<< zwanzig >>

2.6K 170 30
                                    

Nach nicht all zu langer Zeit kam ich dann auch schon vor dem Restaurant an und packte mir meine Kopfhörer in meine Jackentasche. Ich setzte mir ein Lächeln ins Gesicht und betrat das Gebäude. Schon auf den ersten Blick entdeckte ich sie, denn sie saß nicht weit vom Eingang entfernt. Doch was mich ein wenig wunderte war, dass neben ihr ein anderer Kerl saß. Die beiden unterhielten sich angeregt und bemerkten mich erst, als ich schon am Tisch stand. "Melly!", quietschte meine Schwester und sprang mir in die Arme. Lächelnd drückte ich sie an mich heran und beobachtete den Kerl, welcher immer noch am Tisch saß. Sie löste sich auch dann schon wieder und zog mich an den Tisch. "Also, ich wollte dir noch jemanden vorstellen" Verwirrt musterte ich sie und bekam ein wenig Panik vor ihren folgenden Worten. Denn Juli hatte schon sehr oft dämliche Sachen getan. Einmal hatte sie sich doch tatsächlich einen Affen zugelegt. Woher sie den bekommen hätte war mir bis heute immernoch ein Rätsel.

"Melly, das ist mein.." Ich ließ sie gar nicht erst aussprechen und warf meine Hände geschockt vor den Mund. "Dein Verlobter?!", schrie ich ein wenig fassungslos und erntete damit verwirrte Blicke der anderen Gäste. "Nein", lachte sie und zog mich auf die Sitzbank an unseren Tisch. Nun meldete sich auch der Kerl zu Wort und hielt mir lächelnd die Hand hin. "Ich bin Mike, ihr Ernährungsberater" Verwirrt runzelte ich die Stirn und musterte meine Schwester angestrengt. Was stimmte manchmal bloß nicht mit ihr?

"Seit wann brauchst du denn einen Ernährungsberater? Und wofür denn bitte?", sagte ich grinsend in einem leicht spöttischen Tonfall. Ein wenig empört, setzte sie sich gerader hin und spottete gespielt zurück. " Seitdem ich vegan Leben will", sagte sie überzeugt von sich selbst. Ich wollte mich eigentlich zurück halten, dennoch brach ich in schallendem Gelächter aus. Sie verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und schmollte vor sich hin. "Tut mir echt leid, aber du ziehst so was doch nie im Leben durch", kicherte ich nachdem ich mich ein wenig beruhigt hatte. Sie stöhnte genervt auf und verdrehte die Augen. "Ich kann so was sehr wohl durchziehen, dazu habe ich ja auch Mike engagiert", sagte sie und guckte mich ernst an. Kopschüttelnd tätschelte ich ihr auf die Schulter und lächelte fies. "Genauso, als du es mit dem Joggen gehen durchegzogen hast" Nun klappte ihr der Mund auf und sie war komplett darauf aus, mich zu überzeugen. Deshalb wand sie sich an Mike und lächelte ihn zuckersüß an. "Mikey, könntest du bitte für uns drei Essen besorgen, natürlich vegan" Mike nickte eifrig und hetzte in Windeseile davon. Er kam mir ein wenig vor wie ein aufgeregter Welpe.

"Du stehst auf ihn", stellte ich nach einer Weile fest. Meine Schwester riss geschockt die Augen auf und wollte schon protestieren, doch sie brachte tatsächlich kein Wort heraus und gab es schlussendlich mit einem traurigem Nicken zu. "Und wo liegt dann das aber?", fragte ich verwirrt. Denn wenn Juli auf einen Kerl stand, schnappte sie sich ihn auch normalerweise immer. "Aber er hat eine Freundin", seufzte sie und legte ihren Kopf seufzend auf dem Tisch ab. Ein wenig bemitleidend strich ich ihr übers Haar. "Der richtige kommt noch", lächelte ich sie aufmunternd an.

Nach einer Weile kam dann auch schon Mike wieder und stellte mit einem zufriedenem Gesichtsausdruck alles auf dem Tisch ab. "Lasst es euch schmecken", grinste er und ließ sich neben Juli nieder, welche ein wenig rot wurde. Schon traurig sie war Hals über Kopf in ihn verliebt, doch er war schon vergeben. Seufzend widmete ich meinem Essen. Irgendwie roch es nach Alkohol und da setzten meine Alarmglocken ein. "Sag mal Mike, was ist da drinnen?" Er schaute mich ein wenig verwirrt an, erzählte dann aber doch noch. "Das ist Reis mit veganem Rind und so einer Rum-Soße, wieso fragst du?" Nun schaute mich auch meine Schwester verwirrt an. Ich wurde ein wenig nervös und kaute auf meiner Lippe herum. "Naja, ich trink momentan keinen Alkohol", murmelte ich leise und betrachtete skeptisch mein Essen. Jetzt würde es auf jeden Fall rauskommen, dass zeigte mir zumindest der skeptische Blick von Juli.

"Melly, du hattest doch noch nie ein Problem mit Alkohol. Was ist los? Nimmst du irgendwelche Tabletten oder so?" Ich schüttelte den Kopf und traute mich gar nicht sie anzusehen. "Ich bin schwanger", hauchte ich leise, jedoch so, dass sie es verstand. Aus dem Augenwinkel sah ich wie ihre Augen sich weiteten und ihr Mund aufklappte. "Was?! Von wem denn bitte? Du hast ja noch nicht mal einen Freund!", schrie sie mich vorwurfsvoll an und wahrscheinlich lagen in diesem Moment etliche Blicke auf uns. "Es war nicht geplant", sagte ich ängstlich vor ihrer nächsten Reaktion. Doch sie sagte erst darauf nichts und schwieg. Ich drehte meinen Kopf zu ihr und schaute sie an. Ihr Blick war leer und ihre Augen strahlten nicht wie sonst. "Es war also ein One-Night-Stand? Was bist du denn für eine Schlampe!", zischte sie und rannte wütend mit Mike an der Hand aus dem Restaurant.

In meinen Augen bildeten sich Tränen und ich machte keinerlei Anstalten sie aufzuhalten. Frustriert ließ ich ihnen freien Lauf und begann laut aufzuschluchzen. Ich hätte mit allem gerechnet. Doch niemals hätte ich gedacht, dass mich meine Zwillingsschwester als eine Schlampe bezeichnen würde. Dabei war sie gerade diejenige die von den Männern nie genug bekam. Es schmerzte so sehr und ich wollte nur noch von irgendjemandem in den Arm genommen werden.

Ich verließ das Restaurant einfach so und versuchte durch meine verschleierte Sicht noch den richtigen Weg zu finden. Meine Augen mussten gerade bestimmt total rot angelaufen sein und von einem schwarzen zerlaufenen Maskara-Kranz umgeben sein. Schniefend stieg ich die Treppen zu seiner Wohnung hinauf. Alles in mir verzehrte sich danach mich bei ihm auszuheulen und mit zittrigen Fingern drückte ich vorsichtig auf seine Klingel. Marie und Louise waren beide unterwegs. Louise hätte heute ihr langersehntes Date mit Malik und Marie musste arbeiten. Sie stand bei Starbucks hinterm Tresen. Manchmal beneidete ich sie irgendwie. Eine Weile stand ich vor seiner Wohnung und wartete, doch nichts regte sich. Erneut bildeten sich Tränen in meinen Augen und ich fühlte mich zum ersten Mal so richtig allein. Schluchzend rutschte ich an der Tür hinunter und umklammerte meine Knie. In diesem Moment schien alles in mir so leer und aussichtslos. Irgendwann weinte ich mich in den Schlaf.

______________________________________________________
Oh man, dieses Kapitel ist irgendwie voll traurig... Weiß nicht wieso, aber bin selbst heute nicht so super gelaunt. Schule nervt. Naja, wie geht's euch so? :)

Wie man gemeinsam überlebt (Dner ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt