Nach dem harten Training am frühen Morgen beschloss Hansi Flick nach der Mittagsruhe mit den Spielern Gespräche zu führen. Im Sommer stand wieder ein großes Turnier an und er wollte seine Ziele und Vorstellungen mit denen seiner Kicker abgleichen und besprechen. Natürlich machte sich der Nationaltrainer schon lange Gedanken über den Kader, welchen er zur Meisterschaft nominierte. Einige hatten ihre Plätze sicher, solange sie sich nicht mehr verletzten, viele andere aber mussten sich zeigen, durch Leistung, Disziplin, Kampf und unbändigen Willen.Julian Brandt war einer der Kandidaten, die sich noch beweisen mussten. Vor einem Jahr hatten wohl alle gesagt, den Brandt, den musst du mitnehmen, aber inzwischen traf er zu oft die falschen Entscheidungen. Teilweise spielte er zu risikoreich und verzockte sich mehrmals, dadurch hatte er nicht nur ein Gegentor für den BVB verschuldet.
Bei Kai sah die Sache ganz anders aus. Er gewann die Champions League, spielte die Premier League schwindelig und war bei der enttäuschenden Europameisterschaft einer der Lichtblicke in der deutschen Mannschaft.
Mit den meisten ihrer Teamkollegen hatte Hansi schon gesprochen und jetzt kurz vor dem Abendessen waren die beiden Fußballer gemeinsam an der Reihe.
Ihre Freunde und Teamkollegen hatten nicht viel über die Gespräche erzählt. Nur Manuel, Joshua und Marco wurden wichtige Rollen zugetragen, den sie waren die mündigsten Spieler. Sie machten den Mund auf, sprachen Dinge an, die sich nicht jeder traute, motivierten aber vor allem alle ihrer Mitspieler und waren stets voller Respekt gegenüber den anderen.
Julian klopfte an die Tür des Arbeitsraums vom Staff. Nachdem sie hineingetreten waren, wurden sie vom kompletten Trainerstab überrascht. Hinter dem Schreibtisch saß nicht nur der Bundestrainer, sondern auch die beiden Assistenztrainer und das Team hinter dem Team.
"Jungs, setzt euch." Hansi zeigte auf die beiden freien Stühle vor seinem Tisch.
"Wir haben lange überlegt, ob wir mit euch darüber reden sollen. Ich habe eine ganz klare Meinung dazu und ich möchte, dass ihr euch in keinster Weise unwohl oder unter Druck gesetzt fühlt." begann Hansi, während sein Team die beiden Fußballspieler vorsichtig anlächelte.
Abwartend schaute sich das Paar an. Was wollte Hansi von ihnen, sie hatten sich eigentlich auf ein persönliches Gespräch über ihre Leistungen und Einsätze vorbereitet, aber das hörte sich bisher nicht danach an.
"Ihr wisst, mich interessiert euer Privatleben nicht, solange es nicht in der Presse ist oder schlechtes Licht auf die Nationalelf wirft. Ich möchte euch wissen lassen, dass ich immer hinter euch stehe und für euch da bin, wenn ihr mich braucht." erklärte ihr Trainer weiter.
Über Taktik, Technik oder andere fußballerische Dinge wollte er heute wohl nicht mehr sprechen. Wirklich bereit, um mit seinem Trainer über dieses Thema zu sprechen, war Kai eigentlich noch nicht.
"Hansi, das ehrt uns sehr, warum jedoch willst du oder ihr über unsere Beziehung reden, entschuldige, aber was geht euch das alles an? Wir lieben uns, sind in einer Beziehung, bringen aber auch unsere Leistung und repräsentieren die Nationalmannschaft, wo ist das Problem?" Irritiert und ruhig beobachtete Kai Hansis Reaktion auf Julians energische Frage.
Er musste seinem Freund aber Recht geben. Ihm fiel es schon schwer genug seinen Eltern oder seinen Freunden davon zu erzählen und jetzt wollte sein Trainer mit ihm über die Sache sprechen, womöglich wollte er ihnen auch noch vorschreiben, wie das weitere Vorgehen in einem solchen Falle war.
"Keinen Grund zur Sorge. Wir möchten nur von euch wissen, ob ihr Unterstützung benötigt?" fragte Danny.
Schnell schüttelten Kai und Julian den Kopf.
"Warum macht ihr so eine große Sache daraus?" presste Kai heraus.
"Wir möchten euch schützen."
Für die beiden Fußballer war dieses Gespräch sehr anstrengend und unangenehm, was vor allem daran lag, dass auch Hansi sich schwer tat. Dieses Thema war das größte Tabu im Weltfußball. Es wurde nicht darüber gesprochen und wenn doch, dann taten manche so, als wäre es das leichteste der Welt sich zu outen, solange sie es nicht selbst waren. Doch das Problem war nicht, dass sie Angst davor hatten, sondern dass sie es gar nicht wollten. Es musste nicht jeder Fremde auf dieser Welt wissen, wen sie liebten. So wie bei jedem Normalo auch.
"Julian, Kai, ich weiß es fällt euch schwer mit mir darüber zu sprechen, das gleiche gilt für uns aber ebenfalls. Falls ihr Hilfe braucht, kommt bitte auf uns zu. Ihr könnt uns vertrauen." Das Team stimmte Hansi zu und nickte den Fußballern zu.
Als sie das Büro verließen, atmeten Julian und Kai erstmal durch. Die ganze Situation überforderte sie völlig.
"Ich habe schon gedacht, Hansi kommt mit dem gleichen Spruch wie Sophia immer." flüsterte Kai Jule leise zu, während sie über den Flur zu ihrem Zimmer zurück liefen.
"Was?" entgegnete der Dortmunder.
"Sie hat jetzt schon paar mal zu mir gesagt, wir könnten im Fußball etwas bewirken."
"Könnten wir wirklich." überlegte Julian. "Aber ist es das uns wert?" hinterfragte er sich aber direkt wieder.
„Nein."
„Noch nicht."
Momentan konnte Kai es sich nicht vorstellen, aber irgendwann wollte er ein Leben wie seine Freunde und Familie, in dem man sich nicht für seine Liebe rechtfertigen musste.
„Kai, irgendwann schaffen wir das, aber im Moment will ich einfach im Sommer im Kader stehen. Wir sind ein gutes Team, Harvey." Julian machte Kai Mut, aber sie wussten beide, wenn sie sich irgendwann dafür entschieden, mussten sie zusammenhalten und zwar mehr denn je.
„Warum machen sich eigentlich alle anderen mehr Gedanken als wir?" fragte Julian, während er die Zimmertür schloss.
„Ich habe mich damit abgefunden." bestätigte Kai seinen Freund in dessen Wahrnehmung.
Julian Brandt ließ es vor Kai selten durchsickern, aber er war bereit, er wollte nicht mehr lügen, sich nicht mehr zurückziehen, er wollte einfach er selbst sein.
Ein Fußballspieler, der einen Mann liebte, der sich nicht verstecken musste. Jetzt mit Mitte Zwanzig hatte er es verdient endlich glücklich zu sein.
Kein Geld der Welt war es wert darauf zu verzichten.
Nur Kai war da schon immer anders, er zeigte kaum Emotionen, er sprach selten aus was er dachte, viel eher überspielte er seine wahren Gefühlen mit einem Witz oder lenkte von sich auf andere.
Der Blonde notierte sich hinter den Ohren langsam einen Plan zu schmieden, wie sie näher an das Leben, dass sie sich so sehr wünschten, kamen.
„Lass uns bei unseren Vereinen beginnen. Dann sind wir hoffentlich schon mal in der Kabine sicher. Und spätestens bei der nächsten Länderspielpause kreieren wir neue Pläne." schlug Jule vor.
„Mhm okay."
Kai war noch skeptisch, aber in letzter Zeit hatte Jule immer wieder diese Andeutungen gemacht, dass ihm das Versteckspiel auf die Nerven ging.
Es war still in ihrem Zimmer. Fast konnten sie die Gedanken des anderen hören, so sehr rauchten ihre Köpfe nach diesen Gesprächen.
Jule ging auf Kai zu und schob ihn leicht gegen die Wand. Mit seinen weichen Handflächen umrahmte er das Gesicht des Größeren, der ihm daraufhin direkt in die Augen schaute.
Während Kai noch abgelenkt von Jules plötzlicher Nähe war, legte der Ältere schon seine Lippen ganz sanft auf seine.
„Wir schaffen das Kai." flüsterte Jule, bevor er ihm noch einen kurzen Kuss gab.
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What is Love? - Bravertz
FanfictionJulian Brandt und Kai Havertz sind die beiden aufsteigenden Talente der deutschen Nationalmannschaft und Bayer 04 Leverkusen. Doch dann sehen sie sich nicht mehr jeden Tag im Training, spielen nicht mehr gemeinsam für eine Mannschaft, sind plötzlic...