40. Freunde

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Langsam öffnete Remus die Augen. Die Welt um ihn herum war verschwommen und sein Kopf dröhnte. Er beschloss, dass es besser war, die Augen noch mal zuzumachen. Doch nun, da er wach war, spürte er die Schmerzen, nicht nur in seinem Kopf, sondern in seinem ganzen Körper. Also öffnete er die Augen wieder, obwohl es viel zu hell war. 

Nur langsam nahm seine Umgebung klare Formen an. Er blickte an die weiße Decke des Krankenflügels. Er lag in einem Bett, das wie immer durch einen Vorhang von den neugierigen Blicken der anderen Schüler abgeschirmt war. Doch eine Sache war dieses Mal anders. Auf einem Stuhl neben seinem Bett saß Professor Dumbledore. 

Er beobachtete anscheinend ganz in Gedanken verloren den Staub, der in der Luft schwebte, sichtbar gemacht durch das einfallende Licht. Sein weißes Haar und der Bart schimmerten in der Sonne. Einen Augenblick betrachtete Remus ihn nur, denn er war sich nicht so sicher, ob er etwas sagen sollte, doch dann fiel Professor Dumbledores Blick auf ihn er und lächelte freundlich: „Madam Pomfrey meinte, du würdest wahrscheinlich den ganzen Tag verschlafen und es sei Zeitverschwendung hier zu warten, aber wie ich sehe, hat sie nicht recht behalten." 

Remus lächelte matt zurück, auch wenn er nicht so genau wusste, was er antworten sollte. Doch das brauchte er gar nicht, denn Professor Dumbledore sprach weiter: „Ist es nicht faszinierend, wie aus ein wenig Staub und Sonnenlicht, etwas entstehen kann, das so magisch aussieht?" Er wies vor sich in die Luft. Einen Moment lang betrachteten sie die glitzernden Staubpartikel, die dort umherschwebten. 

„Ich weiß, du musst noch sehr müde sein, trotzdem würde ich dich bitten, mir zu erzählen, an was du dich von der letzten Nacht erinnerst", sagte Professor Dumbledore schließlich. 

Remus fühlte sich noch ziemlich benebelt, besonders wenn er versuchte, sich an die letzte Nacht zu erinnern. Er versuchte irgendeinen Sinn und Zusammenhang in seinen Erlebnissen als Werwolf zu schaffen, aber das war gar nicht so einfach. Es war aufregend, gewesen, ja irgendetwas war anders gewesen. Und er war sehr, sehr wütend gewesen, rasend vor Wut. Deshalb tat ihm jetzt wahrscheinlich auch alles so weh. 

„Irgendwas...", setzte Remus an, doch es war mehr ein Krächzen als ein richtiges Wort, das aus seinem Mund kam. Er versuchte es erneut. „Irgendetwas war anders" sagte er heiser, „ich war ganz aufgeregt und dann ganz wütend..." 

Und da fiel es Remus plötzlich wie Schuppen von den Augen. Letzte Nacht war etwas passiert. Jemandem war etwas passiert, er hatte jemanden angegriffen. Warum sonst sollte Professor Dumbledore hier sein? Remus holte tief Luft und versuchte sich aufzusetzen, doch das schaffte er nicht. 

„Habe...", setzte er an, „habe ich jemanden angegriffen?" 

Einen Moment zögerte Professor Dumbledore, dann sagte er: „Ich finde, so kann man das nicht sagen, wenn man die Reihenfolge der Geschehnisse in Betracht zieht. Ich sollte vornweg sagen, niemandem ist etwas Schlimmes passiert, du brauchst also keine Angst zu haben. Ich denke, es wäre am besten, du lässt mich zuerst alles von vorne erklären und stellst erst danach Fragen." 

Eigentlich wollte Remus ja sagen, aber er konnte nur nicken. In seinem müden Kopf drehte sich alles. 

„Gut", sagte Professor Dumbledore, „nun, dir ist bestimmt bewusst, dass deine Freunde sehr neugierig sind." 

Oh nein, dachte Remus, nicht James, Sirius oder Peter, ihnen durfte nichts passiert sein! Doch er schwieg, so wie Professor Dumbledore ihn gebeten hatte. 

„Jedenfalls sind sie gestern Abend auf die Idee gekommen, dir zu folgen, bis zur Peitschenden Weide und in den Geheimgang", fuhr Professor Dumbledore fort. 

Remus Augen weiteten sich, seine Gedanken rasten, doch er blieb weiter still. 

„Ganz offensichtlich hatten sie ihr Vorhaben nicht richtig durchdacht, denn als sie in der Hütte ankamen, bekamen sie es mit einem verwandelten Werwolf zu tun. Glücklicherweise haben sie geistesgegenwärtig reagiert und das Weite gesucht und außer ein paar Kratzern ist nichts Schlimmeres passiert. Es geht ihnen allen Dreien gut. Allerdings musst du wissen, dass sie dein Geheimnis jetzt kennen. Viel wichtiger aber noch, dass sie es nicht verraten werden. Sie haben es mir geschworen. Ich wollte nur, dass du weißt, dass das, was passiert ist, rein gar nichts daran ändert, dass du Schüler an dieser Schule bist." 

Die Rumtreiber in Hogwarts - Das erste JahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt