Kapitel 45 - Gewöhnungsbedürftig

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Die kommenden Stunden brachten wir uns gegenseitig auf den neuesten Stand. Es war ernüchternd zu erfahren, dass es Harry nicht gelungen war, einen weiteren Horkrux aufzutreiben. Viel schlimmer war allerdings die Tatsache, dass er nicht die leiseste Ahnung hatte, wo er noch suchen sollte.

"Ich glaube, du hättest eher fündig werden können, als ich", sagte er frustriert und ich sah ihn verwirrt an. "Wie meinst du das?"

"Überleg doch mal - das Tagebuch, das Medaillon. Alles war aus dem Hause Malfoy."

Schon allein den Namen zu hören, traf mich. Noch mehr allerdings die Wahrheit hinter seinen Worten. Entsetzt starrte ich ihn an. Ich war die ganze Zeit dort gewesen! Warum war es mir nicht einmal in den Sinn gekommen, mich nach einem Horkrux umzusehen? Stattdessen hatte ich Stunden in der Bibliothek verbracht und mich über die Dinge belesen, die es sein könnten. Mit Schrecken dachte ich an die geheime Schatzkammer. Was hatte außer der Prophezeiung noch in ihren Untiefen geschlummert? Jetzt, da es ausgeschlossen war, zurückzukehren, schien es mir sonnenklar, dass sich in Malfoy Manor mindestens noch ein Horkrux befand.

"Oh Harry. Ich bin so dämlich!" Ich vergrub das Gesicht in den Händen.

"Das sollte kein Vorwurf sein", sagte er rasch. "Du hattest wirklich andere Probleme. Wie hast du es überhaupt geschafft, dass Voldemort dir vertraut? Ich kann es immer noch nicht glauben, dass es so einfach gewesen ist, ihn glauben zu lassen, dass du auf seiner Seite stündest."

Es tat gut, jemand anderen wieder diesen Namen benutzen zu hören. Ich verzog das Gesicht und sagte, während ich meinen linken Unterarm entblößte: "Von einfach kann gar keine Rede sein."

Harry schnappte nach Luft und starrte mich an, wie man jemanden ansieht, an dem sich vergangen wurde. "Wie konntest du das zulassen? Wieso hat Draco dich nicht davor beschützt? Ich dachte, du sagtest, er liebt dich!"

Er war immer lauter geworden und bei den letzten Worten aufgesprungen. Ich sah ungläubig zu ihm auf, ehe sich auch in mir Wut regte. "Wie kannst du glauben, dass ich es gemacht hätte, wenn ich eine Wahl gehabt hätte? Für wie blöd hälst du mich eigentlich?"

"Man hat immer eine Wahl!", sagte er wütend.

Ich fuhr ebenfalls in die Höhe und rief: "Jetzt hör doch mal mit diesem Unsinn auf! Es gibt viel mehr als nur Schwarz oder Weiß. Auch in dir ist eine dunkle Seite, Harry Potter! Und nur weil ich dieses Schandmal trage, macht mich das nicht zu einem anderen Menschen als vorher! Im Gegenteil - es ist das Symbol meines Widerstandes und allem, was ich aufgegeben habe, um jetzt hier sein zu können!"

Er sah mich beschämt an, ehe er murmelte: "Es tut mir Leid, Kim. Es hat mich einfach so schockiert, das Teil an dir zu sehen."

"Es ist nichts anderes als deine Narbe", sagte ich, nun wieder ruhiger. "Eine Erinnerung. Etwas, das mich gezeichnet hat und immer daran erinnern wird, wofür ich kämpfe."

Er nickte und setzte sich wieder. "Vermutlich war ich schon zu lange allein in diesem Zelt."

Ich lächelte schief und tat es ihm gleich.

"Oh, da fällt mir ein..." Er sprang wieder auf, ging zu einem der Betten hinüber, kramte in seinem Umhang und kam mit einem kleinen Buch und - ich verzog verwirrt das Gesicht - einem goldenen Schnatz zurück. "Das hat Dumbledore uns vermacht. Ron hat seinen Deluminatur mitgenommen."

Ich wusste, dass mein Gesicht ein einziges Fragezeichen war, denn schnell fuhr er fort: "Der kann Lichter an und aus machen. Das hier ist der Schnatz aus meinem ersten Quiddichspiel und dir gehört das Buch."

Er legte das Buch vor mich auf den Tisch. Ich starrte es an, als würden ihm gleich Flügel wachsen. "Das ist ein Kinderbuch, oder?"

Harry sah mich beinahe mitleidig an. "Dumbledores Art, Nachrichten zu hinterlassen. Du wirst dich daran gewöhnen. Oder glaubst du es ist Zufall, dass ich bei der Suche nach den restlichen Horkruxen immer noch im Dunkeln tappe?"

Der Zauber um Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt