RomanceEmma war eine schlagfertige, lebensfrohe, junge Frau, die schon seit Jahren mit ihrem Hund Toni mitten in einer Kleinstadt wohnte. Sie arbeitete in einem Pub, dem Berry's, das gerade um die Ecke war. In ihrem Stadtteil war sie bekannt dafür, dass s...