“Was soll das”, schreit sie fast flüsternd. „Ich weiß es nicht“, raunend kräuselt sich meine Stirn, als ob sie geahnt hätte, dass etwas nicht stimmt. Wir spüren, wie sie, die dutzenden Ohren sich langsam auf uns richten. Sie lauschen und horchen, aber können einfach, wie sich selbst, kein Stück verstehen. Energisch zieht sie ihre Hand zurück, stellt ihrem Herz nach. Ich verstehe es nicht, wie konnte dieser Moment so schwindig davon wehen und geschäftig eine andere Aufgabe finden. Beinahe peinlich berührt stellen sich meine Armhaare auf, ich möchte so nicht weitermachen. Ich spüre, wie den Schmetterlingen in meinem Bauch Stacheln wachsen. Von Innen, fein und spitz bohren sie sich in die weichen Eingeweide meines Leibes. Ich will mich doch wehren, aber was macht man gegen Gefühle? Ich zumindest kann nichts gegen sie ausrichten. Wie Wind ändern sie ihre Richtung, wie ein Schwarzes Loch werden sie größer, gewaltiger. Fressen, alles. Wahrhaben will ich es erst recht nicht. Das wäre Dumm, sag nicht ich, sondern der mit den Hörnern in meinem Kopf- Da könnte ich mir auch gleich selber einen Dolch in die Brust stechen.
Staubig-weich reiht sich der Wiesen-Teppich. Eingebrannte Löcher lassen Romantik düster. Die Gedanken kratzen an meiner Kopfhaut, so lange, dass ich stolpre. So locker, dass sie rutscht, mich entstellt zurücklässt. Auch darauf habe ich keinen Einfluss. Noch weniger auf ihre Reaktionen. Sie liegen, wie dicke Maden in ihrem Speck und genießen die Sonnenstrahlen, bis sie (selber) genießbar sind. Ich schaue ihr nach, mein Blick kämpft sich durch das Laser-Labyrinth ihrer Blicke, bis sie schließlich verschwindet. Was jetzt? Plötzlich krampft sich etwas zusammen, ich zittere. Da rollt etwas mein Gesicht hinunter? Nass, rund, kalt. So fühle ich mich. Und verwundet dazu. Ich würde mich nur zu gerne zusammenrollen und die Achterbahn der Gefühle hinunter kullern. Durch das Tal der grauen Häuser, bis ich ankomme. Wo genau, weiß ich noch nicht… Da wo alles echt ist, wo sie mir nicht hinterher blicken. Meine Gedanken prallen gegen die Innenseite meines Kopfes und zerbrechen. Es katapultiert mich zurück. Wunschdenken ist unnötig denke ich und wünsche mir, dass sie zurückkommt. Sich mir erklärt, meine Hand nimmt und mich wieder ihr Herz berühren lässt. Aber all das Warten zahlt sich nicht aus.
Am Übernächsten Tag frage ich sie über den kalten Apparat, ob wir nicht etwas essen gehen wollen. Sie bejaht, irgendwie sehnsuchtsvoll. Wärme macht sich breit und durchflutet meine blauen Finger, sie tippen fleißig die Buchstaben des giftigen Wortes.
Ich sitze in diesem kalten Raum mit warmen Punkten und Stuck-Decke. Wohl fühle ich mich (um ehrlich zu sein) nicht. Ich bin nur ihr zuliebe hier, sie mag es hier. Aber noch ist sie nicht da. Nachher hat sie es sich doch anders überlegt? Das Gestell mit der Schürze kommt zum dritten Mal, fragt mich etwas. Ich höre nicht zu, lehne nur dankend ab. „Ich warte auf jemanden, danke“. Ich lasse die Leere weiter auf mich wirken, aber sie scheint nichts für mich zu sein. Die hohen Decken, die so alt und konservativ denken, mich verschlucken und gegen den harten, hölzernen Stuhl drücken. Alle scheinen so auf sich selbst fokussiert, dass sie jeden Moment gegen die Spiegel im Labyrinth zu prallen scheinen.
Als die Tür aufgeht trifft mich der seichte Hauch des Windes und mit ihm ihr Geruch. Meine Nase zieht sich zusammen, mein Herz pocht: Was wird sie sagen? wie soll ich sie begrüßen? Meine Hände strecken sich nach ihrer Hüfte, meine Ohren sehnen sich nach ihrer Stimme. Und doch beherrsche ich mich. Umarme sie, kalt, aber nicht zu kalt. Sie wirkt steif, zusammengefallen, in sich gekehrt. „Wie geht es dir?“ Tja, was soll man darauf antworten… „Gut…, Okay. Also es geht“. „Und dir?“. Gleiche ausweichende, unpräzise, unehrliche Antwort. Was wir beide nicht wollen ist der Grund unseres Treffens. Gespräch. Wie fängt man sowas an? Wenn wir uns beide lieber in unsere dicken Decken einkuscheln, und uns zu den Enden unseres 2m Bettes rollen wollen. Blicke gegen die Wände gerichtet, die das Bett umschließen. Uns bleibt nicht viel Platz, um auszuweichen. Ein Glas fällt um, klirr. Alle Blicke hechten nach dieser Gelegenheit, nach dieser Chance etwas Spannendes zu erhaschen. Doch kein Drama, keine Beute. Ich nutze die Gelegenheit sie zu betrachten, ihre Reaktion zu beobachten. Wie ein Jaguar seine Beute. Plötzlich dreht sie sich zurück. Und natürlich treffen sich unsere Blicke. Blitz. Er fährt durch mich. Und hoffentlich durch sie. Sie scheint unsicher. Hin und hergerissen zwischen ihren Gefühlen. Diese plötzliche Leere kenne ich. Ihre Hand auf dem Tisch sehe ich als versöhnende Geste.
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Ratlos.
Короткий рассказWie fühlt es sich an verliebt zu sein und gleichzeitig nichts zu wissen? Wenn das nicht eigentlich das Gleiche ist....