Sinnloses Leben

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Ich weiß wie es sich anfühlt alleine zu sein. Ich weiß wie es sich anfühlt am Abgrund der Verzweiflung zu stehen. Als würde alles keinen Sinn mehr ergeben. Aufzustehen, zu essen, das Haus zu verlassen, sich überhaupt zu bewegen. Als würde man niedergedrückt werden. Alles erscheint schwer und kaum überwindbar. Tag für Tag in ein Leben hinein zu leben, das nicht lebenswert ist. Wo es sogar anstrengend ist zu atmen. Meine Gedanken scheinen von schwarzer Watte durchsetzt und ich sehe nichts als Dunkelheit. Alles erscheint trüb, grau und trostlos. Der Himmel kann noch so blau sein, die Sonne kann noch so hell scheinen, über meinem Kopf schweben dennoch Gewitterwolken. Ein schweres Seufzen entweicht meiner Lunge. Nichts ist schön, nichts ist aufregend. Wozu etwas schön finden? Es ist ohnehin alles bedeutungslos. Mir macht nichts Spaß. Wozu sollte ich auch Spaß haben? Mein Leben hat keinen Zweck. Es ist wertlos und sinnlos. Überflüssig. Ich bin überflüssig. Nicht einmal Schmerz erinnert mich daran, dass ich noch etwas fühlen kann. Mein ganzer Körper fühlt sich taub an. Innen und Außen. Nur mein Kopf nicht. Der dröhnt regelrecht und scheint immer wieder von einem Schraubstock eingeklemmt zu werden. Auch meine Lunge wird immer Mal wieder von einem unsichtbaren Gurt zugeschnürt. Vielleicht sitzt ja ein unsichtbares Monster auf mir, was mich nieder drückt, was mich daran hindert aufzustehen, tief einzuatmen, und was meinen Kopf fest zwischen seinen Händen erdrückt...

Was hat es überhaupt noch für einen Zweck über so etwas nachzudenken? Wieder entfährt meiner Lunge ein tiefer und schwerer Seufzer. Ich drehe mich in meinem Bett auf eine andere Seite. Ich starre trüb ins nichts. Mein Zimmer ist durch die zugezogenen Vorhänge verdunkelt. Mein Blick wandert auf meinen vor mir liegenden Unterarm. Die Haut ist freigelegt. Mühselig hebe ich meinen anderen Arm und streiche mit einem Fingernagel über meine Haut.

Vielleicht sollte ich mich doch schneiden. Vielleicht hilft es diesmal die Taubheit zu verdrängen. Vielleicht finde ich den Anblick ja sogar schön. So wie früher. Früher... Bevor die Taubheit kam. Mir ging es auch vor einem Jahr nicht gut, aber da hatte ich mich wenigstens nicht so unendlich leer gefühlt. Da habe ich die Sonne gehasst, die glücklichen Menschen verachtet und mich über den Anblick von Blut gefreut. Jetzt ist nichtmal mehr das übrig. Was bleibt mir überhaupt noch? Die Luft zum atmen, die meine Lunge kaum einatmen kann. Lebensverachtende Gedanken. Ein Körper ohne Energie. Ein Blick in trübsinnige Dunkelheit.

Meine überfüllt Blase zwingt mich allmählich mich aufzurichten. Mühselig stütze ich mich von meinem Bett ab und schlürfe zu dem kleinen Badezimmer in meiner Wohnung. Nachdem ich meine Blase entleert habe, wandert mein Blick zu meinem Kosmetikbeutel. Ich strecke meinen Arm aus und nehme mir das kleine graue Täschchen. Ich finde eine alte Rasierklinge. Wann hab ich mich das letzte Mal selbst verletzt? Das ist wohl schon Monate her. Die Erinnerung an die aufgeschnittene Haut, das dunkelrote Blut, wie es langsam über meine Haut läuft, der leicht brennende Schmerz, erwecken einen Funken Sehnsucht in mir. Ich lege das graue Täschchen beiseite und senke die Klinge auf meinen Unterarm. Ohne weiter zu überlegen lasse ich die Klinge über meine Haut gleiten. Da sie schon etwas stumpf ist, brauche ich mehr Druck um meine Haut zu durchtrennen. Der dadurch verstärkte Schmerz lässt mir einen Schauer über den Rücken laufen. Dunkelrotes Blut quillt aus der Schnittstelle hervor und bahnt sich, der Schwerkraft folgend, einen Weg über meine Haut. Ausdruckslos folgt mein Blick dem Blutstropfen. Ich gehe einen Schritt nach vorne und lasse das Blut ins Waschbecken tropfen.

Enttäuschend.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 03, 2022 ⏰

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