Es war einmal ein zartes, aber kaltes Licht. Es strahlte wie die Sterne. Einsam und allein in einer dunklen Welt, die nichts anderes zu Bieten hatte, als weitere kalte Lichter. Jedes dieser Lichter war so einsam, wie das Zarte und strahlte nur für sich allein. Sie waren nicht miteinander verbunden. Die Lichter sahen sich, konnten sich aber nicht erreichen.
Das zarte Licht sah sich dauerhaft um, ob endlich ein anderes Licht zu ihm kommen würde. Doch die Lichter blieben an ihren Platz, als würde sie etwas festhalten. Auch das zarte Licht konnte sich nicht wirklich bewegen, nur im Kreis drehen und somit nur die anderen Lichter sehen, aber nicht berühren.
Nacht ein und Nacht aus beobachtete es die anderen Lichter. Sie bemitleideten sich für ihre Einsamkeit. Sie standen für sich allein und bewegten sich nicht. Etwas lähmte sie solang, bis sie nicht mehr standhalten konnten. Ihr Licht erlosch. Langsam, Nacht für Nacht, wurde es um die Lichter dann dunkler. Solang, bis die Dunkelheit sie endgültig verschlang. In dem zarten Licht regte sich jedoch ein anderes Gefühl. Dieses Gefühl war so gänzlich anders, als die zuvor und es kam auch nur in dem Licht hervor, wenn es die anderen Beobachtete. Es war nicht nur ein Gefühl, es war ein Drang. Das zarte Licht wollte jede Nacht am liebsten zu den anderen Lichtern und ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind. Es wollte den anderen Lichtern einen Grund geben, um nicht zu erlöschen.
Mit jeder Nacht und jedem Licht, dass erlosch, konnte das Licht es nicht aushalten. Ein weiteres Gefühl stieg in ihm auf und es fasste einen Entschluss. Es würde versuchen die Grenzen seines Seins zu überwinden. In diesem Moment veränderte sich das Licht, von einem zarten, kalten Licht. In ein warmes und großes Licht.
Seine strahlende Reichweite war nun mehr als nur ein kleines Licht in der Dunkelheit. Es war der Mittelpunkt der Nacht und jedes andere Licht sah zu ihm auf. Alle sahen zum großen Licht und beobachteten es. Die wärme die es ausstrahlte erreichte nun schon fast andere Lichter und das Große fühlte sich befreit. Es sah zu den anderen Lichtern und ging langsam auf die ersten zu.
Die ersten Schritte taten weh. Es hatte sich noch nie in seinem Leben richtig bewegt. Mit jedem Fortbewegen wurde es leichter. Das Strahlen des Lichtes ging auf die anderen Lichter über und die Ketten der Einsamkeit lösten sich auf.
Die Lichter verbanden sich, denn mit jedem weiteren Licht, konnten sie sich leichter bewegen. Das große Licht konnte alle Lichter zusammenführen und ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind. Die kalten Lichter wurden warm und die Dunkelheit, die die Lichter zum erlöschen brachte, machte dem Licht Platz.
Fortan lebten alle Lichter in einer Gemeinschaft und alle neunzig Nächte wurde ein neues Licht geboren. Dieses neue Licht wurde im warmen Licht der anderen Lichter aufgenommen und fand somit seinen Platz in Mitten von Zuneigung und Zusammenhalt. Es sollte nie die Einsamkeit verspüren, wie es die älteren Lichter am Anfang ihres Lebens spürte. Und so kam es, dass die neuen Lichter von Beginn an warme Lichter waren, wie das große Licht.
Viele Nächte vergingen und die Gemeinschaft der Lichter wurde größer. Sie lebten friedlich miteinander, bis eines Nachts einige junge und unerfahrene Lichter den Tag sahen. Er war wunderschön, doch noch heller als jeder von ihnen. Würde es sie verschwinden lassen, wenn sie den Tag begrüßten?
Das große Licht sah mit Bedenken auf die jungen Lichter. Es wusste selbst nicht, ob der Tag für sie gut wäre. Die Nacht hatten sie verdrängt, aber würde der Tag das auch machen? Die jungen Lichter wollte es unbedingt wissen und trotzt der Bedenken des großen Lichtes, blieben sie, bis der Tag anbrach.
Der Tag er war so strahlend hell, dass die jungen Lichter ihre Aufmerksamkeit nicht abwenden konnten. Das Strahlen des Tags kam immer näher und als es eines der jungen Lichter berührte, geschah etwas seltsames. Erst verband es sich langsam mit dem Leuchten des jungen Lichtes und machte dieses unsichtbar. Es verschwand gänzlich.
Nach einiger Zeit jedoch, leuchtete das junge Licht so stark, dass eine Farbe erschien. Es war nicht mehr so strahlend wie die Sonne oder die Sterne, sondern es war ein grünliches Licht. Die anderen Lichter waren so fasziniert, dass sie dieses ebenso grün leuchten wollten. Sie berührten den Tag und nach einiger Zeit verwandelten auch sie sich. Jedes Licht war in einer andere Farbe gehüllt.
Sie waren so begeistert von ihrem farbigen Strahlen, dass sie es ihrer Gemeinschaft unbedingt zeigen wollten und gingen zurück. Das große Licht war mehr als nur freudig und beschloss, dass alle Lichter für sich selbst entscheiden mussten, ob sie sich mit dem Tag verbinden wollten. Für sich selbst hatte es beschlossen, dass der Tag ein Freund war und kein Feind, der verdrängt werden musste. Das große Licht trat in den Tag und durchwanderte eine Veränderung. Es hatte nicht nur eine Farbe, sondern aus sechs. Rot, orange, gelb, grün, blau und violett.
Die Gemeinschaft lebte in Harmonie mit dem Tag und der Nacht.
Es vergingen Jahre und immer mehr Lichter, die sich mit dem Tag verbunden hatten, wollten mehr als ihre Gemeinschaft kennenlernen. Sie sprachen mit dem großen Licht und dieses verstand es. Das große Licht jedoch wollte dies nicht, es ließ alle gehen, die wollten, doch nur wenige gingen tatsächlich.
Die Lichter machten sich auf die Reise und erkundeten die Welt. Eines Tages sah ein Licht ein merkwürdiges Wesen. Es war so wunderschön, dass es sich innerhalb von Sekunden in dieses verliebte. Kein anderes Wesen glich diesem einem. Das Licht, das selbst in einem sanften Blau erstrahlte, folgte diesem Wesen und versuchte sich diesem zu nähern. Das Wesen hatte vier Beine und ein glänzendes Fell. Es war orange-schwarz gestreift, zwei Ohren auf einem kräftigen Kopf und einen stechenden Blick. So eindringlich, dass das Licht sich verlor.
Das Wesen blickte auf das Licht, dass sich nun näherte. Es knurrte erst und das Licht blieb auf Abstand. Mit der Zeit konnte das Licht immer Näher zu dem Wesen hin, bis es endlich nah genug dran war, dass es das Wesen fragen konnte, was es für ein Wesen ist. Das Wesen schnurrte leicht auf und antwortete nicht. Es blickte nur das Licht an und schmiegte sich an das Licht an. Es zeigte die gleiche Zuneigung, wie das Licht für das Wesen und bei der gemeinsamen Berührung, schmolzen sie zusammen. Das Licht lebte nun im Körper des Wesen und konnte dessen Stimme hören.
"Ich bin ein Tiger. Du hast mich gezähmt, ohne mich zu verletzten. Wirst du nun bei mir bleiben?" Das Licht fühlte sich im Geiste des Tigers so wohl, dass es für immer bei diesem bleiben wollte. Es antworte dem Tiger, indem es zu strahlen begann. Das Strahlen war jedoch nur kaum von außen zu erkennen. Nur die Augen des Tigers gaben zuerkennen, dass eine Veränderung stattfand. Sie leuchteten, wie das Licht selbst.
Und so geschah es, dass die Lichter, die die Welt bereisten, sich mit den Tieren, in denen sie sich verliebten, verbanden. Sie gingen einen Bund ein und lebten fortan mit ihnen zusammen in Harmonie und Liebe.
Die Lichter wussten nicht, dass es gegenseitige Verliebtheit benötigte, um in Harmonie zu leben. Als sie ein Wesen trafen, das auf zwei Beinen lief, verliebten sie sich nicht. Es war bloße Neugier, da sie noch nie solch ein Wesen getroffen hatten. Die Lichter beobachteten diese merkwürdigen Wesen und studierten diese. Erst nach Jahren des gemeinsames Lebens, beschlossen sie sich mit ihnen zu verbinden. Diese Entscheidung war so rational, dass es die Lichter in zwei riss, als sie sich mit den Wesen verbanden.
Im inneren der Wesen war es weder kalt noch warm. Es war nicht leer, aber überfüllt war es auch nicht. Die Lichter fühlten sich lediglich wieder einsam, obwohl sie mit einem Wesen verbanden. Ihnen fehlte ihre andere Hälfte.
Sie suchten, mithilfe der Wesen, nach ihrer anderen Hälfte. Wenn sie ihre zweite Hälfte fanden, dann waren sie frei und konnten die Verbindung endlich aufgeben. Diese Suche gestaltete sich für die Lichter jedoch schwierig, denn sie wussten nicht wohin ihre andere Hälfte landeten, als sie sich entzweiten.
Die Körper der Wesen waren vergänglich und die Lichter konnten sich, bei Vollständigkeit, entscheiden, ob es in einem anderen Wesen, wie das zuvor, weiterleben möchte oder nicht. Die unvollkommenen Lichtern hatten jedoch keine Entscheidungsfreiheit und wurden automatisch mit einem anderen Körper verbunden.
Seither sind die Lichter die sogenannten Seelen der Wesen und auf der Suche nach ihrer anderen Hälfte. Sie werden wiedergeboren, wenn sie ihre andere Hälfte nicht finden können. Zu erkennen ist dies an den Augen der Wesen. Je heller das Strahlen der Augen, umso jünger das Licht. Alte Seelen haben kaum noch ein Strahlen und sind kurz davor zu erlöschen, wie die ersten Lichter vor der Verdrängung der Dunkelheit.
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Regentinnen: Legenden
Random**Da das zweite Buch der Regentinnen-Reihe noch in Arbeit ist, wollte ich ein Projekt starten, das in Verbindung mit diesem steht.** In diesem Projekt werden alle Legenden der Regentinnen-Welt niedergeschrieben.