K a p i t e l | 23

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Getaway Car - Taylor Swift

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Ich schlug die Augen auf. Helles Licht blendete mich. Ich blinzelte. Erkannte die weißen Gardinen, durch die die Sonne schien. Es war früher Morgen. Ich war wieder Zuhause. In meinem Apartment in New York.
Ich setzte mich ruckartig auf. Was war passiert? Loki!? Heltisch sah ich mich um. Tastete nach der Runenkette, doch sie war weg. Dann sah ich an mir herunter. Ich trug das graue Thor Shirt. Mir wurde schwindelig. Nein. Das konnte nicht sein! Hatte ich das alles nur geträumt!? Ich sprang aus dem Bett. Suchte überall nach dem zerissenen asischen Kleid, das ich gestern getragen haben musste, als ich zurückgekommen war. Doch wieso konnte ich mich nicht erinnern?

Ich sah wieder Lokis Augen vor mir. Der letzte Blick zwischen uns, ehe das Licht der Explosion überhand nahm. Ehe ich ohnmächtig wurde. Dann erinnerte ich mich, was ich dem jüngeren Loki gesagt hatte. War er überhaupt noch am Leben? Hatte es funktioniert und er war wieder zurück nach Asgard gereist? Hatte er sich erinnert?
'Wir treffen uns 2023. Im Avengers Compound. Am 13. Oktober.'
Wie betäubt saß ich auf meinem Bett. Es hatte nicht funktioniert. Loki war fort. Für immer. Tränen stiegen in mir hoch und liefen über meine Wangen. Ich machte mir nicht die Mühe, sie wegzuwischen.
Entweder hatte das alles nicht funktioniert, dachte ich. Oder es war nur ein Traum. Ich saß gefühlte Stunden. Irgendwann begann mein Kopf zu schmerzen und ich ging wie in Trance in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen. Die Schublade, wo ich normalerweise die Kopfschmerztabletten aufbewhrte, war leer. Ich dachte mir nichts. Vielleicht hatte ich sie in den Badezimmerschrank getan. Im Bad goss ich kaltes Wasser in das Glas und wollte gerade den Schrank über dem Waschbecken öffnen, als mir mein Speigelbild in die Augen stach.

Ich sah schrecklich aus. Meine Augen waren gerötet vom Weinen. Ich hatte Dreck auf der Stirn und einen Schnitt auf der Wange. Getrocknetes Blut war darum herum geschmiert. Verwirrt starrte ich mein Spiegelbild an. Dann zuckte ich zusammen. Ich ließ das Glas fallen und das Wasser spritzte durch den ganzen Raum. Ich hatte das nicht geträumt! Es war real gewesem! Der Schnitt war der Beweis!

Ich rannte zurück ins Schlafzimmer und suchte nach meinem Handy. Welcher Tag war heute? Ich wühlte mich durch mein Zimmer, nirgends eine Spur von Handy. Ich schlug meine Bettdecke zurück, war die Kissen beiseite. Da lag das Handy! Ich shnappte es mir und schaltete es ein. Doch es passierte nichts. Akku leer. "Oh komm schon!", schrie ich. Ich riss die Schublade vom Nachtschrank auf und kramte nach dem Ladekabel. Mit zitternden Fingern steckte ich es an und drückte auf die On-Taste.
Das Logo erschien und es dauerte gefühlte Stunden, bis der Startbildschirm angezeigt wurde.

13. Oktober
09:18 Uhr

"Yes!", ich schmiss das Handy beiseite und riss die Tür zum Kleiderschrank auf. Ich warf mir irgendwelche Sachen über den Arm und ging duschen.
Danach schnappte ich mir wieder mein Handy und verließ die Wohnung. Ich würde zum Compound fahren. Heute war der Tag. Hoffentlich hatte es funktioniert und Loki war dort. Ich mochte gar nicht daran denken, was wäre wenn er nicht da wäre.
Es dauerte lange, bis ein Taxi hielt und ich wippte auf und ab vor Aufregung. Das letzte Mal war ich so aufgeregt... Ja, als ich mit Loki den Eröffnungstanz tanzen sollte. Oh mein Gott, das schien so lange her. Dabei war es eigentlich nur ein paar Wochen.
Als endlich ein Taxi frei wurde, sprang ich beinahe in den Wagen und nannte dem Fahrer die Adresse. Er versuchte ein Gespräch aufzubauen, doch ich ignorierte ihn und starrte wie hypnotisiert aus dem Fenster. Die grauen Gebäude von New York flogen vorbei. Der Fahrer pfiff fröhlich vor sich hin und im Radio lief Getaway Car von Taylor Swift. Mir kamen beinahe die Tränen.

Tony hatte Loki einmal Taylor Swift Songs vorgespielt. Die ganze Avengers Gang hatte dazu getanzt, wärend Loki mit verschränkten Armen dasaß. Er hatte immer so getan, als ob er ihre Musik hasste, doch insgeheim war er ein riesen Fan. Getaway Car war sein Lieblingslied und wir hatten es einmal auf voller Lautstärke gehlrt, als wir zum Strand gefahren waren.
Immer wenn ich dieses Lied jetzt hörte, musste ich daran denken.
Ich hielt es fast nicht aus, doch schließlich hielten wir vor dem hohen Einfahrtstor der Avengers Facility. Ich zahlte, bedankte mich und stieg aus.

Das Tor war verschlossen, doch ich konnte auch von hier die risiegen Gebäude ausmachen, die dahinter lagen. Ich drückte auf den Knopf für die Gegensprechanlage. Eine mechanische Stimme antwortete. Friday.
Sie erkannte mich und ließ mich ein. Ich stiefelte den langen Weg zum Wohngebäude hinauf. Mir war schlecht vor Nervosität. Es war ewig her, dass ich hier gewesen war. Ohne Tony und die anderen wäre es nicht mehr dasselbe. Ich wusste auch gar nicht, wer hier überhaupt noch lebte und arbeitete. Doch das war mir eh egal, ich hatte im Moment nur eines im Kopf.
Ich betrat das Wohngebäude mit der vetrauten Eingangshalle. Meine Knie zitterten. Beinahe hätte ich erwartet Tony hinter der Ecke hervorkommen zu sehen. So wie an meinem allerersten Tag hier. Doch niemand kam.
Ich lief die vielen Treppen zu den Zimmern hinauf. Mein Zimmer war noch genauso wie damals. Natürlich ohne irgendwelche persönlichen Gegenstände und gründlich gereinigt. Aber es war dennoch 'mein' Zimmer. Ich ging weiter und kam zu Lokis Tür. Am Anfang hatte er sich das Zimmer mit Thor geteilt, damit jemand ein Auge auf ihn hatte. Später war es dann sein eigenes gewesen. Ich holte tief Luft und stieß die Tür auf.

Es war leer. Nicht war eine Spur von dem Gott zu sehen. Das Zimmer war genau wie bei mir von Grund auf gereinigt worden. Es hatte neue Gardinen und Lokis Bücherregal war fort. Meine Kehle schnürte sich zu. Beinahe könnte man denken, das alles war nur ein Traum und ich hätte nie hier gelebt. Ich schloss die Augen vor Trauer. Was hatte ich falsch gemacht? Wir hatten sein Schicksal doch geändert, er war nicht gestorben!

Ich war noch nicht bereit loszulassen. Nicht nach allem, was passiert war. Ich wischte die Tränen von meiner Wange. Wohnte hier überhaupt noch jemand? Ich warf noch einen letzten traurigen Blick auf Lokis Zimmer und ging. Ich musste herausfinden, wer noch alles übrig war.

12 Months & A Loki 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt