Fear [25]

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Die Kapelle des Krankenhauses lag still in der Nacht. Changbin hatte sie ganz für sich allein. Felix befand sich im OP, noch zappelten sie im Ungewissen, während alle zusammen im Warteraum die Zeit totschlugen. Chan, Hyunjin, Jeongin, Seungmin, Minho, Jisung, Olivia und Mina. Namjoon war auf dem Weg.
Der Fae kniete nieder und begann zu beten. Er glaubte nicht an jene Götter, die von den meisten ihrer Arten vergöttert wurden. An irgendjemanden dort oben, allmächtig, der das Universum lenkte. Er glaubte nicht an die Große Mutter, durch die sie alle ihre Magie beherrschten oder an den Gott der Unterwelt, dessen Heere an Monstern in ihre Welt krochen.
Changbin glaubte, dass es irgendetwas gab. Irgendjemanden, der sich nicht sonderlich für sie interessierte, der von Zeit zu Zeit mal vorbeischaute. Der nachsah, was die Ameisen da unten jetzt schon wieder angestellt hatten.
Er faltete Hände, weil er glaubte, jetzt sei vielleicht einer dieser Augenblicke.
An ihm klebten Blut und Dreck. Er war bedeckt von den Spuren von Gewalt.
Doch er senkte den Kopf und betete.
"Okay", atmete er.
"Woojin wurde mir genommen, ich habe gesehen, wie er vor meinen Augen aufgeschlitzt wurde, wie ihm seine Organe Stück für Stück entrissen wurde, wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich und sein Blut den Boden tränkte. Wie das Leben in ihm erlischte. Ich habe grauenhafte Narben auf meiner Seele davongetragen, schleppe sie heute noch mit mir herum, wie eine Kiste voller Steine, derer ich verdammt bin mein lebenlang hinter mir herzuziehen. Ich leide unter Alpträumen, die mich Nacht für Nacht aus meinem Schlaf zerren. Ich habe Monate voller Schmerzen verbracht und nur noch den Wunsch gehabt zu sterben. Chan, einer der besten Wesen, den ich kenne, den ich verehre, lebt noch heute mit dem Grauen seines Exmannes, Hyunjin sieht seiner Schwester beim Sterben zu, weil ihre Krankheit keine Heilung findet. Minho kämpft gegen den Hass seiner Familie, weil er sich abgewandt hat und Jisung leidet unter dem Druck irgendwann ein Herrscher zu sein."
Changbin zögerte, wischte sich mit zittriger Hand über die Augen.
"Mit alledem bin ich zurechtgekommen, mit all dem werde ich fertig. Es hat eine Weile gedauert, aber irgendwie geht es voran."
Eine Träne, die er übersehen hatte, rollte seine Wange hinunter. Er verklammerte seine Hände ineinander, bis der Schmerz zu seinem Gehirn durchdrang.
"Doch das hier- Nein. Nein, auf keinen Fall. Das ist zu viel. Nicht Felix. Also hier ist mein Vorschlag. Hörst du zu?"
Der Fae hörte das Elend und das Flehen in seiner Stimme.
"Lass ihn am Leben und du kannst mit mir machen, was du willst. Alles. Mich blenden, mich meiner Kräfte berauben, mich verkrüppeln, mich an Krebs sterben lassen, meine Wohnung niederbrennen, mich unehrenhaft aus diesem Job werfen. Mich wahnsinnig werden lassen. Mich töten. Aber lass ihn am Leben. Bitte, bitte, lass ihn am Leben, lass ihn in dieser Welt."
Es war ein Zugeständnis mehr zu sich selbst, eine Art Offenbarung, die ihm seit einiger Zeit bewusst war. Lee Felix bedeutete ihm etwas, mehr als er jemals gedacht hätte.
Seine Stimme versagte endgültig und irgendwas in ihm zerbrach. Vor Schmerz krümmte er sich nach von, um sich mit den Händen abzustützen. Er hockte auf allen Vieren, sah die Tropfen seiner Tränen auf dem eiskalten, dunklen Fußboden der Kapelle.
"Willst du, dass ich vor dir krieche?", flüsterte er.
"Willst du, dass ich Woojins Tod noch einmal, noch zehnmal erlebe? Meinetwegen. Hauptsache du lässt Felix am Leben!"
Changbin erhielt keine Antwort.
Es war ihm egal. Er musste mit dem Universum reden, damit es Felix verschonte.
Er musste zeigen, dass er bereit war, alles aufzugeben, alles und jeden, um ihn zu retten.

Er kehrte aus der Kapelle ins Wartezimmer zurück. Der Schwarzhaarige hatte sich genug Zeit genommen, um sich zu sammeln, doch er fühlte sich noch immer geschockt, verwirrt und niedergeschlagen. Ihm war klar, dass er jetzt für seine Familie da sein musste. Das, was eben ein Anführer tat.
"Gibt es schon Neuigkeiten?", fragte er und war stolz auf den festen Klang seiner Stimme.
"Noch nicht", antwortete Jisung düster. Changbin sah sie reihum an. Minho blickte grimmig drein, Chan marschierte auf und ab. Hyunjin wirkte so hilflos, wie er ihn noch nie erlebt hatte. Lediglich Jeongin und Seungmin waren ruhig, was ihn erstaunte.
Immerhin gehörten sie zu denen, deren Gemüter stets sensibler waren, als der Rest des Teams.
Der Fae sog den sterilen Geruch, lauschte dem leisen Rauschen und dem stetigen Piepen des Krankenhauses.
Sonst herrschte Stille.
Wie in einer Bibliothek, in der Menschen und magische Wesen bluteten und starben.
Die Tür des Wartezimmers flog auf und Kim Namjoon stampfte hinein.
Er sah aus, als wäre er außer sich.
"Wo ist er? Was ist passiert?", wollte er wissen.
Changbin straffte die Schultern und trat auf seinen Chef zu. Er erklärte kurz, dass sich der Blonde im OP befand und sie noch nicht wussten, wie es ihm ging.
Die Kugel war in den oberen Bereich der Schulter eingedrungen.
Neun Millimeter, keine Austrittswunde. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein magisches Geschoss handelte, fraß sich die Kugel weiter zum Herzen durch. Er hatte eine Menge Blut verloren. Der Fae wurde unmittelbar zu der Szene zurückgebracht, in der er über Felix gebeugt hockte und die Wunde abdrückte. Der Strom an Blut war beinahe unnormal und es hatte seine Kleidung darin getränkt.
Für einen Augenblick bahnte sich Hysterie an, die wie Schaumblasen in einem Sektglas aufsteigen mochten.
Namjoon blickte ihn an und sein Gesicht wurde rot. Der Schwarzhaarige erschrack, wegen des Ausmaßes an Wut in seinen Augen, weil er diesen Mann niemals mit Wut verband.
Sie dämpfte den Irrsinn, der anklopfte.
Der Ältere wandte sich ab, eine plötzliche Geste, ehe er herumwirbelte und mit dem Finger auf ihn zeigte.
"Hören Sie zu, Changbin, hören Sie verdammt gut zu! Ich habe zwei tote Polizisten und einen Agenten auf dem Operationstisch. Keiner von Ihnen, und damit meine ich absolut keiner von Ihnen, wird von jetzt an alleine sein. Es mag sein, dass das alles in Felix' Freizeit passiert ist, aber irgendwas stinkt an dieser ganzen Situation zum Himmel! Falls das also bedeutet, dass einige von Ihnen zusammen schlafen müssen, bis diese Sache vorbei ist, ist mir das scheißegal! Haben Sie mich verstanden?"
"Jawohl, Sir."
"Keine Zwischenfälle mehr, kapiert? Kein Einziger!"
Changbin nahm die Wut auf sich, verbog sich wie ein Baum im Sturm. Namjoon verschaffte sich Luft. Der Fae verstand ihn gut. Der Sturm zog vorüber und er entspannte sich ein wenig.
"Nutzen wir die Zeit, um uns zu reorganisieren, während wir warten. Bringen Sie mich auf den aktuellsten Stand."
Der Schwarzhaarige berichtete von dem Banküberfäll, auf die Täter und das sie entkommen waren. Einer von Ihnen hatte Changbin selbst erschossen, um Felix aus seinen Klauen zu befreien.
Der Meermann nickte, das Gesicht zu einer grübelnden Miene verzogen.
"Wir gehen davon aus, dass der, den wir erschossen haben, nur als Ablenkung diente, um dem Rest die Möglichkeit zur Flucht zu geben."
Die Explosion in der Bank war nämlich das Resultat eines Fluchtversuchs unterhalb der Straßen.
Keine weitere Geisel wurde verletzt
Der Detective nickte. Er wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, da klinkte sich Hyunjin mit ein.
"Das war ein gut geplanter Überfall. Ich denke, es ging dieser Bande nicht ums Geld, sondern um das, was sich außerdem in der Bank befand. Vorhin hat mich Hyo-jong angerufen und erklärt, dass nichts des Geldes fehlt, dafür aber etwas anderes, was eigentlich geheim sein sollte."
Chan kam näher und blickte die Sirene fragend an. Changbin indes überlegte, was geheimes noch in einer Bank versteckt sein konnte. Doch der Tribut des Tages stahl seine Energie, weswegen er keinen klaren Gedanken fassen konnte.
Hyunjin erlöste ihre Unwissenheit nach einem auffordernden Blick seitens Namjoons.
"Akten. Polizeiakten, um genau zu sein. Ich habe vorhin recherchiert. In der Seoul National Bank, die ebenfalls die Polizei sponsert, lagern wichtige Dokumente über nicht aufklärte Serienmorde der letzten Jahrzehnte. Manche beinhalten noch immer relevante Beweise, die vor Gericht von Nöten sind."
Changbin wollte etwas sagen, doch einmal mehr geschahen zwei Dinge, bevor er dazukam. Olivia stürzte durch das Wartezimmer und direkt dahinter erschien ein verschwitzter, erschöpfter Chirurg.
Das kleine Mädchen starrte fragend zu ihm hinauf.
"Alles der Reihe nach", sagte er mit schwerer, müder Stimme.
"Lee Felix ist am Leben."

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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen!

Ich bin ehrlich mit Euch. Ich liebe es zu schreiben, diese Story gefällt mir ungemein und ich werde sie auch beenden, aber dieses Jahr scheint nicht mein Jahr zu werden, zumindest was das Schreiben angeht. Letztes Jahr zu dieser Zeit war ich mit meiner zweiten Veröffentlichung schon fertig, jedoch fällt es mir schwer, seit ich umgezogen bin, etwas auf Papier oder "Handy" zu bringen. Gerade schwirren mir so viele Gedanken durch den Kopf, dass ich nichts zustande bekomme. Und das ärgert mich maßlos und macht mich fertig, weil ich Euch, meinen Lesern, meiner zweiten Familie, irgendwas wiedergeben möchte!
Und das stresst mich.
Nichtsdestotrotz bin ich Euch Lesern unglaublich dankbar für die Unterstützung, die Kommentare und dass Ihr weiterhin stets dabei seit, selbst wenn gerade eine Flaute bei mir herrscht.

Es tut mir aufrichtig leid!
Ich hoffe, es bessert sich.

Und nun zum eigentlichen Thema!
Wie fandet Ihr das Kapitel? Ich liebe es. Ich glaube, es gehört mit zu meinem Liebsten, weil man endlich ein bisschen mehr über Changbin erfährt!

 Ich glaube, es gehört mit zu meinem Liebsten, weil man endlich ein bisschen mehr über Changbin erfährt!

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Jisung, Felix, Changbin, Chan (erste Reihe)
Jeongin, Hyunjin, Seungmin, Minho (obere Reihe)

Jisung, Felix, Changbin, Chan (erste Reihe)Jeongin, Hyunjin, Seungmin, Minho (obere Reihe)

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Kim Namjoon + ein atemberaubendes Lächeln

Oben sieht man Mina

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Erin🌸

Children Songs {ChangLix}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt