Kapitel 56

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Als wir uns in einem mir unbekannten Wohnzimmer wieder manifestierten, brach ich zusammen und begann zu weinen. Mein Kopf schmerzte und langsam tropfte Blut auf meine halb kaputte Brille. All die Angst und Panik der letzten Minuten schwemmte aus mir heraus und ich konnte mich gar nicht mehr beruhigen. Und dann war da noch die Sache, dass ich nicht wusste, wo Harry war und ob es ihm gut ging.

Arme legten sich um mich, zogen mich an eine warme Brust und strichen meinen Rücken auf und ab. "Luna, ist gut. Ganz ruhig. Du bist hier in Sicherheit. Alles ist gut." Ich erkannte die Stimme von Onkel Remus und schmiegte mich noch mehr an ihn, während die Tränen gar nicht mehr aufhören wollten und ich von heftigen Schluchzern geschüttelt wurde.

Eine gefühlte Ewigkeit saßen wir so auf dem Boden, bis ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Sanft drückte mich Remus von sich weg und begutachtete mein Gesicht. "Hast du noch andere Verletzungen außer an deiner Stirn? Tut dir was weh?", fragte er sofort und blickte mich besorgt an. "Nein, nur der Kopf", schniefte ich. Und mein Herz, dass schreiend nach meinem Bruder verlangte, da es nicht wusste, ob er in Sicherheit war. Remus zog mir die Brille vom Kopf. "Reparo", hörte ich ihn murmeln. Doch er gab mir die Brille nicht zurück. "Warte, ich versorge gleich deine Wunde", erklärte er, was kurz darauf auch geschah. Dann bekam ich meine Brille wieder.

Remus half mir aufzustehen. "Tonks hat dir schon ein Zimmer hergerichtet", meinte er. "Ich muss Harry suchen, ich kann nicht hier bleiben!", rief ich aus, was meine Kopfschmerzen wieder auf den Plan rief. "Für's Erste wirst du hier bleiben müssen. Ich bitte dich. Außerdem..." Wir wurden unterbrochen, als Tonks ins Zimmer kam. Mir klappte der Mund auf und meine Augen wären sicherlich aus meinem Kopf gefallen, wenn sie nicht fest darin verwachsen wären. "Du bist schwanger?", rief ich aus. Tonks lächelte verlegen und strich sich über ihren leichten Babybauch. "Wir wollten es euch am Tag eurer Überführung in den Fuchsbau sagen und auch die Tage danach, aber es gab nie einen passenden Zeitpunkt", sagte sie. "Und Luna. Wir wollten Harry und dich fragen, ob ihr die Paten des Kindes werden wollt." Mit offenem Mund blickte ich zwischen meinem Patenonkel und Tonks hin und her. "Wollt ihr mich verarschen? Natürlich will ich! Und Harry...." Mein Lächeln verging mir wieder. "Harry ist bestimmt in Sicherheit. Jetzt erzähl uns erst einmal, was überhaupt passiert ist", sagte Tonks schnell, griff nach meiner Hand und drückte mich auf einen Sessel.

Ich erzählte den beiden alles. Von unserem Aufenthalt im Grimmaultplatz, über die Begegnung mit Mundunges und Harrys hirnrissigen Plan ins Ministerium einzubrechen. "Naja, irgendwie muss der Todesser auf ihre Spur gekommen sein. Keine Ahnung wie, aber er war plötzlich in der Küche. Wir haben gekämpft und dann ist mir eingefallen, dass man mit einem Patronus auch Nachrichten verschicken kann. Die, Merlin sei Dank, dich recht schnell erreicht hat." Remus nickte mit gewichtiger Miene und blickte kurz zu Tonks. "Du wirst die nächsten Tage auf jeden Fall hier bleiben", bestimmte mein Patenonkel. "Aber Harry!" "Ich werde versuchen herauszufinden, wo er sich befindet. Aber du musst erst einmal hier bleiben. Hier bist du so sicher wie sonst kaum wo. In Ordnung?" Seufzend gab ich mich geschlagen und nickte.

Aus den Tagen wurden Wochen. Ich brachte Tonks Stricken und Häckeln auf Muggelart bei. Natürlich konnte sie das überhaupt nicht, aber ich strickte und häckelte fleißig Söckchen, Mützen und Pullover für das Ungeborene, dass einmal mein Patenkind werden sollte. Remus hielt sein Versprechen und versuchte herauszufinden, wo Harry sich aufhielt, aber alles, was er erfuhr, war der Einbruch ins Ministerium und das auch nur aus dem Tagespropheten. Die Zeitung hielt Remus übrigens immer schön entfernt von mir, las sie heimlich in irgendeinem abgeschlossenen Zimmer und verbrannte sie anschließend. Ich fand, er reagierte etwas über, aber er wollte mich wohl einfach nicht mit irgendwelchen schlechten Nachrichten belasten. Wenn es etwas für mich Wichtiges gewesen wäre, dann hätte er es mir mit Sicherheit mitgeteilt.

Ein paar Tage vor Weihnachten beschloss ich dann, endlich aufzubrechen. Remus und ich verkrachten uns richtig, weil ich unbedingt los wollte und meinen Bruder finden. Nachdem Tonks mit ihm geredet hatte, war er zwar nicht unbedingt begeisterter von meiner Idee, aber er verstand mich nun und ließ mich gehen.

Das Glück schien in den folgenden Tagen auf meiner Seite zu stehen. Todessern oder anderen Schergen wie Greifern konnte ich immer ausweichen. Sie entdeckten mich nie. Und dann fand ich eines Abends Ron in einem Pub. Das war die größte Überraschung, die ich seit Ewigkeiten erlebt hatte.

"Ron?", fragte ich und der Junge drehte sich erschrocken um. Tatsächlich war er es. Lachend und weinend zugleich fiel ich ihm in die Arme und er legte seine Arme nach einem kurzen Zögern ebenfalls um mich. "Ist das schön, dich zu sehen! Wo sind denn Harry und Hermine?" Ron blickte mich zerknirscht an. "Wir hatten Streit und ich bin abgehauen." "Du bist...." Bevor ich noch weiter schreien konnte, legte mir Ron eine Hand auf den Mund und blickte sich hektisch um. "Komm mit", zischte er und zog mich an meinem Handgelenk in eines der Gästezimmer. "Ich weiß, es war dumm von mir. Ich hab es auch fast sofort wieder bereut und wollte zurück. Aber da waren die beiden schon disappariert und ich habe keine Ahnung, wo sie jetzt sind." Ich atmete tief durch und versuchte die Tränen zurückzudrängen. Da hatte ich endlich einmal eine Spur und dann wusste Ron auch nicht, wo mein Bruder war.

"Heute ist Weihnachten. Ich hatte gehofft, ich könnte es wieder mit meinem Bruder verbringen", murmelte ich und Ron zog mich wieder in seine Arme. "Ja, ich wünschte mir auch bei Harry und Hermine zu sein." Ron löste sich von mir, setzte sich aufs Bett und begann mit diesem Lichtding zu spielen, was Dumbledore ihm vermacht hatte. Plötzlich hielt er inne. "Was ist?", fragte ich und setzte mich neben ihn. "Hermine. Ich höre ihre Stimme." Ich runzelte meine Stirn. "Geht's dir gut, Ron?" "Ja, ihre Stimme kommt aus dem Ding." Ron knippste wieder daran herum und plötzlich stieg eine Leuchtkugel auf. Ich schreckte zurück und beobachtete mit großen Augen, wie die Lichtkugel auf Ron zuschwebte und in seinem Körper verschwand. "Ich weiß, wo sie sind", meinte dieser mit einem Mal. "Was?", fragte ich und blickte ihn mit großen Augen an. "Gib mir deine Hand!", sagte Ron jedoch nur und schnappte sich seinen Rucksack. Als ich nichts tat, packte er meine Hand und im nächsten Moment disapparierten wir.

Harry Potter und seine kleine Schwester 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt