Nach Luft ringend erwachte ich schweißgebadet aus einem Alptraum und fasste mir sofort an mein schnell schlagendes Herz.
Der Raum war sonnendurchflutet und ich war wirklich froh, mich nicht an meinen Traum erinnern zu können, wobei die Realität mir noch wesentlich schlimmer vorkam.
Nero hob seinen Kopf leicht an und schaute mich irgendwie nachdenklich an, woraufhin ich ihm sofort einen Kuss auf seine Stirn gab und mich anschließend langsam aus dem warmen Bett erhob.
Immer noch durcheinander über das ganze Chaos, ließ ich meinen Kopf in meine Hände fallen und sofort kamen erneut Erinnerungen in mir hoch...
Die Erinnerung an meine unerträgliche Angst, an meine panischen Schreie und meine unzähligen Tränen. Wieder sah ich ihn direkt vor mir und obwohl es draußen hell war, würde ich mich vermutlich nie wieder trauen, auch nur einen Blick aus diesem Fenster zu werfen.
Allein der Gedanke daran ließ mich erschaudern und ich schüttelte mich kurz, um sofort zum Badezimmer zu laufen.
Ich stellte das warme Wasser an, riss mir die verschwitzten und voller Blut gesogenen Klamotten vom Leib und stieg danach in die Kabine, um mich unter der prasselden Wärme auf diesen Tag und die mir bevorstehenden Fragen vorzubereiten.
Mein Kopf spielte mir immer wieder Szenen in den Verstand, die ich mit aller Macht versuchte zu verdrängen, doch nachdem es mir einfach nicht mehr gelang und ich förmlich spürte, wie mich die Angst der letzten Nacht wieder einnehmen wollte, drehte ich den Hahn zu und trocknete mich eilig ab, um mich dann noch hastig anzuziehen.
Eine schwarze Leggins, ein viel zu großes gelbes T-Shirt und so lief ich dann mit nassen Haaren und schnellen Schritten die Treppen herunter.
Im Wohnzimmer angekommen standen Senan und Rian am Tisch, wovon letzterer sofort auf mich zukam und mit dem Blick in seine Augen, fiel mir plötzlich auch wieder ein, dass ich ihm eine geknallt hatte.
Ob er mir das übel nahm???
"Es tut mir so leid", hauchte er, als er direkt vor mir stehenblieb und meine Hände dabei in seine nahm. "Ich weiß, dass eine Entschuldigung sicher nichts davon, was du durchmachen musstest, wieder gut macht, aber ich verspreche dir, dass sowas nicht noch einmal vorkommt."
Er klang ehrlich, doch er wusste, genauso gut wie ich auch, dass er sowas nicht versprechen konnte. Wahrscheinlich tat er es trotzdem, um mir wenigstens ein kleines Gefühl meiner Sicherheit wiederzugeben und darüber dankbar, nickte ich und schlang meine Arme um seinen breiten Körper, um mich fest an ihn zu schmiegen.
"Und mir tut es leid, dass ich dir eine geknallt habe", flüsterte ich an sein schwarzes Hemd und zog dann seinen Geruch tief in mich ein, wodurch ich mich sofort ein wenig beruhigte.
"Das war ja wohl das Mindeste", sprach er ruhig und streichelte mir dabei sanft über meinen Rücken, bis die Terrassentür sich öffnete und ich neugierig an ihm vorbeispähte.
"Senan, komm!", rief Odran seinen kleinen Bruder, der ihm daraufhin nach draußen folgte. Erst jetzt, mit dem Blick nach draußen, fielen mir die vielen bewaffneten Männer auf, die allesamt wie aufgescheuchte Hühner umherrannten.
Sie sollten vermutlich für unsere Sicherheit sorgen, doch das konnten sie nicht. Mir wurde nämlich klar, dass ich wahrscheinlich schon seit Tagen beobachtet wurde und niemand hatte es bemerkt ... Außer ich selbst und ich traute mich nicht, jemanden davon zu erzählen....
"Setz dich", riss Rian mich aus meinen Gedanken und führte mich an der Hand zum Esstisch, wo ich mich erschöpft auf einem der Stühle niederließ und ihm dabei zusah, wie er zur Küche verschwand und mit einer noch dampfenden Tasse zurückkam.
Er stellte den wohlriechenden Kaffe genau vor mir auf den Tisch und sofort erkannte ich hinter der Tasse die zwei Pistolen, die dort immer noch lagen und mich allein von ihrem Anblick die Luft anhalten ließen.
"Erzähl mir jetzt ganz genau, was passiert ist. Jedes noch so kleine Detail kann überaus wichtig sein", sprach Rian ruhig auf mich ein und setzte sich dabei auf den Stuhl genau vor mich, um meine Hände erneut in seine zu nehmen.
Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte, also erzählte ich erst einmal davon, dass ich mich vor einigen Tagen beobachtet fühlte, woraufhin er mir plötzlich vorwarf, wieso ich es nicht sofort erzählt hätte.
"Ich hatte Angst, dass du mich als schwach ansiehst! Außerdem war ich mir nicht einmal sicher, ob das alles überhaupt real war oder Streiche meines gestressten Verstandes!", verteidigte ich mich und sofort stand er auf und lief aufgebracht vor mir hin und her.
"Und was war gestern?", wollte er dann wissen und sah mich eindringlich an.
"Ich hab jemanden gesehen, von meinem Fenster aus und wollte euch davon erzählen, doch mir hat ja keiner zugehört!", konfrontierte ich ihn mit der Wahrheit, um ihm klarzumachen, dass er wirklich einen Fehler gemacht hatte.
"Ich habe mich entschuldigt", meinte er nur vollkommen gefasst, als wäre dadurch alles vergessen und setzte sich dann wieder auf den Stuhl vor mir. "Was ist dann passiert?"
"Der eine Wachmann hat mich nach unten begleitet, genau wie Nero, doch da war niemand mehr. Wieder zweifelte ich an meinem Verstand und lief einige Schritte durch den Sand, bis ich ein Geräusch wahrnahm und Nero bellte."
Rian hörte mir aufmerksam zu, nickte dabei immer wieder und an Stellen, wo ich kaum sprechen konnte, da Tränen wieder meine Augen einnahmen, streichelte er sanft über meine Hände, doch es brachte mir rein gar nichts.
Die Angst blieb tief in mir verankert.
Dann erzählte ich ihn von der komischen Situation mit der Fingerpistole, woraufhin er kurz geistig abwesend wirkte und dann verlangte, dass ich den Typ beschreiben sollte.
Wie sollte man jemanden beschreiben, der nachts nur schwarze Klamotten anhatte?
"Er sah dunkel aus", meinte ich dann schulterzuckend und er hob fragend eine Augenbraue.
"Also ein Afroamerikaner?"
"Nein!", schüttelte ich sofort den Kopf, doch dann fiel mir ein, dass er eben doch einer hätte sein können. Ich hatte kein Stück seiner Haut gesehen. "Also, ich weiß es nicht, aber mit dunkel meinte ich, dass er vollkommen schwarz angezogen war und auch eine Maske anhatte."
"Größe?"
Rian stand auf, nahm einen Zettel von dem Tisch und mit dem Stift in der Hand schaute er mich dann abwartend an.
"Hast du mir eigentlich zugehört??? Es war stockdunkel!"
"Du wirst ja wohl erkannt haben, ob es ein Riese oder ein Zwerg war!"
"Wäre es ein Zwerg gewesen, hätte ich wohl kaum Angst gehabt!!"
Ich stand auf und starrte ihn wütend an, während auch er verärgert über meine patzigen Antworten wirkte.
"Auch ein Zwerg ist gefährlich, solange er eine Waffe in der Hand hält", meinte er dann nur mit seiner kalten Stimme und wandte den Blick nach draußen.
Ich atmete einmal tief durch und wollte dieses Thema schnell beenden, also versuchte ich mich so gut es ging zu erinnern.
"War war groß, ungefähr so wie Senan aber breiter als er. Er legte immer wieder den Kopf ganz komisch schief, wenn er mich ansah", erklärte ich und Rian suchte daraufhin meinen Blick.
"Was meinst du damit?"
"Na wie so ein Zombie, die den Kopf immer so zu ihrer Schulter schwenken lassen."
Ich machte diese Bewegung so gut es mir möglich war nach und die Art, wie Rian mich dabei ansah, brachte mich plötzlich so laut zum Lachen, dass er nur große Augen machte.
Vermutlich hatte ich immer noch einen Schock ....
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Rian - Bis dass der Hass uns scheidet
Romance- Abgeschlossen - Darkromance | Drama ______ Rian & Keeva Zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, denn während sie die Frau ist, die sich immer an alle Regeln hält, ist er der Mann, der diese täglich bricht. Ihr Leben dreht sich da...